Für eine Woche verließ ein Teil des Klabauter Theaters den vertrauten Hamburger Hafen und machte sich auf den Weg nach Marseille, um dort die Künstler*innen der Kompanien L'autre Maison und l’Atelier de Mars kennenzulernen. Mit oder ohne Rollstuhl, in der Straßenbahn oder auf dem Boot - der bunt gemischten Gruppe wurde ein abwechslungsreiches Programm geboten, um die Marseiller Stadt- und Kulturlandschaft zu erkunden. Eingerahmt durch wechselseitig angeleitete Workshop-Einheiten, die teils im Freien und teils am Kulturzentrum der Friche La Belle de Mai stattfanden, lernte sich die Gruppe über eine Woche hinweg menschlich und künstlerisch kennen.
Austausch im Spiel
Die gemeinsamen Arbeitseinheiten in den Bereichen Tanz und Improvisationstheater wurden von den Künstler*innen selbst angeleitet. Dabei wurden alle sprachlichen Barrieren mit Hilfe von Übersetzung, Humor und noch mehr mit Mimik und Gestik aus dem Weg geräumt. Im Zentrum der Begegnung stand die Frage der Vermittlung, also die Frage danach, wie Künstler*innen mit und ohne Behinderung ihre Praxis autonom mit anderen teilen können. Im geschützten Raum konnten sich die Künstler*innen ausprobieren und den Mitglieder*innen der Partner-Kompanie ihre Arbeitsweise präsentieren.
Masterclass - Festival de Marseille
Die Begegnung in Marseille stand ganz im Zeichen des Festival de Marseille, das sich als größtes lokales Festival für darstellende und performative Künste seit Langem für Barrierefreiheit und inklusive Kulturpraxis stark macht. Gemeinsam entdeckte die Gruppe die Arbeit der portugiesischen Tänzerin Diana Niepce mit ihrem Stück "Anda, Diana" im Théâtre de la Criée, sowie das tunesische Tanzkollektiv Nafaq mit “extending further” im KLAP. Maison pour la danse.
Am Ende der Woche wurden die MOBILE Künstler*innen dann selbst Teil des Festivalprogramms. Einen Nachmittag lang gehörte ihnen die Bühne der Friche la Belle de Mai. Im Rahmen einer eigens gestalteten, öffentlichen Masterclass lud die Gruppe die Besucher*innen zum gemeinsamen Praktizieren ein. Gefeiert wurde das Ganze, wie in Marseille so üblich, mit einer Partie Pétanque.
MOBILE – Grenzüberschreitende Begegnungen für Vielfalt in den darstellenden Künsten ist ein Programm des Netzwerks der Goethe-Institute in Frankreich. Im Jahr der Paralympischen Sommerspiele in Paris 2024 trägt dieses Mobilitätsprogramm dazu bei, dass sich Kreative beiderseits des Rheins begegnen. Im Fokus steht der Dialog professioneller Künstler*innen mit und ohne Behinderung. In Marseille trifft das Klabauter Theater aus Hamburg auf die Kompanien Atelier de Mars und L’autre Maison. Eine Woche lang tauschen sich die Künstler*innen zu ihren kreativen und pädagogischen Ansätzen aus.
Klabauter Theater : Das Klabauter Theater im Zentrum von Hamburg (Deutschland) verfügt über ein festes Ensemble von 13 Schauspielerinnen und Schauspielern mit sehr unterschiedlichen Einschränkungen. Es arbeitet intensiv mit freien Theaterkünstler*innen aus Hamburg zusammen und führt jedes Jahr 4-5 neue zeitgenössische Produktionen auf, die sich hauptsächlich mit aktuellen Themen beschäftigen. Die Stücke werden mit dem Ensemble entwickelt oder von renommierten Autorinnen und Autoren speziell für das Klabauter Theater geschrieben. Auch Gastspiele oder künstlerische Workshops finden in dem Theater statt, das über 80 Plätze verfügt.
L’Atelier de Mars : Das Atelier de Mars befindet sich im Herzen des Panier-Viertels in Marseille. Es ist ein Stadtteiltheater, das sich als Knotenpunkt versteht, ein offener Ort, an dem sich in den Ateliers Menschen mit Behinderungen, Profis oder Amateure und Amateurinnen, junge und weniger junge Menschen unterschiedlicher Herkunft und Kultur begegnen. Die Arbeit beruht auf Projekten, die eine angepasste Pädagogik und kreatives Schaffen mit der Teilnahme und Zusammenarbeit an übergreifenden künstlerischen und kulturellen Aktionen verbinden.
L’Autre Maison : L'Autre Maison ist eine Tanzkompanie mit Sitz in Marseille, die neue Bedingungen für die Beziehung zwischen Publikum und Künstler*innen schafft. Ihre choreografische Praxis schafft Raum für verkörperte Begegnungen. Sie nimmt die Sprache der Inklusion auf und lässt sie im materiellen Bereich existieren. Sie ist eine praxiszentrierte Institution, die auf die Verbindungen zwischen Menschen fokussiert ist. Sie urteilt nicht darüber, wie ideale Körper sein sollten, sondern kultiviert stattdessen Ästhetik und Stile, die auf Verbindungen basieren.
Das Projekt wird unterstützt vom Bürgerfonds Citoyen, der Behörde für Kultur und Medien Hamburg, der Körber-Stiftung, der Stadt Marseille, Culture Moves Europe und dem Festival de Marseille.