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Marine de Beaufort im Gespräch
Umweltfreundlich die Welt entdecken

Schöne Landschaften mit dem Fahrrad zu entdecken, sorgt nicht nur für weniger CO2-Ausstoß, sondern schont aucht die Tier- und Pflanzenwelt vor Ort.
Schöne Landschaften mit dem Fahrrad zu entdecken, sorgt nicht nur für weniger CO2-Ausstoß, sondern schont aucht die Tier- und Pflanzenwelt vor Ort. | Foto (Ausschnitt): Public Domain CC0

Angesichts der „Fridays For Future“-Demonstrationen und der aktuellen Debatten, wie man etwas für die Umwelt tun kann, fragen sich viele, ob sie beim nächsten Urlaub besser den Zug nehmen sollten, statt das Auto oder das Flugzeug. Aber was bedeutet es eigentlich umweltfreundlich zu reisen? Mit Marine de Beaufort, Gründerin von Voy'Agir, einem Unternehmen, das sich zum Ziel gesetzt hat, Menschen dabei zu helfen, verantwortungsbewusster zu reisen, sprechen wir über die Freude am Reisen und umweltfreundliche Tourismuspraktiken.

Von Lena Kronenbürger

Frau de Beaufort, warum ist Reisen wichtig?

Wenn man reist, ist man offener und aufmerksamer, weil man nicht mit den kleinen oder auch großen Alltagssorgen beschäftigt ist. Man reist, um schöne Landschaften zu sehen und vor allem, um eine andere Kultur kennenzulernen. Dabei sieht man viele Dinge, die nicht Teil unseres Alltags und der Gesellschaft sind, in der wir leben. Manchmal werden wir beim Reisen auch mit Umweltverschmutzung, sozialen Problemen oder Armut konfrontiert. Durch diese Erlebnisse entwickelt sich häufig der Wunsch, gewisse Dinge zu verändern und Lösungen zu finden. Diese Bereitschaft zur Veränderung, dieses Bewusstsein, nehmen wir auch mit nach Hause. Das ist für mich der erste wesentliche Schritt, um zu einer nachhaltigeren Welt beizutragen. Wenn man sich Menschen ansieht, die sich wirklich sehr aktiv für die Umwelt und die Gesellschaft im Allgemeinen einsetzen, dann fällt auf, dass sie alle viel gereist sind. Darüber hinaus darf nicht vergessen werden, dass der Tourismus positive Auswirkungen auf den Umweltschutz, auf gesellschaftliche Prozesse und natürlich auf die Wirtschaft hat. Es liegt auf der Hand, dass der Tourismus eine große Industrie ist, von der viele Entwicklungsländer sehr abhängig sind, und es viele Menschen gibt, die vom Tourismus leben. Woran jedoch nur wenige denken, ist, dass es auch viele Naturschutzgebiete gibt, die deshalb geschützt sind, weil sie einen touristischen Wert haben, während sie es nicht mehr wären, wenn wir aufhören würden zu reisen.
 

Das Vallée de la Vézère in der Dordogne ist als UNESCO Welterbe ein beliebtes Ziel für Touristen. Das Vallée de la Vézère in der Dordogne ist als UNESCO Welterbe ein beliebtes Ziel für Touristen. | Foto (Ausschnitt): David Delesalle
Wie kann man „nachhaltiges Reisen“ auf den Punkt bringen?

Nachhaltiges Reisen oder nachhaltiger Tourismus ist ein Tourismus, der wirtschaftlich, ökologisch und sozial tragfähig ist und sich so entwickelt, dass auch zukünftige Generationen davon profitieren können. Das gilt ebenso für die lokale Bevölkerung, damit zukünftige Generationen im Tourismus arbeiten können, wie auch für uns, damit es unseren Kindern möglich ist, verschiedene Orte zu bereisen. Für mich ist ein nachhaltig Reisender jemand, der beim Entdecken stets Respekt vor der lokalen Bevölkerung und der lokalen Umwelt hat.  

Stichwort Fridays For Future: Hat die Bewegung das Bewusstsein vieler Menschen für nachhaltiges Reisen verändert?

Ich glaube nicht, dass Fridays For Future das Bewusstsein und das Verhalten verändert hat. Es ist nicht die Bewegung, die die Menschen sensibilisiert. Ich denke, es sind viel mehr die Erfahrungen, die wir täglich machen, und die Menschen, denen wir begegnen, die uns sensibilisieren.

Ändert sich die aktuelle Einstellung denn momentan grundlegend zugunsten eines nachhaltigen Tourismus?

Ja, in zweierlei Hinsicht. Auf der einen Seite haben wir sehr engagierte Menschen, die die Art und Weise, wie sie reisen, völlig verändern werden, die irgendwann sogar aufhören werden zu reisen, vor allem mit dem Flugzeug, und die eher radikale Entscheidungen treffen werden. Ich persönlich bin da weniger radikal und auch wenn die Idee nicht neu ist, habe ich zum Beispiel beschlossen, nur noch einmal im Jahr zu fliegen, und zwar für eine mindestens einmonatige Reise, sonst lohnt es sich nicht. Das ist überhaupt nicht radikal, ich habe mich nicht dazu entschieden, nie wieder zu fliegen. Genauso wie ich mich nicht dazu entschließe, Vegetarier zu werden, weil ich Fleisch wirklich mag, aber ich bin Flexitarier, das heißt, ich esse höchstens ein- bis zweimal pro Woche Fleisch oder Fisch und dann wirklich qualitative und lokale Produkte. Das bin ich, das ist meine Art zu leben: Ich genieße weiterhin, ob es das Reisen oder Fleisch ist, aber auf eine völlig bewusste und vernünftige Weise.

Und wie hat sich die Einstellung derjenigen, die vielleicht weniger engagiert sind, verändert?

