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Jahre 2014–2018
Wie das Selbstverständliche zum Besonderen wurde

Kulturzug 2017: Berthold Franke (links) und Durs Grünbein
Kulturzug 2017: Berthold Franke (links) und Durs Grünbein | © Klemens Renner, Staatliche Kunstsammlungen Dresden

Als Berthold Franke zwischen den Jahren 2014 und 2018 das Goethe-Institut Tschechien leitete, wimmelte es im Haus permanent von Gästen und Veranstaltungen; ein wahrer Begegnungsort – was uns heute, mitten in der Corona-Pandemie, als etwas sehr Besonderes erscheint.

Von Berthold Franke

Prag habe ich zum ersten Mal im Jahr 1987 besucht. Ich erinnere mich noch gut daran, wie sehr mich vom ersten Moment an die Schönheit der Stadt getroffen hat. Ein anderes Erlebnis war das Hotel, in dem ich damals wohnte. Es hatte zwei Eingänge und zwei verschiedene Frühstückssäle: einen für die mit D-Mark zahlenden Touristen aus dem Westen und einen anderen für die Gäste aus der DDR. 1992 war ich, als Angehöriger der ersten Goethe-Generation, die direkt nach dem Fall der Mauer nach Mittelosteuropa gegangen ist, von Warschau aus wieder in Prag, um hier die Kollegen im noch nicht renovierten Haus an der Moldau zu besuchen. Ich glaube, damals schon fing ich an davon zu träumen, irgendwann auch selbst hier zu arbeiten. Dass ich dann 2014 als Institutsleiter hierher gekommen bin, habe ich immer als besonderes Glück meiner Laufbahn empfunden. 
 
Wenn man nach Prag versetzt wird, ist eine häufige Reaktion der Goethe-Kollegen: „Ach ja, da bist du ja in dem wunderbaren Haus!“ Und ganz sicher ist das nicht nur eine Äußerlichkeit für unsere Arbeit in Prag, sondern die Pracht und Schönheit, die wunderbaren Blicke aus unseren Fenstern über die Moldau hoch zur Burg und die symbolische Qualität, die in der Geschichte des Hauses liegt, übertragen sich direkt in das, was dort geschieht. Das Haus hat sich in meiner Zeit auch verändert, mit neuen Optionen für die Veranstaltungssäle und dem schönen Themen-Inszenierungsraum in der renovierten Bibliothek. Die beste Veränderung war aber eine temporäre, als wir im Herbst 2015 zum 25. Jubiläum den vergessenen, in Karlsbad ausgegrabenen Sockel des alten Goethe-Denkmals als Zeichen einer spannenden und herausfordernden Kontinuität in der Geschichte Tschechiens und Deutschlands für ein paar Monate vor unsere Eingangstür stellen konnten. Heute steht er wieder in seiner Heimatstadt.
 
Projekte gab es natürlich in großer Zahl, und unser Team hat in meiner Zeit viele innovative und große Dinge ausprobiert etwa im Kulturfrühling 2017, beim internationalen Internet-Projekt „Future Perfect“ oder in Plzeň 2015 mit dem großen Spektakel „Why talk to animals“. Ich selbst habe aber wohl am meisten die einfachen und im Stil oft durchaus konservativen Haus-Veranstaltungen geliebt, vor allem die literarischen Begegnungen mit Autoren wie Lutz Seiler, Bodo Kirchhoff, Marcel Beyer, Sibylle Berg, Gerhard Henschel, Dagmar Leupold, Ilija Trojanow oder Ralf Rothmann. Ganz besonders bleibt mir der Kulturzug in Erinnerung, der 2017 an einem Herbstnachmittag die wunderbare Bahnstrecke von Dresden nach Prag an der Elbe entlang in die Dämmerung fuhr, während der große Durs Grünbein uns aus seinen neuesten Werken vorlas. 
 
So viele Begegnungen, so viele Menschen – was soll ich hervorheben? Von heute aus, mitten in den Beschränkungen der Corona-Pandemie, sieht es vor allem so aus, dass die damals ganz selbstverständliche Tatsache ein so einladendes, offenes Haus zu haben, in dem sich jeden Tag so viele feine Kollegen, spannende Gäste und ein sehr dankbares Publikum treffen konnten, das Besondere war. Und ganz besonders war es auch immer wieder nach unseren Veranstaltungen mit dem Diplomaten und großartigen Freund des Hauses František Černý ein Glas Rotwein zu trinken.
 
Jeder Posten ist anders, jede Stadt ist anders. Prag, die schönste Stadt nördlich der Alpen mit ihrer allgegenwärtigen Erinnerung an den großen, einzigartigen Schatz der Kultur Mitteleuropas, geht zu Herzen.

  • Jahre im Zoo. Autorenlesung von Drus Grünbein (rechts) im Goethe-Institut. November 2017 © Pavlína Jáchimová / Goethe-Institut
    Jahre im Zoo. Autorenlesung von Drus Grünbein (rechts) im Goethe-Institut. November 2017
  • Goethe25: Zum 25. Jubiläum besuchte das Goethe-Institut die bayerische Weißwurstkönigin © Pavlína Jáchimová / Goethe-Institut
    Goethe25: Zum 25. Jubiläum besuchte das Goethe-Institut die bayerische Weißwurstkönigin
  • Goethe25: Das Goethe-Nichtdenkmal aus Karlsbad. Oktober 2015 © Pavlína Jáchimová / Goethe-Institut
    Goethe25: Das Goethe-Nichtdenkmal aus Karlsbad. Oktober 2015
  • Berhold Franke und die Gerhard-Richter-Ausstellung in Prag, Sommer 2017 © Pavlína Jáchimová / Goethe-Institut
    Berhold Franke und die Gerhard-Richter-Ausstellung in Prag, Sommer 2017
  • Berthold Franke (rechts) und Gregor Samsa © Tomáš Moravec / Goethe-Institut
    Berthold Franke (rechts) und Gregor Samsa

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