Ein neuer Ansatz
Samuel Hahnemann sitzt in seiner Studierstube in Leipzig und grübelt. Wahrscheinlich sammelt er seine Gedanken über eine ganzheitliche Alternative zur damaligen Schulmedizin, ganz ohne Aderlass und Abführmittel. Sein neuer Ansatz, den er später homöopathisch nennt, geht vom Ähnlichkeitsprinzip aus: similia similibus curentur - Ähnliches soll mit Ähnlichem geheilt werden.
Das Denkmal
Die Initiative, ein Denkmal für den Begründer der Homöopathie zu schaffen, ging von der Akademie für homöopathische Medizin in Barcelona aus. Die Stadt Barcelona stellte dafür einen kleinen Park an der Avinguda Sarrià zur Verfügung, wo es sich so dezent unter den Pinien ausmacht, dass man es trotz seiner Größe leicht übersehen kann. Die Bildhauerin Marta Polo gestaltete das Denkmal aus Kunststein in zwei Teilen: Eine große Scheibe und drei eng zusammenstehende Steinstehlen. Ein Relief auf der Vorderseite der Scheibe zeigt das Gesicht Samuel Hahnemanns, auf der Rückseite steht auf Latein der Leitsatz der Homöopathie geschrieben: „similia similibus curentur“. Die Vorderseite der Steinstehlen zeigen Hahnemann bei der Arbeit in seinem Studierzimmer.
Das Denkmal wurde am 13. Mai 1990 enthüllt.
1790 - 1890 - 1990
Drei Jahreszahlen stehen auf der Rückseite des Samuel Hahnemann Denkmals. Jede Jahreszahl in einer anderen Schrift geschrieben, zeigt ein wichtiges Datum für die Homöopathie auf: die Verfassung des Konzepts der Homöopathie, die Gründung der Akademie für homöopathische Medizin in Barcelona und die Ausrichtung des 45. Internationalen Homöopathiekongresses in Barcelona im Jahr 1990.
Das Ähnlichkeitsprinzip
Samuel Hahnemann wurde am 10. April 1755 in Meißen geboren. Seine Familie war arm, aber er war ein begabtes Kind und bekam ein Stipendium. Nach der Schule studierte er Medizin in Leipzig und in Wien und promovierte 1779 in Erlangen. 1782 heiratete er in Dessau die Apothekerstochter Johanna Küchler, mit der er 11 Kinder hatte. Neben seiner Tätigkeit als Arzt arbeitete als Chemiker, übersetzte zahlreiche medizinische Bücher, verfasste eigene Artikel und ein viel konsultiertes Apothekerlexikon.
In seiner Praxis machte er die Erfahrung, dass traditionelle Methoden wie Trinkverbote und Aderlass den Patienten nicht halfen oder ihnen sogar schadeten. Deshalb suchte er nach einer alternativen Medizin. An sich und an seinem ältesten Sohn testete er verschiedene Substanzen. Bei einem Selbstversuch mit Chinarinde im Jahr 1790 stellte er fest, dass sie bei ihm ähnliche Symptome auslöste wie Malaria. Daraus entwickelte er ein Heilprinzip: Die Substanz, die bei einem Gesunden bestimmte Symptome auslöst, muss bei einem Kranken, der ähnliche Symptome hat, gegen sie wirken. Dieses Prinzip, Ähnliches mit Ähnlichem zu heilen (similia similibus curentur), bildete die Basis für seinen homöopathischen Ansatz.
Veröffentlichungen und Weiterentwicklung der Lehre
Die erste Version seines Grundlagenwerks, das „Organon der rationellen Heilkunde“ veröffentlichte Hahnemann 1810. Damit wurde er als Begründer einer neuen Schule angesehen, die jedoch auch stark umstritten war, weil sich sein Ähnlichkeitsprinzip nicht belegen ließ. Bis heute bildet das Organon der Heilkunst die Grundlage der Homöopathie.
Gleichzeitig arbeitete er an einem Band zur „Reinen Arzneimittellehre“, in dem er die Wirkung von Medikamenten beschrieb, die er durch Experimente an gesunden Patienten herausgefunden hatte. Die Veröffentlichung des ersten Bandes im Jahr 1811 kann als Meilenstein der Pharmakologie angesehen werden.
