Was kann man von „den Deutschen“ lernen? Was haben "die Deutschen" noch zu lernen?
Online
Für viele Länder galt das "deutsche Modell" der Vergangenheitsbewältigung im Hinblick auf den Holocaust lange Zeit als vorbildlich. Sie sahen, dass dieses auch als Modell für die eigenen "schwierige Kapitel" dienen könnte. Doch in den letzten Jahren kam das Bild einer profunden Aufarbeitung der Deutschen Geschichte zunehmend ins Wanken: Die Debatte um das Humboldt-Forum zeigte, dass man in Deutschland andere Kapitel, wie etwa die eigene koloniale Vergangenheit, weitgehend ausgeblendet hatte. Dies löste die Frage aus, wie die verschiedenen Gewaltgeschichten zueinander in Beziehung gesetzt werden können und ob, wie Michael Rothberg es formuliert, Erinnerungen an Gräueltaten in einem hierarchischen Verhältnis zueinander stehen müssen. Zudem hat der Aufstieg des Populismus in Deutschland zu einer Renaissance vermeintlich überwundener Narrative geführt, die "schwierige Kapitel" ganz vermeiden und stattdessen andere, "glorreichere" Momente der Vergangenheit in den Mittelpunkt stellen wollen.
Was bedeutet dies? Kann die deutsche Aufarbeitung der nationalsozialistischen Gräueltaten noch als Modell dafür dienen, wie andere Länder mit ihrem Erbe umgehen können? Inwieweit ist das Modell der "Vergangenheitsbewältigung" in postmigrantischen Gesellschaften noch relevant? Welche anderen "Geschichten" müssen geschrieben werden? Wie können wir uns von konkurrierenden Modellen der Geschichtsschreibung lösen? Und welche Instrumente haben wir, um mit populistischer oder gar extremistischer Kritik an zeitgenössischen Formen der Vergangenheitsbewältigung umzugehen?
Dieser Runde Tisch bringt vier führende Expert*innen aus Deutschland, den USA und Großbritannien zusammen, um diese wichtigen Fragen unserer Zeit zu diskutieren: Corinne Fowler, Susan Neiman, Michael Rothberg und Mark Terkessidis. Moderiert wird die Sitzung von Samira Ahmed von BBC Radio 4.
In Kooperation mit dem Deutschen Historischen Institut London. Weitere Informationen zu ihrer Summer Lecture Series 2021 finden Sie hier.