Chronik

Die Stadt, die Wärme ausstrahlt

Sajjad Sharif  - Foto: Goethe-Institut

Ich wurde vom Internet getäuscht. Vor meine Reise nach Berlin verriet mir meine Web-Suche, dass die Temperatur dort im Durchschnitt 23 Grad beträgt. Nachts aber fiel sie für mich völlig überraschend auf ziemlich kühle zehn Grad. Das war der Auftakt für weitere unerwartete Erfahrungen.

In Berlin kam ich am Vorabend von Hendrik Jacksons Geburtstag an. Er ist ein Lyriker, den ich während des Poets Translating Poets-Workshops in Dhaka kennengelernt hatte. Wir freundeten uns damals an und wollten nun, an diesem kühlen Abend, seinen Geburtstag feiern. Die Partygäste warteten bereits, während er selbst auf mich in der Hotelhalle wartete, wie immer begeistert und glücklich. Eine Umarmung, und schon waren die Strapazen der achtzehnstündigen Reise wie verflogen.

Die Party begann gegen Mitternacht mitten in einem Park. Wind blies vom wolkenlosen Himmel durch die Blätter der umstehenden Bäume. Dann kamen die Freunde – Albaner, Belarussen, Kasachen, Deutsche (und dazu jetzt noch ein Bangladeschi) – mit Wein, Kleinigkeiten zum Essen und einem Füllhorn voller Liebe. Unter ihnen waren Lyriker, ein Galerist, ein Filmemacher, ein Theatermacher. Für mich war es wie eine Feier der menschlichen Vielfalt… des Geistes der Poesie…

Diese Wärme vertrieb schnell all meine Kälte und Müdigkeit. Berlin strahlt Wärme aus. Berlin, jene Stadt, die Abweichung und Andersartigkeit und menschliche Möglichkeiten feiert. Das Gespräch, das wir – die kannadische Dichterin Mamta Sagar, der nepalesische Dichter Rajendra Bhandari und ich – öffentlich zwei Tagen später führten, wurde ein Teil von dem, was Ausdruck dieser Stadt selbst ist. Verschiedene Meinungen, die auf der einzigartigen Bühne der Poesie vertreten werden.

Sajjad Sharif
Berlin, den 12. Juni 2016