Außerschulische Lernorte
Raus aus dem Klassenzimmer!
Deutschunterricht im Park? Mit der Klasse ins Kaufhaus oder in die Mall? Ein Besuch in der Bibliothek, im Museum oder im Zoo? Einmal in die deutsche Botschaft oder einfach nur ein Spaziergang durch die Stadt? Ihre Lernenden werden es Ihnen danken. Neue Lernorte schaffen Abwechslung, wecken Interesse, machen neugierig und steigern die Motivation.
Von Sabine Uibel
Was bieten außerschulische Lernorte?
Außerschulische Projekte, Museumsbesuche und Ausflüge sind inzwischen wichtiger Bestandteil von Schule, denn sie vermitteln vor allem durch anschauliches und praktisches Handeln Inhalte des Fachunterrichtes und bieten die Chance in authentischen Situationen zu lernen. Das gilt auch für den Fremdsprachenunterricht.Außerhalb des Klassenraumes ergeben sich vielfältige Möglichkeiten für neue Handlungssituationen, die die Lernenden dabei unterstützen in der Zielsprache zu interagieren und kommunizieren. Auch in den Alltag einer ausländischen Schule lassen sich thematisch auf den Deutschunterricht bezogene Exkursionen einbauen, die in ihrem Umfang den Möglichkeiten vor Ort entsprechen. Das muss nicht zeitaufwändig sein. Ein kurzer Ausflug an die Bushaltestelle oder ein Projekt, das den Supermarkt um die Ecke integriert, kann bereits „frischen Wind“ in die Lerngruppe bringen und ermöglicht das Lernen mit allen Sinnen.
Den Klassenraum verlassen
Welche Lernorte jenseits des Klassenraums in Frage kommen, hängt zunächst einmal von den örtlichen Gegebenheiten ab. Findet der Unterricht in einem deutschsprachigen Land statt oder nicht? Sind wir in einer Großstadt mit deutschen Institutionen, Museen und Bibliotheken oder im ländlichen Raum, wo auf den ersten Blick kein direkter Kontakt zu deutschsprachigen Personen oder kaum kulturelle Anknüpfungspunkte vorhanden sind. Das ist auch nicht unbedingt nötig. Ein außerschulischer Lernort kann auch das örtliche Denkmal sein, das als Ausgangspunkt im Zusammenhang etwa mit dem Thema Nationalfeiertage, berühmte Persönlichkeiten oder Held*innen" stehen kann. Botschaften und Goethe-Institute stehen selbst für Schulklassen und Lerngruppen offen, geben Informationen und unterstützen bei der Recherche hinsichtlich möglicher Exkursionen.Gleichzeitig bedarf es passend zum jeweiligen Lernort und dem Sprachniveau der Lernenden einer zielorientierten Vor- und Nachbereitung des Ausflugs und adäquater und motivierender Aufgaben. Dazu gehört, dass außerschulische Aktivitäten entsprechend des jeweiligen Curriculums und Unterrichtsstoffs geplant werden, denn daraus ergeben sich der thematische Kontext und die Lernziele. So können sich die Aktivitäten innerhalb und außerhalb des Klassenzimmers sinnvoll ergänzen.
Wie man außerschulisches Lernen spielerisch und gleichzeitig lehrreich gestalten kann, sieht man an den folgenden Beispielen:
Im Museum
Das Londoner Goethe-Institut ermutigt Lehrkräfte für Deutsch mit ihren Lernenden zu einem Besuch der Museen in der näheren Umgebung (Victoria & Albert Museum, Science Museum, Natural History Museum) und bietet hierzu drei Rallyes bzw. Quizze an, die einerseits deutsche Aspekte in den Bereichen Kunst, Design, Technik und Wissenschaft entdecken lassen und andererseits das museale Angebot für den Einsatz der Fremdsprache nutzt. Dabei sind die Aufgaben sprachlich und inhaltlich einfach gehalten, so dass Lernende auch auf A Niveau die Rallyes gut bewältigen können:Museumsrallyes für Schulklassen
Während bei den oben angeführten Museumsrallyes vor allem Wissen und Wortschatz im Vordergrund stehen, bieten Museen aber auch vielfältige Möglichkeiten für kommunikative Sprachhandlungen wie Minivorträge, Frage- und Antwortspiele oder szenisches Spiel ausgehend z.B. von Darstellungen auf Gemälden. Gute Anregungen und Ideen, wie man einen Museumsbesuch methodisch und didaktisch für den Deutschunterricht gestalten kann, finden sich in einem Materialpaket des Goethe-Instituts, das zusammen mit dem georgischen Nationalmuseum entwickelt wurde:
