Münchhausen
Dunte: Wo der „Lügenbaron“ die Liebe seines Lebens fand

Museum „Münchhausens Welt“ in Dunte
Museum „Münchhausens Welt“ in Dunte | © Goethe-Institut Riga; Foto: Alexander Welscher

Die Legenden, Abenteuer und Märchen des „Lügenbarons“ Münchhausen kennt wohl fast jeder. Einige davon soll er – keine Lüge – in Dunte erlebt haben. Sechs Jahre lebte er dort mit seiner ersten Frau.

Von Alexander Welscher

Als märchenhafter Erzähler, Schwärmer und Schwätzer mit Freude am Fabulieren erlangte er Weltruhm. Mit einer Meerschaumpfeife im Mund und einem Glas Punsch in der Hand gab Hieronymus Carl Friedrich Freiherr von Münchhausen (1720–1797) in geselliger Runde gerne abenteuerliche Geschichten aus seiner Zeit im russischen Regiment zum Besten, die er mit überbordender Fantasie auszuschmücken wusste.

Einige davon erlebte er vermutlich in Dunte im heutigen Lettland. In Andenken an den berühmten „Lügenbaron“ befindet sich dort die „Minhauzena pasaule“ – lettisch für „Münchhausens Welt“. Nur einen Kanonenkugelritt von Riga entfernt wurde dort am 32. Mai 2005 in seinem wieder aufgebauten Gutshaus das zweite Münchhausen-Museum der Welt eingerichtet – nach jenem in seinem niedersächsischen Geburts- und Sterbeort Bodenwerder.

In Dunte hatte Münchhausen damals die Liebe seines Lebens gefunden. Bei einem Jagd-Ausflug in dem etwa 60 Kilometer nördlich von Riga gelegenen Ort hatte er seine erste Frau Jacobine von Dunten kennengelernt. Am 2. Februar 1744 heiratete er die Tochter eines deutsch-baltischen Landadeligen – der Eintrag im Kirchenregister ist erhalten geblieben. Sechs Jahre lebte das Ehepaar Münchhausen auf dem Gutshof der Familie, ehe es 1750 nach Bodenwerder zog. Die kinderlose Ehe hielt 46 Jahre.

Münchhausen war seinerzeit als Offizier in der damals zum Russischen Zarenreich gehörenden Garnisonsstadt Riga stationiert. Als junger Adelsspross und Edelknabe am Hof des Herzogs von Braunschweig-Wolfenbüttel hatte er zuvor das Abenteuer gesucht. Mit 17 Jahren ging er im Gefolge des herzoglichen Hofes nach Sankt Petersburg, nahm am russisch-türkischen Krieg teil und diente später von 1740 an als Soldat der Zarenarmee in Riga.

Getraut wurde das Paar in der Kirche von Pernigel, dem heutigen Liepupe nahe Dunte, an deren Turmspitze Münchhausen an einem schneereichen Winterabend einmal sein Pferd angebunden haben will. Nachdem die weiße Pracht über Nacht schmolz, musste er seinen Gaul am nächsten Morgen mit einem gezielten Schuss vom zuvor meterhoch mit Schnee bedeckten Kirchturm herunterholen – so zumindest schildert es Münchhausen in seinen „Wunderbaren Reisen zu Wasser und zu Lande”.

Auch andere seiner berühmten Abenteuer soll der Erzähler der „Münchhausiaden“ in Dunte erlebt und in der inzwischen abgebrannten Dorfschänke zum Besten gegeben haben. Im Museum zeigt eine lebensgroße Wachsfigur, wie Münchhausen mit an einer Leine gebundenem Speck einst zehn Enten gefangen haben soll. Auch die Jagdgeschichten mit dem Fuchs, den er mit einem Nagel an dessen Schwanz am Baum festschoss, oder dem Hirsch mit Kirschbaumgeweih könnten sich während Münchhausens Zeit in Dunte zugetragen haben.

Andere Abenteuer sind auf einem kilometerlangen Wanderpfad im Wald neben dem Museum mit geschnitzten Holzskulpturen nachgestellt, ein weiterer Pfad führt zu einem riesigen Münchhausen-Bierkrug. Im Gutshaus selbst gibt es das Boudoir von Jakobine und das Jagdzimmer von Münchhausen zu sehen, im Großen Saal werden unzählige Erinnerungsstücke ausgestellt: Bücher und Nachdichtungen in verschiedenen Sprachen, historische Dokumente und Objekte aus Münchhausens Leben und seinen Erzählungen. Drei der alten Eichen auf dem Anwesen soll der Freiherr sogar noch selbst gepflanzt haben.

Mehr als 380 000 Besucher zählte das nahe der Ostseeküste gelegene Museum bislang seit seiner Eröffnung. Viele von ihnen kommen nicht nur aus Deutschland und den baltischen Staaten, sondern auch aus Russland. In der ehemaligen Sowjetunion ist Münchhausen dank einer Verfilmung seiner Abenteuer im Jahr 1979 bis heute bekannt und populär. Der Offizier der Zarin, der sich am eigenen Schopf selbst aus dem Sumpf zieht, gilt als Vorbild für die Gabe, nicht alles im Leben allzu ernst zu nehmen.

Dass Münchhausens Leben und die Geschichten auch weiterhin im Bewusstsein der Letten verankert sind, zeigt ein Blick in die Gegenwartskultur. Im Sommer 2013 feierte am Theater in Liepāja eine Neuinszenierung des bereits 1941 entstandenen Stücks Premiere: „Minhauzens precības“ („Münchhausens Hochzeit“) – ein Schauspiel über die Liebesgeschichte von Münchhausen und Jacobine. Und auch ein Film über das Leben des wahren Barons in Livland ist in Vorbereitung.

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