Interview mit Matías Bize: Die Berlinale Residency hat Früchte getragen
Matías Bize ist einer der herausragendsten chilenischen Filmregisseur*innen der neuen Generation, gemeinsam mit Sebastián Lelio, Pablo Larraín, Sebastián Silva und vielen weiteren. Jetzt feiert sein neuster Film „La Memoria del Agua/Die Erinnerung des Wassers“, den er während seiner Teilnahme an der ersten „Berlinale Residency“ entwickelte, Premiere. Nebenbei hat er seine Liebesgeschichte mit Deutschland vertieft.
Mit diesem Drehbuch nahm er an der ersten Berlinale Residency teil, einem Förderprogramm für sechs junge, aufstrebende Filmemacher*innen. Vier Monate lang war er gemeinsam mit einem Iren, einem Israeli, einem Philippinen, einem Iraner und einem Niederländer in Berlin, wo er sein Projekt entwickelte, das nun in Venedig uraufgeführt wird. Der Film wird auch Teil des diesjährigen internationalen Wettbewerbs im Rahmen des Filmfestivals Santiago SANFIC 11 sein, bei dem er gegen Victoria von Sebastian Schipper antreten wird, ebenfalls ein Film, der in einer einzigen Aufnahme gedreht wurde. Tiefgründig und feinfühlig begegnet Matías Bize einem schwierigen Thema und ist sich sicher, dass Die Erinnerung des Wassers sein bislang bestes Werk ist und dass sein Aufenthalt in Berlin dafür ausschlaggebend war.
Was bedeutet Deutschland für dich?
Viel. Es hatte mit der Beziehung zu Adrián zu tun, der in Deutschland lebt. Und auch mit dem Fassbinder-Preis, den ich mit meinem ersten Film in Mannheim gewonnen habe. Es war das erste Festival meines Lebens und es war unvergesslich. Sábado stach sehr hervor, er war etwas Besonderes und hatte diesen Stil eines selbstgedrehten Videos. Danach kam der Film Im Bett, der eine Koproduktion mit Deutschland war, die Endproduktion wurde nämlich in Babelsberg realisiert und hat einen deutschen Förderungsfonds erhalten. Ich war in Berlin und in Köln, um Interviews zu geben und es war eine tolle Erfahrung.
Wie wurdest du für die Berlinale Residency ausgewählt?
Ich habe mich über das Programm informiert und mich im Jahr 2011 mit einem ersten Entwurf von Die Erinnerung des Wassers beworben. Ich war von August bis Dezember 2012 in Berlin, danach nahm ich am Market im Rahmen der Berlinale teil, was super für uns war. Der Film ist eine Koproduktion mit Deutschland (Niko Film), Spanien, Argentinien und Chile. ZDF und Arte haben sich ebenfalls dem Projekt angeschlossen, das bisher noch immer nur aus dem Drehbuch bestand, ebenso die Televisión Española. Das zeugt von der guten Arbeit, die sie in Europa leisten, sie glauben viel frühzeitiger an Projekte, bevor der eigentliche Film überhaupt existiert.
Wie war der Entwicklungsprozess?
Ich kam an mit einer ersten Version, die bereits die gleiche Energie und Emotion des Films hatte, aber noch viel mehr Dialoge und Figuren beinhaltete. Mit Julio Rojas habe ich aus der Ferne gearbeitet, und ich hatte Coral Cruz als Drehbuchberaterin. Sie war bereits Beraterin bei Eine Perle Ewigkeit und ich flog zweimal pro Monat nach Barcelona, um mit Coral zu arbeiten. In diesen vier Monaten nahm das Drehbuch seine endgültige Gestalt an und verfestigte sich. Zur gleichen Zeit geschah es auch, dass Elena Anaya, die mit Almodóvar gearbeitet hat, das Drehbuch las und mir eine fünfseitige Email schrieb, um mir zu sagen, dass sie unbedingt Teil des Films werden wolle. Tatsächlich hat uns das Drehbuch sämtliche Türen geöffnet. Es war wunderbar sich in Berlin hundertprozentig auf das Projekt konzentrieren zu können. Ich mietete eine Wohnung in Kreuzberg. Ich habe sehr viel gearbeitet, aber mich dennoch gezwungen, die Stadt mit dem Fahrrad zu erkunden und das war perfekt. Es war sehr inspirierend, die Leute in ihrem Alltagsleben zu sehen, Berlin kennenzulernen hat mich begeistert.
Was schätzt du am Meisten an dieser Erfahrung?
Es war sehr gut ohne jegliche Ablenkung für den Film zu arbeiten. Ich habe das sehr ernst genommen. Sie haben uns nicht mit irgendwelchen Aktivitäten überhäuft, nur ein paar, wie zum Beispiel ein Zusammentreffen der sechs Teilnehmer*innen, um uns die Filme zu zeigen, die wir gemacht hatten. Wir hatten außerdem ein Gespräch mit Werner Herzog, der kam, nachdem er On Death Row gedreht hatte. Das war unglaublich. Es gab keinen Zwang, keinen Druck. Am Ende der Residency hatten wir ein Treffen mit Leuten der Filmindustrie, um unsere Drehbücher vorzustellen, Feedback zu erhalten und das Potenzial der Projekte einzuschätzen. Für uns lief es super und die Anmerkungen waren sehr hilfreich. Das Beste war das Arbeiten mit Zeit und Ruhe, und auf das Qualitätssiegel der Berlinale zu zählen, welches uns viele Türen öffnete. Berlin hat mich begeistert und ich will mich für ein DAAD-Stipendium bewerben. Ich konnte mich leicht in der Stadt einleben, die Leute waren sehr freundlich. Ich stehe weiterhin in Kontakt zu Deutschland, unser Filmverleih ist Global Screen und sie haben großartige Arbeit geleistet, daher auch die Premiere bei den Filmfestspielen von Venedig.
Matías Bize (1979) studierte an der Escuela de Cine de Chile in Santiago. Sein erster Film Sábado-Das Hochzeitstape (2003) wurde von Adrián Solar produziert und gewann mehrere Preise beim Filmfestival in Mannheim, außerdem lief er monatelang in den deutschen Kinos. Sein darauffolgender Film Im Bett (2005) hatte seine Premiere in Locarno und gewann verschiedene internationale Preise. Danach kam Das Gute am Weinen (2007), der in Barcelona gedreht wurde, und mit Das Leben der Fische (2010) gewann Bize, neben weiteren Auszeichnungen, den Goya-Preis. Im Jahr 2012 nahm er an der ersten Version der Berlinale Residency teil und arbeitete am Drehbuch für Die Erinnerung des Wassers (2015), der an den Venice Days teilnehmen wird, die Abteilung für unabhängige Filme des Festivals von Venedig, außerdem wird er Chile im internationalen Wettbewerb des Filmfestivals SANFIC 11 in Santiago vertreten sein.