© Suhrkamp
Der letzte Monat des Kriegs. Die zwölfjährige Luisa flieht mit ihrer Mutter und ihrer großen Schwester aus Kiel aufs Land, auf ein Gut in Schleswig-Holstein, wo die Familie vor der Bombardierung erst einmal in Sicherheit ist. Dennoch ist in jenen Tagen in Deutschland kein Ort weit genug entfernt, als dass der Krieg nicht radikal in das Leben der Menschen eingreifen würde. Luisa muss nicht zur Schule gehen, über ihrem Kopf fliegen die Bombenflugzeuge ostwärts, Flüchtlinge ziehen durch das Land und das junge Mädchen ist dazu gezwungen, die Welt voller Raub, Mord und Vergewaltigung als Bestandteil seines Heranwachsens wahrzunehmen. Und nach einem furchtbaren Verbrechen, was sie am eigenen Leib erfährt, bricht Luisa zusammen.
In dem sprachlich meisterhaften Text, der bereits vielmals gelesene und gehörte Gräueltaten beschreibt, wird besonders die zweite Erzählebene betont, auf der der Autor einen Gelehrten die Schrecken des Dreißigjährigen Kriegs wiedergeben lässt. Das Motiv der Wiederholung von Verbrechen in der Geschichte, die Menschen auch an ihren Nächsten begangen haben, ist tiefgreifend und schmerzlich brillant. Rothmanns Roman bietet mehr als nur Widerstand den herzlosen Menschen gegenüber: Er zeigt, mit welcher Kraft Literatur über unseren Geist und unser Herz herfallen kann.