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Band des Monats
Madeline Juno

Juno liegt im Halbdunkel auf einem Sofa mit einem Lichtstrahl auf den Augen
©Ben Wolf

“Innere Zerrissenheit mit schöner Stimme dargeboten”, so betitelte Laut.de-Kritik einen seiner Artikel über die Künstlerin Madeline Juno. Ihre Musik ist eine Mischung aus Pop und Elektropop, die Juno selbst als „hoffnungsvolle, akustische und melancholische Musik“ beschreibt und diese selbst mit dem Prädikat „Heart-Core“ zusammenfasst.

Von Camille Volle

Stimme, Klavier und Gitarre: Start mit Vollgas in eine glänzende künstlerische Karriere
 

Am 11. August 1995 wurde Madeline Obrigewitsch in Offenburg geboren. Als Künstlerin ist sie jedoch unter dem Namen Madeline Juno bekannt. „Juno“ ist auch der Titel des Films von Jason Reitman, von dem sich die Sängerin inspirieren ließ. Sie wuchs in Offenburg-Griesheim am Rande des Schwarzwaldes in einer Familie auf, in der Musik immer schon einen hohen Stellenwert hatte. Ihre Mutter war Pianistin, ihr Vater Schlagzeuger und sogar ihr Bruder spielte Schlagzeug. Als Madeline sechs Jahre alt war, brachte ihre Mutter ihr das Keyboardspielen bei, und später nahm sie Klavierunterricht. Mit 13 Jahren begann sie Gitarre zu spielen, bevor sie ihre eigenen Texte schrieb und englischsprachige Lieder auf YouTube veröffentlichte. Dadurch wurden die Produzenten von Tokio Hotel auf sie aufmerksam und boten ihr schließlich eine Zusammenarbeit an. Nachdem sie ihr Abitur in der Tasche hatte, veröffentlichte die junge Künstlerin ihr erstes Album, The Unknown (2014). Der Erfolg stellte sich sofort ein.

Fast zwei Jahre später folgte mit Salvation (2016) ein weiteres Album, das übrigens das letzte in englischer Sprache sein sollte. Die Sängerin wollte mit deutschsprachigen Künstler*innen zusammenarbeiten und die Möglichkeiten der deutschen Sprache erkunden: „Ich war neugierig, wie meine Stimme auf Deutsch klingt und ob die Songs auch in meiner Muttersprache funktionieren“. Nachdem sie sich in ihrer Wahlheimat Berlin niedergelassen hatte, wurde Juno mit ihren folgenden Alben - DNA (2017) und Was bleibt (2019) - auf verschiedenen Plattformen wie YouTube, TikTok oder Spotify immer bekannter.

Heute, kurz vor ihrem dreißigsten Geburtstag, ist die Künstlerin erfolgreicher denn je. Ihre beiden letzten Alben, Besser kann ich es nicht erklären (2022) und Nur zu Besuch (2024), stiegen schnell auf Platz 6 der Charts. Ihre bisher größte Tournee brachte Tausende von Fans zusammen und neben Auftritten auf Festivals und im Fernsehen, wie beim Deichbrand oder auf zdf@Bauhaus und TV Noir, schrieb sie den Titelsong für den ZDF-Kinderfilm „Geheime Schatten“. Ihre Musik ist eine Mischung aus Pop und Elektropop, die Juno selbst als „hoffnungsvolle, akustische und melancholische Musik“ beschreibt und diese selbst mit dem Prädikat „Heart-Core“ zusammenfasst.

Ein Tagebuch, in dem „ich“ auch „wir“ bedeutet

Laut Madeline Juno finden sich viele ihrer persönlichen Erfahrungen in ihren Texten wieder, was somit auch für ihr jüngstes Album gilt: „Jedes Album ist immer wie eine Zeitkapsel aus meinem Leben und Nur zu Besuch (2024) ist quasi das neueste Update [...]. Ich hoffe, dass die Texte auf Nur zu Besuch noch besser sind. Ich hoffe, dass ich mich mit jedem Album ein Stück weit verbessern und jedes Mal mehr von mir reinpacken kann.“ Das Album konzentriert sich jedoch nicht nur auf das Leben von Madeline Juno, sondern lässt sich auch allgemein auf verschiedene Lebenssituationen übertragen, da die Themen, die sich durch das Album ziehen, ein breiteres Publikum ansprechen können: „Das Album handelt von meinen Zwanzigern, Familie, Privatleben und den Hürden des Lebens. Vom Erwachsensein, sich aber gar nicht zu tausend Prozent erwachsen fühlen oder der Tatsache, dass man sich das Mitte-Zwanzig-sein eigentlich ganz anders vorgestellt hat, als es ist“.  
 
Nur zu Besuch
Denn daheim ist noch lang kein Zuhause, wenn man nur so tut
Ich komm' nur noch her, weil ich hoff' hier wär alles gut
Bin willkommen, aber nicht wie ich bin
Ihr gebt es nicht zu, doch es stimmt
Ich bin nur zu Besuch

(Refrain von „Nur zu Besuch“)

So hat z. B. auch das in den Texten verwendete „Ich“ sowohl einen persönlichen als auch einen kollektiven Wert.

Madeline Juno lässt sich beim Schreiben ihrer Lieder also weitgehend von ihren persönlichen Erfahrungen inspirieren. Viele ihrer Songs handeln von innerem Unwohlsein, das beispielsweise durch schwierige Beziehungen oder Trennungen, Selbstzweifel oder tief verwurzelte Dämonen verursacht wird. Die Künstlerin leidet seit ihrem 14. Lebensjahr an depressiven Episoden. Zwar wurde offiziell eine Depression diagnostiziert und eine entsprechende Behandlung eingeleitet, doch der Schatten dieser Krankheit hängt noch immer über Juno. Die psychische Gesundheit im Allgemeinen - und Depression im Besonderen - ist ein wiederkehrendes Thema in ihren Texten.