Deutsch lernen im Museum
In der Stadt
Ein gelungenes Beispiel für Aktivitäten in der Stadt findet sich bei Lehrer Online. Hier orientieren sich diLernenden mit Hilfe unterschiedlicher Fragestellungen und Aufgaben in der Stadt und lernen den Umgang mit Stadtplänen und öffentlichen Verkehrsmitteln. Das Material ist für den Einsatz in einer deutschsprachigen Umgebung gedacht, kann aber auch als Anregung für vergleichbare Aufgaben an einem Ort im Ausland genutzt werden. So könnte der Kontext Tourismus oder Austauschschüler*innen den Lernenden vor Ort, direkt an der Bushaltestelle sozusagen, die Möglichkeit bieten, z.B. in Rollenspielen kommunikative Sprachhandlungen mit Bezug auf die Orientierung und das Nutzen von Verkehrsmitteln in der Stadt zu üben:Stadtrallye in der neuen Heimat
Ebenso denkbar und ohne größeren Aufwand zu organisieren, sind Besuche in einem Kaufhaus oder Supermarkt. Die Suche nach deutschen Produkten im Rahmen von Themen wie „ Essen und Trinken“, Preisvergleiche oder ökonomisches Einkaufen zum Üben der Zahlen oder das Planen und Einkaufen für ein „deutsches“ Picknick.
Apps
Mobile Medien können mit geeigneten Apps das Lernen vor Ort unterstützen und fördern durch den motivierenden Einsatz von Aufgaben den aktiven Umgang mit der Fremd- oder Zweitsprache.Einige Standorte des Goethe-Instituts bieten die Nutzung einer Stadtrallye-App an. Mit Hilfe dieser kostenlosen App können Erkundungen des Kursortes mithilfe einer digitalen Schnitzeljagd durchgeführt werden. Die Teilnehmer können hier spielerisch Deutschlandbezüge in der eigenen Stadt entdecken. Das Pariser Goethe-Institut bietet diese Möglichkeit in Verbindung mit einem dortigen Besuch, aber auch für unabhängige Gruppen an. Auf der Webseite findet man ein Video über den Einsatz der App und zusätzliches Unterrichtsmaterial zum Herunterladen:
Mit der App durch die Stadt
Empfehlenswert ist auch die App Actionbound. Mit dieser App lassen sich spannende, lustige und lehrreiche Smartphone- und Tablet-Rallyes selbst erstellen und interaktives digitales Lernen gestalten. Wie es genau gehen kann, wird hier erklärt:
Erstellen einer GPS-Rallye mit Actionbound
Jugendmuseum in Berlin
Jenseits der großen und bekannten Museen, deren pädagogische Aktivtäten oft nicht an das Niveau von Sprachlernenden angepasst sind, gibt es auch Angebote, die niedrigschwellig im Bereich DaF oder DaZ einzusetzen sind. Ein wunderbares Beispiel ist hier das Berliner Museum der Jugend mit seiner Ausstellung VILLA GLOBAL. Hier können die Lernenden durch 14 verschiedene Räume gehen und Personen kennenlernen, die diese Räume eingerichtet haben. Die sehr unterschiedlichen „Bewohner*innen“ der Villa Global stellen sich in der Ausstellung auch in Videointerviews vor und zur Vor-/Nachbereitung gibt es auf der Webseite ergänzendes Material. Das Leseheft zum Herunterladen ist dabei sehr zu empfehlen, auch wenn man die Ausstellung nicht besuchen kann:
Jugendmuseum Berlin – Villa Global
Fazit
Ausserhalb des Klassenzimmers sinnliche Erfahrungen zu sammeln und unterrichtsrelevante Aufgaben zu lösen, selbstentdeckend vorzugehen und dabei auch kulturelle Begegnungen zu erleben, kann für den Daf Unterricht auf vielen Ebenen sehr bereichernd sein, denn so erhalten die Lernenden die Chance im „echten Leben“ zu kommunizieren und zu handeln.Literatur zum Thema
Baar, Robert/Schönknecht (2018): Gudrun Außerschulische Lernorte: didaktische und methodische Grundlagen. Weinheim Base: Beltz Verlag.
Gehring, Wolfgang/Stinshoff, Elisabeth (Hrsg.) (2010): Außerschulische Lernorte des Fremdsprachenunterrichts. Braunschweig: Diesterweg.
Walz, Heidi (2012): Überall ist Sprache – außerschulische Lernorte verbinden. In: Frühes Deutsch 26, 5-9
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