Leipzig, Köthen, Paris
1811 zieht die Familie Hahnemann nach Leipzig, wo Samuel Hahnemann bald Professor an der Universität wird. Er hält Vorlesungen zur Geschichte der Medizin und zur Homöopathie als eigene Forschungsrichtung. Dort sammelt er Schüler um sich und kann seine Arzneiexperimente weiterführen. Seine Lehre hat aber auch erbitterte Gegner. 1820 kommt es außerdem zum Streit mit den Leipziger Apothekern, die ihm verbieten wollen, seine eigene homöopathische Medizin herzustellen. Man schließt zwar einen Kompromiss, aber die Familie siedelt dennoch ein Jahr später nach Köthen um, wo Hahnemann herzoglicher Leibarzt wird. Der Herzog garantiert ihm das Recht, seine Arzneien selbst zu verfertigen und zu verabreichen. 1822 wird er zum Hofrat ernannt.
In Köthen entwickelt er die – nicht nur bei seinen Gegnern umstrittene – Theorie der Arzneimittelpotentierung. Dabei werden die Arzneimittel teilweise stark verdünnt und gleichzeitig mechanisch bearbeitet (geschüttelt, geschlagen, gerieben). Dadurch sollen sie weniger Nebenwirkungen haben und ihre Heilkräfte sogar erst entfalten.
In Köthen stirbt 1830 nach 48 jähriger Ehe seine Frau Johanna. Fünf Jahre später heiratet Hahnemann die 35-jährige französische Malerin Mélanie d’Hervilly, eine seiner Patientinnen. Sie ziehen zusammen nach Paris, wo Hahnemann bis zu seinem Tod am 2. Juli 1843 als angesehener Arzt eine Praxis führt.
Die homöopathie in Barcelona
In Barcelona hatte die Homöopathie ihren Höhepunkt ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert und bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts. Ihre bekanntesten Vertreter waren Fèlix Janer i Bertran, der die Homöopathie nach Katalonien brachte und Joan Sanllehy i Metges - Vater des späteren Bürgermeisters. Ursprünglich Chirurg, war er der erste Arzt der ausschließlich als Homöopath praktizierte. Zu seiner Beliebtheit trug bei, dass er während einer Choleraepidemie im Jahr 1854 zahlreiche Erkrankte erfolgreich und kostenlos mit homöopathischen Substanzen behandelte.
Um die Jahrhundertwende (1902) wurde die prunkvolle Apotheke Novellas an der Rambla Catalunya gebaut, die seit 1927 der Familie Bolós gehört und uns eine Vorstellung davon gibt, welches Ansehen die Homöopathie damals genoss. An der Außenfassade befindet sich der Schriftzug „Sección homeopática“ und im Inneren der Apotheke steht zwischen Blumenranken eine Variante des Leitspruch Samuel Hahnemanns: simila similibus simli cuarantur.
An der Universität Barcelona konnten Medizinstudenten von 2004 bis 2016 einen Masterstudiengang in Homöopathie belegen. Mangels einer wissenschaftlichen Basis der Wirksamkeit von Homöopathie wurde der Masterstudiengang im Jahr 2016 wieder abgesetzt. Heilerfolge werden inzwischen auf den Placebo Effekt oder auf einen natürlichen Heilungsprozess zurückgeführt.
Übrigens
An der Decke der Apotheke befinden sich auch die Namenzüge berühmter Chemiker und Apotheker. Einer davon ist der Deutsch-Schwede Carl Wilhelm Scheele, Entdecker des Chlors (Cl). Als ihr Lehrer forschte er mit den aus Logroño stammenden Brüdern Juan José und Fausto Elhuyar, die ihrerseits das Element Wolfram (W) entdeckten.
Quellen:
Über das Denkmal:
Tresors a Barcelona
Über Samuel Hahnemann:
Wikipedia
Die Geschichte der Homöopathie in Spanien:
Similia
© Text: Annette Gutmann