Zu den bekanntesten Liedern gehören „Nur kurz glücklich“, „Sommer, Sonne, Depression“ und „99 Probleme“. Sie tabuisiert das Thema nicht, ganz im Gegenteil, wie sie in einem Interview mit Minutenmusik erklärte: „Es sei wichtig, vor allem jungen Menschen zu sagen, “dass es okay ist, Depressionen, Ängste zu haben - das passiert ja meistens nicht von heute auf gleich. Das ist ja meistens ein schleichender Prozess. Und man muss drüber reden“. In diesem Sinne sind Junos Songs nicht einfach nur autobiografische Poptexte, sondern sie haben eine größere Reichweite, indem sie gesellschaftliche Themen wie psychische Gesundheit ansprechen. Allerdings ist eine Differenzierung erforderlich. Juno versucht auch nicht, ihre Kompositionen auf die Sensibilisierung für Themen zu reduzieren, die als „ernst“ oder „tiefgründig“ gelten würden: „Ich würde jetzt niemandem sagen, ihr solltet alle tiefer gehen in euren Songs – niemals. Aber so viel ist jetzt auch schon passiert an Offenheit und an Akzeptanz zu manchen Themen.“

„99 Probleme“ - vom Kopf reden, um das Herz anzusprechen

Das Popalbum Besser kann ich es nicht erklären (2022) wird als zeitgenössische Darstellung der inneren Zerrissenheit beschrieben. Die Texte aller Titel sind auf Deutsch, von Juno entweder selbst verfasst oder zusammen mit Kolleg*innen geschrieben oder interpretiert (z. B. „Nur kurz glücklich“ und „Normal fühlen“ mit Max Giesinger, bzw. Alex Lys gesungen, usw.) Die Interpretin und Songwriterin spricht darin über vergangene und schwierige Liebesbeziehungen, aber auch über ihre psychische Gesundheit, insbesondere über ihre Ängste und ihre chronische Depression. Der damit verbundene Schmerz, die Zweifel, die Traurigkeit und die Wut werden jedoch in Klavierballaden mit eher leichten und intimen Tönen umgesetzt.
 
Der Song „99 Probleme“ beginnt mit einem eindringlichen Bild, das ziemlich viel darüber aussagt, welche Art von Gedanken man haben kann, wenn die Depression zuschlägt. Das, was vorherrscht, ist der Gedanke, dass alles aufhört. Und doch dringen diese Gedanken, wie die Erzählung zu Recht betont, eher von außen auf einen ein, als dass sie beabsichtigt sind. Hier hat man also wirklich das Gefühl, dass es der Künstlerin darum geht, etwas auszudrücken und zu normalisieren, was nicht tabu sein sollte, was eine gewisse kathartische Distanz ermöglicht.

Beide Hände auf der Herdplatte
Nur eine falsche Bewegung und ich lande im Gegenverkehr
Ich sag' ja nicht, dass ich es vorhabe
Doch es gibt Phasen, in den'n ich mich immer wieder frag', wie es wär
Was, wenn ich's einmal nicht mehr heim schaffe?
Wie lange würd es dauern, bis es jemand, dem ich wichtig bin, merkt?
Denkt bitte nicht, dass ich drauf hinplane
Doch die Gedanken kommen, wie sie wollen, und ich kann mich nicht wehr'n


Der naturgemäß wiederkehrende Refrain lässt den Schatten der Depression immer wieder auftauchen. Die Form steht also im Einklang mit der Aussage, die den Kontrast zwischen den Worten, die man sich selbst sagt, um sich zu beruhigen (es wird nach einer Weile vorbei sein), und der Realität (der Moment der Erleichterung lässt auf sich warten) zum Ausdruck bringt. Und währenddessen ist es, als ob man alles durch diesen grauen, schweren Filter wahrnimmt.

[Vor-Refrain]
Selbst die leichtesten Dinge sind plötzlich so schwer
Und jeder Happy Song bricht mir mein Herz
Ich kann's nicht ganz versteh'n und auch nicht besser erklär'n

[Refrain]
Es ist wie Rennen im Traum, man kommt nie wirklich an
Ich such' nach Serotonin und kratz' die Reste zusamm'n
Ich sag' mir so oft: „Das geht alles vorbei irgendwann“
Doch solche Tage dauern wochenlang


Wenn „jedes Album immer wie eine Zeitkapsel [ihres] Lebens“ ist, wie Madeline Juno sagte, dann kann man nur gespannt sein, das neue Update in einem kommenden Album zu entdecken, um zu sehen, wie die Sängerin den Wendepunkt ihres dreißigsten Lebensjahres erleben wird. Fortsetzung folgt... 
 

Diskografie

2024  Nur zu Besuch 
2022  Besser kann ich es nicht erklären
2019  Was bleibt 
2017  DNA 
2016  Salvation 
2014  The Unknown 

Band des Monats auf Spotify

Hände und Gitarre © Colourbox.com, ldutko Jeden Monat stellen wir euch eine Band oder eine*n Sänger*in aus einem deutschsprachigen Land vor – den Musikstilen sind keine Grenzen gesetzt. Mit dieser Playlist könnt ihr in die Musik der vorgestellten Künstler*innen hineinschnuppern.

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