Interview
Ülle Laos, Estnische Nationalbibliothek
Trotz ihrer Aufgabe als Expertin für Digitalisierung glaubt Ülle Laos an die Beständigkeit des Bibliothekarberufs. Ihre Prognose: Digitale und technologische Kompetenzen werden stärker gefordert sein, doch während sich die Form der Serviceangebote ändert, bleiben die grundlegenden Prinzipien die gleichen.
Auf welchem Weg sind Sie in die Bibliothek gekommen? Wie wurden sie Bibliothekarin?
Das Angebot in der Bibliothek zu arbeiten erhielt ich, nachdem ich meine Diplomarbeit über alte Bücher im Stadtmuseum Viljandi geschrieben hatte. Mein Betreuer hatte Kontakte zur Nationalbibliothek und sie suchten dort gerade einen Mitarbeiter, der an der Komplettierung der alten Bücher arbeiten könnte. Natürlich nahm ich das Angebot an. Später, als der Fonds alter Bücher komplettiert war, erhielt ich ein neues Angebot. Ich katalogisierte fremdsprachliche Zeitungen. Als 2004 das REUS Projekt anlief, bot sich mir die Chance an der Erstellung eines digitalen Archivs zu arbeiten.
Wenn Sie sich entscheiden müssten, würden Sie eher ein gedrucktes Buch oder ein E-Book lesen? Warum?
Wenn ich Belletristik lese, dann entscheide ich mich natürlich für das traditionelle Buch. Es sei denn ich verreise, dann ist das Tablet praktischer. Zu Hause entscheide ich mich immer für das gedruckte Buch. Doch wenn ich aktuelle Informationen brauche oder einen Überblick über professionelle Lektüre erhalten möchte, dann entscheide ich mich für ein elektronisches Buch. Ich denke, beide Arten von Büchern werden parallel genutzt.
Wie werden die Bibliothek und der Beruf des Bibliothekars in der Zukunft aussehen?
Ich denke, dass sich der Beruf des Bibliothekars nicht so sehr verändern wird. Digitale und technologische Kompetenzen werden gefordert sein. Doch die grundlegenden Prinzipien bleiben die gleichen, es ändert sich nur die Form, in der die Services angeboten werden. Es wir mehr Arbeit im Bereich des Marketings geben.
Beschreiben Sie bitte, wie sich die Lesegewohnheiten der Menschen verändert haben!
Das kommt auf die Situation an. Elektronische Bücher gibt es in vielseitigen Formen, man kann sie auch hören, nicht nur lesen, als Hörbuch. Sie sind sehr variabel. Elektronisch bedeutet nicht immer lesen, sondern z.B. auch anhören oder als Videodatei ansehen. E-Ressourcen bieten viele unterschiedliche Möglichkeiten – wo, wann und wie. In unterschiedlichen Situationen braucht man unterschiedliche Bücher.
Welche Dienstleistungen werden in der Bibliothek der Zukunft am bedeutendsten sein?
Ich denke, dass auch in Zukunft der Informationsservice sehr wichtig sein wird. Informationen sowohl in gedruckter als auch in digitaler Form anzubieten. Das Hauptprinzip ist das gleiche.
Es gibt so viele großartige Bibliotheken auf der Welt. Welche davon ist Ihrer Meinung nach das beste Beispiel für eine gelungene Praxis auf dem Bereich der E-Services und digitalen Ressourcen?
Ich würde gern sagen, dass es unsere Bibliothek ist. Doch diese Antwort wäre nicht realistisch. Trotzdem hoffe ich, dass wir irgendwann einmal das beste Beispiel für eine gelungene Praxis sein werden.