was für eine Freude!
Weihnachten in Ägypten

St. Theresa Kirche Bazar in Kairo
Foto: ©Hassan Emad

Im Hof der St. Theresa Kirche der armenischen Katholiken im historischen Stadtteil Neu Kairos, sind Dutzende Familien diverser christlicher Konfessionen und sozialer Schichten zusammengekommen, um Weihnachten zu feiern.

Von Eslam Anwar

Die Feier, zu der auch ein Weihnachtsmarkt gehört, wurde nicht nur für die armenischen Katholiken ausgerichtet, sondern alle christlichen Konfessionen waren eingeladen und sogar einige muslimische Familien aus der Nachbarschaft sind gekommen.

Lampen der Hoffnung

Inmitten duzender Holztische mit allen möglichen Köstlichkeiten, Kleidungsstücken und Geschenken steht Kyrillos Milad, 11 Jahre alt, mit Handarbeiten, die extra für Weihnachten hergestellt wurden.

Selbstbewusst und glücklich spricht er mit den Besuchern des Marktes, nennt Preise und erklärt die Besonderheiten der Kerzen, die er zusammen mit seinen Freunden in der Organisation „Lampen“ für Gesellschaftsentwicklung hergestellt hat. Neben den Kerzen gibt es noch weitere handgefertigte Produkte aus Häkelgarn, Holz und auch selbstgekochtes Essen.
  • St. Theresa Kirche Bazar in Kairo Foto: ©Hassan Emad
  • St. Theresa Kirche Bazar in Kairo Foto: ©Hassan Emad
  • St. Theresa Kirche Bazar in Kairo Foto: ©Hassan Emad
  • St. Theresa Kirche Bazar in Kairo Foto: ©Hassan Emad
  • St. Theresa Kirche Bazar in Kairo Foto: ©Hassan Emad
„Ziel der Organisation ist die Kompetenzentwicklung bei Kindern, die Schwierigkeiten mit dem Lernen haben, aber auch von Kindern, deren Familien sich die Schulgebühren nicht leisten können“, erklärt Marina Fouad, eine der Gründerinnen der Organisation „Lampen“. Zeinab Ali weist darauf hin, dass das Curriculum der Organisation versucht, die Wissensvermittlung mit dem sozialen und kulturellen Kontext der Kinder zu verknüpfen: „Die Weihnachtsfeierlichkeiten mit all ihren wunderbaren Ritualen und stärken die sozialen Kompetenzen der Kinder.“

Weihnachtliche Blumendekoration

Vor drei Jahren hat Marina Sami eine neue Karriere eingeschlagen. Sie hatte Technologie studiert, doch sie war unglücklich mit ihrer Arbeit und auf der Suche nach sich selbst, und so wurde sie Floristin.
„Mir wurde klar, dass ich Blumen und Pflanzen liebe. Ich besuchte einige Workshops wo ich lernte professionell Blumen zu züchten. Heute fühle ich mich im Einklang mit der Welt und mit mir selbst.“ In ihrer Weihnachtsdekoration setzt Marina auf die Farben grün und rot und mischt Blumen aus ägyptischen Gewächshäusern mit künstlichen Zierblumen.

„Vor einer Woche habe ich mit dem Binden der Blumensträuße angefangen“, erzählt sie. Sie räumt ein, von dem Andrang auf dem Markt überrascht worden zu sein, weshalb sie nun noch weitere Dekorationen herstellt, um der Nachfrage der Kunden gerecht zu werden.

 „Chrétiens d'Orient“ 

An einem kleinen Tisch sitzt eine Gruppe französischer Jugendlicher in weißer Kleidung, mit einer französischen Flagge und einem Banner mit der Aufschrift „Chrétiens d'Orient“ (Orientalische Christen). Mit einladendem Lächeln bieten sie den Gästen französisches Gebäck an und sprechen über die Aktivitäten ihrer Organisation.

„Chrétiens d'Orient“ wurde 2014 in Frankreich gegründet und begann in vielen Staaten des Nahen Ostens aktiv zu werden: In Syrien, im Irak, Jordanien, der Türkei, Pakistan, Palästina und Ägypten“, erklärt einer der Volontäre. Hauptziel der Organisatin sei der Austausch zwischen den christlichen Gemeinden in Ost und West.

Und er fügt hinzu: „Neben religiösen Angeboten unterstützen wir auch gesellschaftliche und soziale Entwicklungen für Christen und Muslime. So beispielsweise den Bau einer Schule in Ezbet El-Nakhl in Kairo, die offen sein wird für alle Kinder. Über den größten Unterschied zwischen Weihnachten in Ägypten und Frankreich erzählt er: „In Ägypten herrscht eine familiäre, warme Atmosphäre. Hier kennt jeder jeden. In Frankreich ist dies anders, da gibt es keine solche zwanglose Vertrautheit.“

Aufruf zur Nächstenliebe

Den ganzen Tag über empfängt seine Exzellenz Erzbischof Krikor Augustinus Kosa, Oberhaupt der katholischen Armenier in Ägypten, die Besucher des Marktes. Er ruft zu einer Zeit der Liebe und des Friedens auf und erinnert an die Werte des Gebens und der Wohltätigkeit, insbesondere für die Amen und Alten, denen der Erlös dieses Marktes zu Gute kommen soll.

Der Erzbischof oder „Botschafter Christi“ wie er bei solchen Veranstaltungen gerne genannt wird, erklärt, dass diese Feier seit mehreren Jahren unter dem Motto „Aufruf zur Nächstenliebe“ organisiert wird, um die armenischen religiösen und sozialen Rituale erhalten zu können. Er fügt hinzu: „Wir laden alle Menschen aller Konfessionen ein, gemeinsam mit uns zu feiern. Die Armenier sind ein wichtiger Teil der ägyptischen Gesellschaft. Viele von ihnen haben bereits im 19. Jahrhundert unter Mohammad Ali Pascha die ägyptische Staatsbürgerschaft angenommen.“

„Botschafter Christi“ „Botschafter Christi“ | Foto: ©Hassan Emad Er weist darauf hin, dass die Zahl der armenischen Christen in Ägypten in den letzten fünf Jahrzehnten deutlich zurückgegangen ist, von den ca. 100.000, die Mitte des 20. Jahrhunderts hier lebten, sind heute nur noch rund 13.000 übrig geblieben. Der Erzbischof schließt mit dem Aufruf an die ausgewanderten armenischen Ägypter, zurückzukehren, um ihr Erbe, ihre Kirchen und ihre Erinnerungen vor Ort zu bewahren.