Andere in der Bevölkerung werden anfangen, die Art und Weise, wie sie reisen, kritisch zu hinterfragen und sie werden versuchen, einen positiven Einfluss zu haben. Diese Menschen werden sich also zum Beispiel während ihrer Reise ehrenamtlich engagieren wollen. Für diesen Teil der Bevölkerung müssen die eingeschlagenen Wege im Grunde so bleiben, wie sie immer waren und nur etwas angepasst werden. Wenn es manche Menschen zum Beispiel gewohnt sind, in Vier-Sterne-Hotels einzuchecken, werden sie weiterhin solche aufsuchen, aber wenn sie ein Vier-Sterne-Hotel finden, das einen Teil seines Gewinns an ein Dorf oder eine Schule spendet, werden sie dieses gerne wählen, ganz ohne ihre Gewohnheit ändern zu müssen.

Wie reisen Sie am liebsten?

Mein Partner und ich, wir reisen gerne sehr langsam, im Prinzip leben wir die Philosophie des Radtourismus. Wir bleiben gerne lange an einem Ort und versuchen, die Atmosphäre und die Kultur intensiv wahrzunehmen. Sehenswürdigkeiten gestresst abzuklappern gehört nicht dazu. Wir sind richtige Bagpacker: kleines Budget, Rucksack, nicht sehr luxuriös. Wir möchten das Land entdecken und dafür gibt es wirklich keinen Grund für uns, in einem Vier-Sterne-Hotel zu schlafen. Unsere letzte Reise dauerte acht Monate und in dieser Zeit bereisten wir „nur" drei Länder, nämlich Panama, Kolumbien und Ecuador.

n einem Ort länger zu bleiben, bedeutet nicht, alles zu besuchen, es bedeutet auch nicht, alles gesehen zu haben, sondern tief in die Kultur und die Atmosphäre vor Ort eingetaucht zu sein. Das ist unsere Art zu reisen und das gilt sowohl für Kolumbien als auch für Saint-Guilhem-le-Désert, ein Dorf, das nur eine Stunde von unserem Zuhause entfernt ist.

Was ist ihr Lieblingsort auf der Welt?

Es gibt zwei Umgebungen, in denen ich mich eins mit der Natur fühle: im Dschungel und am Meer. Dort gibt es eine ohrenbetäubende Stille, die extrem laut ist. Man hört dort viele Geräusche - die Geräusche der Natur - die ich sehr liebe.
Inoxstrohhalm und -trinkflasche, Stoffbeutel, Konservenglas, waschbare Reinigungspads und Haarseife: Diese Accessoires dürfen auf keiner Zero-Waste-Reise fehlen! Inoxstrohhalm und -trinkflasche, Stoffbeutel, Konservenglas, waschbare Reinigungspads und Haarseife: Diese Accessoires dürfen auf keiner Zero-Waste-Reise fehlen! | Foto (Ausschnitt): Marion chrlt CC-BY-SA-4.0
Wie kann ich noch ohne schlechtes Gewissen reisen?

Dies ist der eigentliche Zweck von Voy'Agir, meinem Unternehmen, das darauf abzielt, Menschen beim verantwortungsbewussteren Reisen zu unterstützen. Es ist eine Plattform für nachhaltigen Tourismus, auf der jeder Adressen austauschen kann, indem er oder sie erklärt, wie dieser Tipp zu einem verantwortungsbewussteren Tourismus beiträgt. So findet man dort zum Beispiel eine Hütte mit einer Regenwassernutzungsanlage genauso wie das Café bei sich um die Ecke, in dem der Zucker nicht einzeln in Plastik verpackt ist, sondern sich in Glasbehältern befindet. Dabei geht es nicht darum, den Menschen, die reisen, ein gutes Gewissen zu geben, sondern darum Menschen, die reisen möchten, zu unterstützen, damit sie weiterhin reisen können, ohne ihre umweltbewussten Werte aufzugeben. Das Erste, was wir tun müssen, wenn wir reisen, ist, unsere guten Angewohnheiten nicht aufzugeben. Ich bin es zum Beispiel gewohnt, zu Hause keinen Abfall zu produzieren. Das gleiche Prinzip gilt für mich, wenn ich reise.

Was sollte der erste Schritt bei der Planung einer nachhaltigen Reise sein?

Der erste Schritt bei der Planung einer nachhaltigen Reise ist natürlich die Wahl des Reiseziels, denn es gibt Reiseziele, die unter Overtourism (Übertourismus) leiden, wie zum Beispiel Venedig oder Barcelona. Die Einheimischen ertragen die Menge der Touristen nicht mehr, vor allem, weil diese vielen Touristen die lokale Lebensweise der Menschen vor Ort verändern. Diese Touristen haben in dieser Menge enorme ökologische Auswirkungen. Wenn die Anzahl der Bewohner durch die Touristen fünfmal so hoch wie üblich ist, ist auch der Abfall fünfmal so viel und ebenso der Wasser- wie auch der Stromverbrauch.

Manchmal muss man ein Ziel aufgeben, das uns besonders anzieht. Wenn wir unser Gewissen rein halten wollen, müssen wir verstehen, wie man „Opfer bringt" und das bedeutet, zum Beispiel, nicht auf den Machu Picchu zu gehen.

Was sollten Sie zu Hause lassen bevor Sie zu einer nachhaltigen Reise aufbrechen?

Abfall, der möglicherweise beim Reisen vor Ort bleibt. Ansonsten: Jede Art von Verschlossenheit muss hinter sich gelassen werden. Nur so kann man eine nachhaltige Reise in vollen Zügen genießen, aktiv daran teilnehmen und auch die Idee, gewisse Dinge zum Positiven hin verändern zu wollen, mit nach Hause nehmen. 

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