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Berlinale-Blogger 2020
Liebesbrief an Berlin

Paula Beer und Franz Rogowski in Christian Petzolds Film „Undine“
Paula Beer und Franz Rogowski in Christian Petzolds Film „Undine“ | Foto (Detail): © Hans Fromm / Schramm Film

Christian Petzold kehrt in das Wettbewerbsprogramm der Berlinale mit einer neuen Interpretation des Undine-Mythos zurück, deren Epizentrum Berlin ist.

Von Ieva Šukytė

„Wenn du mich verlässt, dann muss ich dich töten“, sagt Undine (Paula Beer) zu ihrem Freund Johannes (Jacob Matschenz) in einem Café in der Nähe des Stadtmuseums Berlin. Der deutsche Filmregisseur Christian Petzold, der der Berliner Schule zugerechnet wird, wechselt nach drei geschichtlichen Themen gewidmeten Filmen in seinem neuen Film zum Mythos und wählt die mythologische Erzählung über Undine Erzählung als zentrale Achse seines Films.

Mythos der Stadt und Mythos einer Frau

Undine ist Historikerin und freiberufliche Museumsführerin im Stadtmuseum Berlin. Schon der Name Undine und auch die erste Szene verraten, dass Undine keine einfache Frau ist, sondern ein bekanntes Wesen aus der Mythologie. Zwar basiert die Geschichte auf Erzählungen der deutschen Romantik sowie der Erzählung „Undine geht“ (1961) der österreichischen Schriftstellerin Ingeborg Bachmann, in dem die Autorin Undine eine Stimme verleiht und aus ihrer Perspektive spricht. Undine will nicht in den See zurückkehren, aus dem sie einst gestiegen ist, aber will auch nicht den Mann töten, der sie verraten hat, indem er sich mit einer anderen Frau eingelassen hat. Stattdessen will sie in der Stadt leben, die sie gut kennt, Berlin, und dort ihre Liebe finden. Eines Tages folgt ihr nach der Führung Christoph (Franz Rogowski) in ein Café, in dem er Undine vor einem zerberstenden Aquarium rettet. Zwischen den Hauptprotagonisten entflammt eine Liebe, die von sehnsüchtigen Abschieden am Bahnhof, Unterwassertauchen und Erzählungen über die Geschichte Berlins begleitet wird.

Parallelen zwischen „Undine“ und „Transit“

Undine Szene aus dem Film „Undine“ von Christian Petzold bei der Berlinale 2020 | Foto (Detail): © Hans Fromm / Schramm Film

Für Petzold ist „Undine“ in Teilen eine Fortsetzung der Liebesgeschichte aus „Transit“. In diesem Film wurden die Hauptrollen auch von Franz Rogowski und Paula Beer gespielt, die wohl die langjährige Muse Petzolds, Nina Hoss, und Ronald Zehrfeld ersetzt haben. Am Ende von „Transit“ wartet Georg im Hafen auf Marie, die– wie es sich erst später herausstellt –  auf einer Schiffsfähre befand, die untergegangen ist. In „Undine“ steigt die Protagonistin aus einem See und Christoph, ihr Geliebter, der als Taucher Turbinen unter Wasser repariert, wird nach einem Tauchgang, in dem er 12 Minuten ohne Sauerstoffversorgung blieb, ins Krankenhaus gebracht – nahezu ohne Hoffnung auf ein Überleben. Im Film wird die Rolle von Christophs Mitarbeiterin Monika von der Schauspielerin Maryam Zaree gespielt. Sie verkörperte in „Transit“ die Frau des verstorbenen Freundes von Georg. Die Rollen dieser Darsteller werden in der „Undine“ umgedreht: Monika bleibt am Ende des Films mit Christoph zusammen und so erhält ihre Beziehung ein anderes Ende.

Undine taucht unter in Berlin

Franz Rogowski in Christian Petzolds Film „Undine“ Franz Rogowski in Christian Petzolds Film „Undine“ | Foto: (Detail) © Hans Fromm / Schramm Film
Anders als in seinen früheren Filmen fügt Petzold dem Drehbuch lustige Szenen bei, die auf einer natürlichen Weise in die Erzählung einfließen. Als Christoph Undine, die kurz vorm Ertrinken ist, rettet, beatmet er sie, im Hintergrund spielt das Liedes „Stayin‘ Alive“ von den Bee Gees; das Lied hören sich beide später im Bett gemeinsam an. Allerdings vermisst man  am Ende des  90 Minuten langen Films etwas. Abgesehen von den wunderbaren Bildern, die Hans Fromm als Kameramann für uns gedreht hat,  vor allem seinen Unterwasserszenen, erfahren die Zuschauer nicht allzu viel über Undine selbst, die den Film von anderen filmischen Bearbeitungen des Mythos unterscheiden. Die Führungen im Stadtmuseum erzählen uns eine langjährige Geschichte der Stadt Berlin, die über einem Sumpfgebiet entstanden ist, jedoch fällt es schwer, sie mit dem Hauptfaden der Liebesgeschichte zu verbinden.
 

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