Drei Goethe-Institute aus Nordafrika und dem Nahen Osten werden von drei Goethe-Instituten aus Mittel- und Osteuropa eingeladen, gemeinsame Kulturprogramme zu machen:
Beirut > Bratislava
Kairo > Vilnius
Amman > Prag
Die Welt wächst zusammen. Geschehnisse an einem konkreten Ort bleiben in ihren Auswirkungen selten auf diesen beschränkt. Im gleichen Maße wie uns das Internet ein Gefühl globaler Simultaneität suggeriert, spüren wir die heftigen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Veränderungen über nationalstaatliche Grenzen hinaus. Die neue, unerwartet plötzliche Konfrontation mit Phänomenen der Globalisierung bleibt nicht ohne Folgen. Die Wirtschafts- und Finanzkrisen sowie die totalitären Regimewechsel und Kriege in unmittelbarer Nachbarschaft haben die Migrationsbewegungen nach Europa anwachsen lassen. Das verstärkt Tendenzen von Überwachung, Renationalisierung und Populismus. Anti-europäische und ethnozentrische Bewegungen und Parteien erfahren nicht nur politische und institutionelle Landgewinne. Sie haben es darüber hinaus geschafft, über das Schüren von Ängsten die politisch-mediale Landschaft zu dominieren.
In Verteidigung einer offenen und demokratischen Gesellschaft ist diesen immunologischen Reaktionen ganzer Länder nur durch die direkte Begegnung von Menschen beizukommen. Neue Aktionsformen und Allianzen sind gefordert. Denn es besteht ein Defizit an positiven Momenten kultureller Vielfalt.
Für das Goethe-Institut als deutsches Kulturinstitut mit internationaler Präsenz entsteht daraus die Herausforderung, Kulturarbeit nicht länger im vorwiegend bilateralen Kontext zu leisten, sondern multipolare Zugänge zur Welt und zur Wahrnehmung von Wirklichkeiten zu schaffen. Drei Institute aus Mittel- und Osteuropa - Vilnius, Bratislava und Prag – haben jeweils eine Carte Blanche an ein korrespondierendes Institut in der Region Nordafrika/Naher Osten - Kairo, Beirut und Amman – vergeben und damit das Mandat erteilt, für einen vorher festgelegten Zeitraum das Programm vor Ort mitzugestalten und Aktivitäten auch räumlich nach Mittel- und Osteuropa zu verlagern: Kairo geht in den Austausch mit Vilnius, Beirut bespielt Bratislava und Amman macht Programm in Prag.
Die temporäre Präsenz dreier arabischer Goethe-Institute im Zentrum Europas erzeugt produktive Kurzschlüsse zwischen Vertrautem und Unbekanntem. Künstler/-innen und Aktivist/-innen aus der arabischen Region werden zu führenden Akteuren einer kulturellen Bearbeitung dieses Prozesses. So entsteht Raum für menschliche Begegnungen, Verständigung und den Abbau von Ängsten. Das von einer Stadt in die andere transferierte Programm des Goethe-Instituts garantiert einen unmittelbaren, ungefilterten und teleskopartigen Einblick in das Geschehen des arabischen Kulturraums und soll zeigen, wie tief Europa mit diesem verbunden ist.