Future Perfect
Geschirr zum Mitmachen

Das Geschirr von zestawZESTAW
Das Geschirr von zestawZESTAW | © zestawZESTAW / Martyna Ochojska, Dominika Wysogląd und Joanna Jurga

Einweggeschirr, das man nach der Benutzung einfach aufessen kann? Eine bekannte Erfindung, der man heutzutage in Bio-Restaurants und -Imbissen immer häufiger begegnet. Drei Studentinnen der Akademie der Bildenden Künste in Warschau sind jetzt noch einen Schritt weitergegangen und zeigen im Rahmen des Projekts zestawZestaw, wie man essbares Geschirr selbst herstellen kann.

Wir versinken immer mehr im Müll. Nach Angaben des polnischen Umweltministeriums werden in Polen lediglich 11 Prozent des erzeugten Abfalls wiederverwertet – in Deutschland liegt die Recyclingquote bei fast 50 Prozent. Obendrein bestehen fast 60 Prozent des in Europa anfallenden Mülls aus Verpackungen. Die Flut an Plastikmüll hat zahlreiche Ursachen: der Konsum von Fertiggerichten, die Verwendung von Portionspackungen anstelle von Großpackungen und der Kauf von aufwendig verpackten Produkten anstelle von lose nach Gewicht verkauften, unverarbeiteten Lebensmitteln.

Konsumenten in den Prozess einbinden

Das Projekt zestawZESTAW (zu deutsch etwa GeschirrGeschirr) entstand aus dem Wunsch nach einer Rückkehr zu einem ökologischen, selbstbestimmten Konsumverhalten und einer stärkeren Einbindung der Konsumenten in die Gestaltung von Alltagsritualen. Die drei Initiatorinnen des Projekts beschäftigten sich zunächst eingehend mit den bestehenden Lösungen, um anschließend einen Schritt weiter zu gehen. Dabei machten Martyna Ochojska, Dominika Wysogląd und Joanna Jurga während ihres Studiums in Warschau Bekanntschaft mit dem Restaurant KroWarzywa, in dem vegane Burger auf essbaren, aus Kleie hergestellten Tellern serviert werden. Auch im Internet stießen sie auf biologisch abbaubares Geschirr (zum Beispiel EcoSouLife – diese aus Maisstärke, Reishülsen und Bambuspulver hergestellten Produkte sind mehrfach verwendbar und sogar spülmaschinenfest, dabei jedoch zu 100 Prozent biologisch abbaubar).

Die drei jungen Designerinnen wollten jedoch nicht nur ein Produkt entwickeln, das die Umwelt schont, sondern den Konsumenten auch direkt in den Herstellungsprozess mit einbinden. „Das allseits bekannte Plastikgeschirr schädigt nachhaltig die Umwelt, und seine minimalistische, auf das Notwendigste reduzierte Form regt weder die Kreativität noch den Appetit an“, konstatierten sie. Außerdem war es ihnen wichtig, auch Kinder in die Herstellung mit einzubinden, um sie von Beginn an für ökologische Themen zu sensibilisieren und gleichzeitig ihre Kreativität anzuregen. Aus diesem Grund entschlossen sie sich dazu, selbst eine Masse zur Herstellung von essbarem Geschirr zu entwickeln.
 
  • Martyna Ochoskaja, Dominika Wysogląd und Joanna Jurga, Initiatorinnen von zestawZESTAW © zestawZESTAW / Martyna Ochojska, Dominika Wysogląd und Joanna Jurga
  • Das Geschirr von zestawZESTAW © zestawZESTAW / Martyna Ochojska, Dominika Wysogląd und Joanna Jurga
    Das Geschirr von zestawZESTAW
  • Mit dem Geschirr können zum Beispiel Vögel gefüttert werden. © zestawZESTAW / Martyna Ochojska, Dominika Wysogląd und Joanna Jurga
    Mit dem Geschirr können zum Beispiel Vögel gefüttert werden.
  • Das Geschirr von zestawZESTAW © zestawZESTAW / Martyna Ochojska, Dominika Wysogląd und Joanna Jurga
    Das Geschirr von zestawZESTAW

Perfekte Formel aus Bananen, Reis und Kartoffeln

Wie Martyna, Dominika und Joanna berichten, war es nicht ganz einfach, die geeigneten Zutaten und die richtige Mischung zu finden. Das Endprodukt sollte möglichst robust sein, aus preiswerten und überall erhältlichen Materialien bestehen und gleichzeitig die Kreativität anregen. „Außerdem sollte es einen angenehmen Duft haben, sich gut färben lassen, formbeständig sein und auch kleineren Kindern Spaß machen, also zum Beispiel kein Brennen in den Händen verursachen“, erläutern sie weiter. Also schlossen sich die drei für eine Woche in der Küche ein und begannen ein Experiment, das weniger an ein klassisches Design-Projekt als an die Vorbereitungen zu einer Hochzeit erinnerte. Sie trockneten, malten, kochten und backten. Schließlich fanden sie die perfekte Formel aus Bananen, Reismehl (oder gekochtem Reis), Kartoffelmehl und Wasser. Die Masse war elastisch genug, um sich gut formen zu lassen, und haltbar genug, um im Backofen nicht auseinanderzufallen und anschließend auch für heiße Flüssigkeiten, wie Suppen oder sämige Soßen, geeignet zu sein. Die Bananen verliehen dem Geschirr ein angenehm fruchtiges Aroma, und die dichte Konsistenz der Masse sorgte für das rustikale Aussehen der Schüsseln, Teller und Schalen mit ihren dicken und unregelmäßigen Rändern.

In der nächsten Phase des Designprozesses ging es an das Färben des Geschirrs. Nach einer umfassenden Suche – sowohl in den eigenen Gewürzregalen als auch in gut sortierten Gemüsegeschäften und Kräuterläden – fiel die Wahl der drei jungen Designerinnen auf die ebenso aromatischen wie farbintensiven Zutaten Kurkuma, Spirulina und Kakao. Diese verleihen dem Geschirr nicht nur eine gelbe, tiefgrüne oder braune Farbe, sondern auch ein entsprechendes Aroma. Und für die Farbpalette zwischen Orange und Dunkelrot können der Saft oder die Schalen von Möhren, Roter Bete, Kürbis, Zitrone, Orange oder Limone verwendet werden.

Aufessen, an Vögel verfüttern, im Garten vergraben

Auf diese Weise entstanden angenehm duftende und wunderbar ursprüngliche Geschirrkompositionen, die man, sobald sie ihre Funktion erfüllt haben, bedenkenlos aufessen, an Vögel verfüttern oder einfach im Garten vergraben kann, wo sie sich in kürzester Zeit von allein zersetzen.

Der größte Vorzug der Idee von Martyna, Dominika und Joanna liegt in ihrer Reproduzierbarkeit. Auf der Facebook-Seite des Projekts demonstrieren die drei, wie man ihr essbares Geschirr in der eigenen Küche und mit einem Minimum an Geschick und kulinarischen Fähigkeiten selbst herstellen kann. Außerdem organisieren sie Workshops für Kinder und Erwachsene, die von dem ebenso spielerischen wie sinnlichen Projekt gleichermaßen fasziniert sind.

Das Projekt zestawZESTAW ist ein kleiner, aber interessanter Beitrag zu einer lebenswerteren Umwelt. Das Projekt fördert ein bewussteres, engagierteres und kreativeres Konsumverhalten. Es erfordert vom Konsumenten Zeit und Interesse – aber wollen wir nicht alle lieber in einer Welt leben, die uns braucht?