Der Europaplatz
auf dem Montjuïc

Europaplatz © © Foto: Goethe-Institut Barcelona Europaplatz auf dem Montjuïc © Foto: Goethe-Institut Barcelona

Europaplätze gibt es gleich zwei in der Provinz Barcelona: der neuere liegt in Hospitalet de Llobregat. Der andere, ältere Platz liegt in dem Komplex um den Palau Sant Jordi herum, der für die Olympiade 1992 am Montjüic errichtet wurde. Auf diesem freizügigen Platz, der nach einer Idee des früheren Bürgermeisters von Barcelona Pasqual Maragall gestaltet wurde, finden wir einen riesigen kreisförmigen Brunnen, der von einem halbkreisförmigen Fries umgeben ist. 

Artikel 1 

Europaplatz Artikel 1
Auf der linken Seite steht in katalanischer Sprache ein Teil des Artikel 1 des EU-Vertrages, den  jeder Staat bei seinem Beitritt in die EU unterschreiben muss: Dieser Vertrag stellt eine neue Stufe bei der Verwirklichung  "einer immer engeren Union der Völker Europas dar, in der die Entscheidungen möglichst bürgernah getroffen werden.“
Daran anschließend reihen sich auf dem Fries in alphabetischer Reihenfolge die Namen von Politiker*innen, die nach Meinung der Initiatoren sehr viel für die Einigung Europas geleistet haben. Darunter auch die Deutschen Konrad Adenauer, Willi Brand und Rosa Luxemburg.
 

Konrad Adenauer

Europaplatz Konrad Adenauer
Konrad Adenauer war der erste Bundeskanzler der neugegründeten Bundesrepublik Deutschland. Während seiner Amtszeit von 1949 bis 1963 hat er die Nachkriegszeit von Deutschland und Europa nachhaltig geprägt. Wie viele Politiker seiner Generation hatte er bereits nach dem 1. Weltkrieg erkannt,  dass nur in einem vereinten Europa dauerhafter Friede möglich sein kann. Und was vereint die Länder mehr als gemeinsamer Handel und florierende Geschäfte?
„Kohle und Stahl haben als Rohstoffe für Waffen in der Vergangenheit eine verheerende Rolle in Europa gespielt. Wir hoffen, dass uns eine Kohle- und Stahlgemeinschaft nun vereint.“ (Konrad Adenauer)
Mit der Unterzeichnung des Vertrages von Paris über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl 1951 legte er zusammen mit seinen Amtskollegen von Belgien, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden  den Grundstein für die EU. Denn, wie hoch auch immer die Differenzen zwischen den einzelnen EU-Ländern sein mögen, in einem sind sich alle einig: Wirtschaft und Handel müssen wachsen und das geht am besten gemeinsam!
 

Übrigens

Als Konrad Adenauer 1963 von Journalisten gefragt wurde, wer die wichtigsten Politiker der Zeit seien, antworte er: „Ich kenne die!“
 

Willy Brandt

Europaplatz Willy Brandt
Der sozialdemokratische Politiker Willy Brandt amtierte von 1969 bis 1974 als vierter Bundeskanzler. Seine Vision von einem vereinten Europa bezog schon sehr früh die ostmitteleuropäischen Staaten mit ein. Mit seiner Ostpolitik gelang es ihm, den eisernen Vorhang zwischen den west-und osteuropäischen Ländern zu durchbrechen und eine Annäherung beider Blöcke herbeizuführen. Dafür bekam er 1971 den Friedensnobelpreis. In seiner Rede einen Tag nach dem Mauerfall in Berlin sagte er den berühmten Satz: „Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört!“ Und fügte hinzu: „Das gilt für Europa im Ganzen!“  Ein schöner Traum!

Willy-Brandt-Platz
 

Rosa Luxemburg

Europaplatz
Rosa Luxemburg (1871–1919) war eine einflussreiche und mutige Vertreterin demokratisch-sozialistischen Denkens und Handelns in Europa. Mit all ihrer Kraft versuchte sie, den 1. Weltkrieg zu verhindern. Neben Karl Liebknecht war sie die wichtigste Repräsentantin internationalistischer und antimilitaristischer Positionen in der SPD. Sie war eine leidenschaftliche und überzeugende Kritikerin des Kapitalismus. Voller Hoffnung begrüßte sie die russische Revolution, blieb als revolutionäre Demokratin aber kritisch und wach: Hellsichtig attackierte sie die diktatorische Politik der Bolschewiki.
Geboren 1871 in der  damals russisch besetzten polnischen Kleinstadt Zamość fiel sie schon früh durch ihre Brillanz und Intelligenz auf. Mit fünf Jahren konnte sie bereits lesen und schreiben und schrieb mit 13 Jahren ein Spottgedicht auf den Kaiser Wilhelm I, der 1884 Warschau besuchen sollte:
»Sage Deinem listigen Lumpen Bismarck, tue es für Europa, Kaiser des Westens, befiel ihm, daß er die Friedenshose nicht zuschanden macht. «
Nach dem Abitur studierte sie zuerst Naturwissenschaften, später dann Staatswissenschaften und Nationalökonomie an der Universität Zürich – eine der wenigen europäischen Universitäten, an der Frauen zugelassen wurden. Mit Cum Laude erwarb sie 1897 ihren Doktortitel.

Vor allem in der deutschen sozialdemokratischen und sozialistischen Bewegung erlangte sie viel Einfluss. Als überzeugte Pazifistin  setzte sie sich 1914  gegen die Kriegsmobilisierung ein und ermahnte in zwei Reden an das deutsche Proletariat, nicht auf ihre französischen Genossen zu schießen.  Wegen Aufforderung zum Ungehorsam musste sie deshalb ins Gefängnis, wo sie drei Jahre verbrachte. Die russische Revolution begrüßte sie, lehnte aber jede gewalttätige Unterdrückung von Freiheit ab:
„Ohne allgemeine Wahlen, ungehemmte Presse- und Versammlungsfreiheit, freien Meinungskampf … erstirbt das Leben in jeder öffentlichen Institution, wird zum Scheinleben.“ schrieb sie im Hinblick auf die Gewaltexzesse in der UDSSR.  „Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden.“

Am 15. Januar 1919 wurde sie zusammen mit ihrem Mitstreiter Karl Liebknecht unter Verantwortung eines sozialdemokratischen Reichwehrministers in Berlin verhaftet und ermordet. Die Leiche wurde in den Landwehrkanal geworfen. Heute befindet sich dort ein Mahnmal, zu dem sich jährlich unzählige Menschen einfinden, um ihrer zu gedenken.


Quellen:
Konrad Adenauer: Europäische Union
Willy Brandt: Willy Brandt Stiftung
Rosa Luxemburg: Rosa Luxemburg Stiftung, Deutsche Welle
© Text: Ulrike Fiedler
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