Marcin Wilk empfiehlt
Tiere Im Nationalsozialismus
Hitler hat seine Schäferhündin Blondi wirklich geliebt. Er bekannte sogar einmal, dass sie neben Eva Braun seine einzige Freundin sei. Allerdings ist das keineswegs als Beweis für Hitlers Tierliebe zu werten. Jan Mohnhaupt erklärt in seinem Buch über Tiere in der düsteren Zeit des Dritten Reichs, dass Hitler auch in Bezug auf Hunde Rassist war. Er mochte Schäferhunde (wie Blondi) – Bulldoggen und Boxer missfielen ihm.
Schlimmer als Hitler war diesbezüglich natürlich der begeisterte Jäger Hermann Göring. Im Netz sind zahlreiche Bilder dieses selbstzufriedenen Killers zu finden, wie er einen gelungenen Beutezug feiert, zum Beispiel im Wald von Białowieża, wo – noch vor 1939 – diese armselige Vergnügung Vertreter schon bald darauf verfeindeter Nationen einte.
Die Geschichte von Beziehungen ist ohnehin kompliziert, aber der Fall der Beziehungen zwischen menschlichen und nichtmenschlichen Tieren scheint noch komplizierter. Mit umso größerer Bewunderung habe ich Mohnhaupts Buch gelesen. Seine historische Reportage ist nicht nur eine Erzählung über das Verhältnis bekannter NS-Würdenträger zu Tieren, sondern oft ein dramatischer Bericht – über Kartoffelkäfer als Kriegswaffe, Katzen als „Juden unter den Tieren“ (notabene: aufgrund judenfeindlicher Verordnungen musste Victor Klemperer seinen geliebten Kater Muschel einschläfern lassen) oder Schweine, die für Propagandazwecke herhalten mussten. Tiere wurde oft instrumentell behandelt, schlimmer noch, nicht viel hat sich darin seit 1945 geändert, jedenfalls interessiert sich die öffentliche Meinung kaum für diese Seite der Geschichte.
Das Buch Tiere im Nationalsozialismus macht bewusst, dass es in der Geschichte des Dritten Reichs, die doch schon so oft und auf unterschiedliche Weise beschrieben worden ist, noch immer Bereiche gibt, die besonderer Aufmerksamkeit und einer vertieften Auseinandersetzung bedürfen.
Hanser Verlag
Jan Mohnhaupt
Tiere Im Nationalsozialismus
Hanser Verlag, München, 2020
ISBN 978-3-446-26404-5
256 Seiten
Rezensionen in den deutschen Medien:
Perlentaucher
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Mitteldeutscher Rundfunk
Deutschlandfunk
Der Spiegel