Band des Monats
Bukahara
Es sei lautmalerisch, klinge ein bisschen exotisch und man wisse nicht genau, woher es kommt – sagen sie selbst und beschreiben damit nur den Namen ihrer Band - Bukahara. Doch auch zu ihrer außergewöhnlichen Musik passt diese Beschreibung gut… Letzten März brachten sie ihr drittes Album Phantasma heraus.
Bukahara - das sind Soufian Zoghlami, Ahmed Eid, Daniel Avi Schneider und Max von Einem. Drei der vier haben an der Musikhochschule Köln Jazz studiert. So wurden sie Kommilitonen, Freunde und Mitbewohner, und da sie alle miteinander Vollblutmusiker sind, schließlich Bandkollegen. Seit 2009 spielen Bukahara miteinander und haben seitdem drei Alben veröffentlicht.
„Wir sind nicht das typische Musikstudenten-Projekt, wo vorher genau überlegt wird, wen man mit welchem Instrument anspricht“. Schließlich sind die studierten Musiker alle Multi-Instrumentalisten und kreieren mit Gitarre, Schlagzeug, Percussion, Kontrabass, Geige, Mandoline, Posaune und Sousafon einen vielseitigen und bemerkenswerten Sound. Abgerundet wird das kraftvolle und bunte Klangspektakel durch die Stimme des Leadsängers Zoghlami, tief, rauchig und trotzdem warm und träumerisch.
Neben den diversen Instrumenten tragen auch die Musiker selbst eine Vielfalt von musikalisch-kulturellen und sprachlichen Einflüssen mit in die Klangkulisse.
So spiegeln sich die tunesischen, syrischen, palästinensischen und jüdischen Wurzeln der Musiker in ihrer Musik wieder. Diese vermengen sich zu einem spannenden und ganz eigenen Klang voller Überraschungen und Möglichkeiten.
Vielfalt zeigt sich auch in der Sprache der Songtexte. So sind diese zwar meistens auf Englisch, häufig jedoch auch auf Deutsch oder Arabisch geschrieben.
Man tanzt, man singt, man schwitzt…
Welches Genre am Ende dabei herauskommt? Schwer zu sagen, zumal nicht in einem Wort: Balkan, Folk, Jazz, Oriental, Swing, Gypsy, Reggae, Arabic-Balkan-Sound, Singer-Songwriter - mit diesem wortreichen Spektrum versuchen Kritiken, Musikmagazine und Bukahara selbst die Musik einzuordnen. „Es ist diese geheimnisvolle Mischung, die Bukahara einzigartig macht“. Stimmt, denn ruhige Folk-Balladen finden sich ebenso im Repertoire wie wild tanzbare Klangexplosionen mit folkloristischen Elementen. Vor allem letztere machen die Auftritte der Band, sowohl für die Musiker als auch für das Publikum, zu einem sehens- und hörenswerten Erlebnis.Überhaupt sind Bukahara eine Live-Band, wie sie im Buche steht. Hier lässt sich beobachten, wie virtuos die studierten Musiker ihre Instrumente und teilweise die ihrer Bandkollegen beherrschen. So wird oft getauscht und sich am Schlagzeug oder beim Gesang abgewechselt. Außerdem sind Bukahara dafür bekannt, dass die vier Musiker auf der Bühne nicht klassisch versetzt gruppiert sind, sondern in einer Reihe am vorderen Bühnenrand – übrigens meist barfuß. Klanglich und optisch beeindruckend, zumal deutlich wird: Nichts und Niemand steht im Vordergrund – es ist ein Neben- und Miteinander der einzelnen musikalischen Elemente genau wie der kulturellen Einflüsse. „Die feiernden Fans wiegen sich in kollektiver Ekstase“, „man tanzt, man singt mit, man schwitzt und ist glücklich“, so klingt das Fazit nach einem Bukahara-Konzert.
Musik ohne Grenzen
Schon im ersten Album deutet sich an, dass Bukahara eine andere Musik machen wollen. Doch genau wie der schlichte Albumtitel Bukahara Trio sind auch die Stücke und das Arrangement noch zurückhaltend. Strophen und Refrain werden hier recht klassisch und poppig von Gesang und akustischer Gitarre getragen. Die Geige und die Blasinstrumente bleiben noch im Hintergrund und bekommen höchstens in einem Solo Platz. Hört man etwa die sehr vorsichtig eingesetzten Begleitungen von Posaune und Geige in Have you ever oder New Home bekommt man Lust auf mehr!Glücklicherweise scheint es auch Bukahara selbst so gegangen zu sein. Auf ihrem zweiten Album Strange Delight finden sie ihren Stil und toben sich aus.
Der größte Treffer des Albums ist vielleicht Eyes wide shut. Eine leichte melancholische Melodie, die zunächst nur durch Stimme und ein paar raue Riffs, dann ein leichtes Zupfen auf der Geige getragen wird. Doch bei der Ballade bleibt es nicht. Mittendrin verändert sich das Stück völlig: Percussion, Geige und Kontrabass setzen ein und verwandeln den Song in ein treibendes Tanzstück mit Balkanbeat. Gegen Ende – und das wird zum beliebten Stilmittel der Band – nimmt das Tempo immer mehr an Fahrt auf, um tänzerisch das Letzte aus den Zuhörenden heraus zu holen.
Kurz, Bukahara werden mutiger und einfallsreicher und es mischen sich Klänge von Pop über Jazz bis Balkan.
Auf dem dritten Album Phantasma bleiben die vier Musiker diesem Klang treu und werden noch experimentierfreudiger. Von deutschsprachigen Reggae-Songs bis komplett arabischsprachigen Stücken mit viel Percussion ist auch hier wieder einiges zu entdecken.
Mit der Single No! und dem dazugehörigen Musikvideo haben Bukahara schließlich ein Zeichen dafür gesetzt, dass sie nicht nur musikalisch, sondern auch politisch und gesellschaftlich für ein buntes Miteinander und ein Kreuz-und-Quer von Kulturen und Ausdrucksformen einstehen.
Diskographie:
2015: Strange Delight
2017: Phantasma