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Resonance in Toulouse und Berlin
Für eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe

Porträtfoto von Marie Maillos und Sebastian Herbst
© Siniša Galić

„Das Kollaborativ.“ (Le Collaboratif) ist Anfang 2024 in seine kreative Umlaufbahn gestartet: Seit Januar diesen Jahres arbeiten Marie Maillos aus Toulouse und Sebastian Herbst aus Berlin und Babelsberg im Rahmen des RESONANCE-Programms an einem gangbaren, die Ressourcen und die Mitarbeitenden wertschätzenden Weg, deutsch-französischer Drehbuchförderung. Bei einem Videocall erzählten die beiden jetzt – kurz vor der großen RESONANCE-Abschlussveranstaltung mit allen Teilnehmenden in Nancy – anschaulich, was die Hindernisse, aber vor allem die Vorteile sind, Werkzeuge zu entwickeln, die genuin europäische Drehbücher in stimmigen Kooperationen ermöglichen.

Von Harriet Wolff

Eins ist schon mal klar: Marie und Sebastian haben das übergreifende Motto von RESONANCE beim Wort genommen, eine „Plattform für Kultur- und Kreativwirtschaft in Europa“ zu werden. Ihr engagiertes Projekt, das „Barrieren im Kopf“, wie es Marie nennt, ebenso wie Grenzen im länderübergreifenden Wirtschaften sprengen will, ist ein spannender Grenzgänger. „Sagen wir es so – wir sind uns nah und gleichzeitig fern genug, vielstimmig Interessantes zu kreiieren“, erklärt Sebastian schmunzelnd und Marie ergänzt auf dem Bildschirm: „Wir wollen mit unserer Drehbuchplattform weg vom Starkult amerikanischer Serienproduktionen.“ In den USA ist der „Writers Room“ die Normalität. Er besteht, so beschreibt es das RESONANCE-Tandem auch in seinem informativen Manifest aus einer „Handvoll von Drehbuchautoren, die für einen sogenannten Showrunner arbeiten, der gottgleich das Sagen hat in allen Entscheidungen, die das Serienprojekt betreffen.“

In Europa wird, so führen es Marie und Sebastian weiter anschaulich aus, diesem vertikalen Arbeitsprozess hinterhergeeifert. Doch letztlich bleibt auf dem Kontinent, nach Erfahrung der beiden, der Serienproduktionsprozess „nebulös“, besonders wenn es um die Schöpfung von „multinationalen Serien“ geht. Genau hier setzt das gemeinnützig gegründete „Kollaborativ.“ an. Es will, unteranderem phasenweise finanziell von RESONANCE unterstützt, „fundamentale Pfeiler“ errichten einer wertschätzenden Zusammenarbeit von Drehbucherschaffenden, Produktionsfirmen, Streamingdiensten und Sendern. „Wir wollen weg von diesem Genie-Kult, diesem Signature-Hype“, bringt es Marie auf den Punkt.

Außerdem will „Das Kollaborativ.“ Projekte, ob Kurzfilme oder Serien, ermöglichen und anstoßen, die nicht nur den Mainstream-Geschmack triggern. Projekte, die nicht vorrangig bei den Zuschauenden die Weltflucht, den Eskapismus aus Krisen fördern. „Progresse Narrative, die hilfreich sind für unsere komplizierte Zeiten“, benennt es Sebastian.

Darüber hinaus plant „Das Kollaborativ.“, die Vorarbeit an Serienprojekten möglichst früh im Erschaffungsprozess bereits gerecht zu honorieren, was bis jetzt in der Realität meist nicht der Fall ist. Viele Drehbuchschaffende, so beschreibt es auch das Manifest, sind prekär unterwegs.

Zwischen Toulouse, dem Lebensmittelpunkt von Marie, die dort neben ihrer dichten Arbeit an Kurzfilmen und Serien auch an der dortigen Uni Drehbuchschreiben lehrt, und Babelsberg, wo Sebastian seine eigene Produktionsfirma arkanum pictures betreibt, entstand erstmal das schon skizzierte Manifest zu einem „Deutsch-Französischen Co-Development Programm“. In prägnant weißer Schrift auf schwarzem Grund dekliniert es die Barrieren, jedoch viel stärker die Chancen durch, die ein solches kreatives Unterfangen bietet.

In einem Online-Treffen sprechen Sebastian Herbst und Marie Maillos mit der Journalistin Harriet Wolff

Zwischen Babelsberg und Toulouse: Marie Maillos und Sebastian Herbst sprechen mit der Journalistin Harriet Wolff | © Harriet Wolff

Und es stellt auch ein spannendes, fünfstufiges Programm vor, in dem zum Beispiel eine deutsch-französische Kerngruppe von sechs Menschen an einem Drehbuchprojekt arbeitet: Jeweils zwei Autor*innen aus den beiden Ländern und je ein*e Produzent*in aus Deutschland oder Frankreich. Von einem ersten dreitägigen Kennenlernen und Brainstorming ganz im Westen Frankreichs in Okzitanien, über Denk- und Schreibphasen bis zu einem insgesamt zweiwöchigen Aufenthalt im Berliner Umland, als „Workation“ gedacht und technisch auch durch Knowhow der Babelsberger Filmstudios unterstützt, zielt alles darauf ab, kreative Kurz- und Langzeitprozesse zu ermöglichen, ohne in sie „auf destruktive Weise“ einzugreifen, wie es im Manifest heißt. Denn oft, so erzählen es auch Sebastian und Marie im Videocall, herrsche beim Drehbuchschreiben und in der Serienproduktion eine ungute „Top-Down-Mentalität“, wo es eigentlich darum gehen müsste, „so frei wie möglich“ und ohne produktionsbedingte Scheren im Kopf an Projekte zu gehen.

Was nun sind die Vorteile, universelle Werkzeuge zu entwickeln, die gemeinschaftliche europäische Drehbücher in stimmigen Kooperationen ermöglichen? Für die beiden RESONANCE-Teilnehmenden ist klar: „Sie helfen dabei, Verbindungen zwischen dem französischen und deutschen Kultursektor, auch dezentral und in den Regionen, so noch stärker auszubauen. Sie helfen aber auch, Sprachbarrieren zu reduzieren“. Sei es durch das Benutzen von Englisch als Arbeits-Idiom oder das Matchen von bi-nationalen Gruppen, die sich jeweils sicher in Französisch oder Deutsch als gemeinsamer Teamsprache fühlen. „Wir haben noch einen langen Weg vor uns zu wirklichen gemeinsamen europäischen Medien“. Arte TV zum Beispiel sei ein wichtiger Pfeiler darin, habe aber auf deutscher Seite wesentlich weniger finanzielle Mittel als auf französischer.

Was motiviert Marie und Sebastian auf ihrem weiten, spannenden Weg? Den beiden geht es fühlbar um ein soziales Moment – um eine „verstärkte Sichtbarkeit“ von Drehbuchautor*innen in der europäischen Film- und TV-Industrie. Und einige, die eben nicht, wie ein paar wenige, Starstatus in ihrem Metier haben, sollen mit Hilfe von „Das Kollaborativ.“ nachhaltig und menschlich zugewandt besser gefördert werden. „Dafür tüfteln wir an einem nicht versiegenden, einem wachsenden Wissenkatalog …“ – bonne continuation, Marie und Sebastian!

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