Stadtgärten
Grüne Dächer für Kairo

Amm Hamed Farm in Dar El Salam/Kairo
Amm Hamed Farm in Dar El Salam/Kairo | Schaduf

Das junge Unternehmen Schaduf aus dem Süden Kairos will die ungenutzten Hausdächer in der ägyptischen Hauptstadt zu Anbauflächen für Gemüse und Obst umfunktionieren. Denn in der Betonwüste Kairo mangelt es an Agrarflächen, Grünanlagen und Gärten. Mit Hydrokulturmethoden will Schaduf ökologischen Nahrungsmittelanbau fördern, damit Ägyptens knappe Wasservorräte schonen und nebenbei Kairos Dächer grüner und die Stadt lebenswerter machen. Wir sprachen mit Schadufs Marketing-Chefin Soha El Wishey.

Was steckt hinter dem Unternehmen Schaduf?

Schaduf ist eine kleine 2011 gegründete Firma aus Maadi im Süden Kairos, die sich zum Ziel gesetzt hat dem Problem der schrumpfenden landwirtschaftlichen Anbaufläche im Großraum Kairo mit einer ökologischen umweltverträglichen Lösung zu begegnen und privatwirtschaftlichen Unternehmen Anreize zu geben ihre Räumlichkeiten – drinnen wie draußen – zu bepflanzen. Wir wollen Kairo grüner machen und ungenutzte Flächen auf Hausdächern als Anbaufläche nutzen. Ägypten leidet unter eklatantem Wassermangel, daher bietet sich Hydrokulturanbau an. Damit spart man Wasser und Erde, die auch nur begrenzt vorhanden ist, und schafft Grünflächen, die nicht nur unserer ästhetischen Konzeption entsprechen, sondern auch die verpestete Luft reinigen.

Was genau ist hydroponische Landwirtschaft und wie nutzt ihr sie?

Hydrokulturzucht ist eine effiziente und ressourcenschonende Methode zum Anbau von Pflanzen ohne oder nur mit sehr wenig Erde. Die Pflanzen stehen dabei in mit Nährstoffen angereichertem Wasser. Erde dient Pflanzen als Speicher für Wasser und Nährstoffe, doch Pflanzen brauchen sie nicht zwingend zum Überleben. Stellt man die Wurzel eines Setzlings in mit den benötigten Nährstoffen angereichertes Wasser, gedeihen Pflanzen genauso gut oder gar noch besser als bei herkömmlichem Anbau. Schaduf bietet verschiedene Modelle an dieses Prinzip zu nutzen. Man nehme einen Tisch, der eine Art Wasserbecken als Tischplatte hat und platziert dort eine Styroporplatte mit Setzlingen oder bei bestimmten Pflanzen wie Erdbeeren kleine Töpfe mit ein wenig Erde. Somit spart man Erde und Wasser, da das Wasser mehrfach benutzt wird und nicht versickert. Eine weitere Methode ist das Röhrensystem. Man installiert Röhren mit Löchern auf den Tischen oder an Wänden und stellt die Pflanzen einfach in die Löcher. Das in den Röhren zirkulierende mit Nährstoffen angereicherte Wasser versorgt die Pflanzen mit allem was nötig ist. Diese Methode verbraucht bis zu 70 Prozent weniger Wasser und kommt ohne Pestizide aus. Von Kopfsalat, Ruccola oder Erdbeeren bis hin zu Kräutern und Tomaten kann hier alles angepflanzt werden.

Wie ist das Konzept entstanden und wer hat Schaduf gegründet?

Die Brüder Tarek und Sherif Hosny haben während ihrer Arbeit in den USA von diesen Methoden erfahren und wollten die Idee in Ägypten umsetzen. Mit Hilfe einer Anschubfinanzierung unter anderem von der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) haben sie 2011 Schaduf ins Leben gerufen und inzwischen rund 50 Projekte angestoßen, unter anderem in Maadi, Nasr City und El Marg. Beide sind Ingenieure und haben durch ihre Arbeit das entsprechende Know-How für die Weiterentwicklung ihrer Idee sammeln können. Derzeit tüfteln sie daran Hydrokultur mit Aquakultur, sprich Pflanzenanbau mit Fischzucht, zu kombinieren. Die Idee dabei ist die Nährstoffe nicht mehr einfach dem Wasser beizumischen, sondern durch Exkremente von Fischen zu ersetzen. Pflanzen und Tiere halten sich dabei gegenseitig am Leben. Die Pflanzen werden mit Nährstoffen versorgt, die sie dem Wasser entziehen und reinigen das Wasser, das den Aquarien wieder zugeführt wird.

Schaduf verfolgt einen sozialen entwicklungspolitischen Ansatz. Wie sieht dieser genau aus?

Neben der ökologischen Umgestaltung des urbanen Umfeldes wollen wir einkommensschwachen Familien eine Möglichkeit bieten ein zusätzliches Einkommen zu erwirtschaften, indem wir ihnen ermöglichen ihre eigene kleine Farm aufzubauen. Eine Mikrofinanzierung stellt den nötigten Kredit zur Verfügung, den die Familien leicht innerhalb eines Jahres tilgen können. Wir selber vergeben keine Mikrokredite, helfen aber bei der Vermittlung. Wir liefern dann die Setzlinge und Gerätschaften, geben Trainings und Workshops für den Anbau und die Aufzucht der Pflanzen und garantieren den Familien die Abnahme der von ihnen produzierten Güter, die wir in einem lokalen Gemüseladen verkaufen. Die Hälfte des dadurch erwirtschafteten Gewinns zahlt den Kredit ab, die andere Hälfte fungiert als sekundäre Einkommensquelle, die sich nach Tilgung des Kredits weiter erhöht.

Eure Kunden kommen auch aus der Privatwirtschaft. Warum sollte sich eine Firma einen Garten anlegen?

Ganz einfach. Eine grün bepflanzte Dachterrasse eignet sich hervorragend als Pausenraum oder als Ort für Meetings. Das ist gut für die Arbeitsatmosphäre und die Umwelt. Die von uns angebotenen grünen Wände, die wir mit Hilfe des Röhrensystems bepflanzen, sind nicht nur ästhetisch ansprechend und sowohl draußen wie drinnen umsetzbar, sondern dienen auch als eine Art natürliche Klimaanlage. Ein bepflanzter Raum ist grundsätzlich kühler, da die Pflanzen die Luft reinigen und kühlen. Vor allem im heißen ägyptischen Sommer kann man so während der zahlreichen Stromausfälle immer noch in angenehmen Temperaturen arbeiten.