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Kulturwirtschaft
Die Berliner Clubszene in Zeiten der Pandemie

Berliner Clubszene
Bereits seit längerem setzt sich die Berliner Clubcomission dafür ein, Clubs als Anlage kultureller anzuerkennen. | © Colourbox

Die Berliner Clubszene zählt zu eben jenen Branchen, die sich aktuell Aufgrund der COVID-19-Pandemie besonderen Herausforderungen stellen müssen.

Die Pandemie, in der wir uns befinden, ausgelöst durch das Corona-Virus COVID-19, hat enorme Auswirkungen auf unseren Alltag, das soziale Leben und die globale Wirtschaft. Viele Branchen sind dadurch soweit beeinträchtigt, dass sie in ihrem üblichen Handeln ganz zum Stillstand gezwungen sind. So wie das Virus an sich, ist es eine Bedrohung für Arbeitsplätze und ganze Existenzen. Trotz Lockerungen und Finanzhilfen ist für viele die Zukunft ungewiss.

Die Berliner Clubszene zählt zu eben jenen Branchen, die sich aktuell besonderen Herausforderungen stellen müssen. Nach verschiedenen Lockerungen der Maßnahmen zur Eindämmung des Virus, hatten einzelne Kulturstätte wieder die Möglichkeit unter strengen Auflagen ihren Betrieb aufzunehmen. Kinos und Museen sind wieder geöffnet, sogar Theater- und Konzertsäle dürfen mit einer Auslastung von 60% seit kurzem wieder öffnen.

Laut der Studie „Clubkultur Berlin“ der Clubcomission Berlin ist die Branche Arbeitgeber von 9.000 Menschen und erwirtschaftete 2017 einen Gesamtumsatz von 168 Millionen Euro.

Sie alle verbindet das gemeinsame Erlebnis in den jeweiligen, meist geschlossenen Räumen, doch der Unterschied zu Clubs zeichnet sich dadurch aus, dass gerade die eng gedrängten Menschen das Erlebnis prägen. Darüber hinaus würde ein Hygienekonzept mit wirksamen Maßnahmen kein lohnendes Geschäftsmodell für die meisten Clubs bedeuten. Längst haben diese für Berlin aber auch eine wirtschaftliche Bedeutung. Laut der Studie „Clubkultur Berlin“ der Clubcomission Berlin ist die Branche Arbeitgeber von 9.000 Menschen und erwirtschaftete 2017 einen Gesamtumsatz von 168 Millionen Euro.

Der Ruf der breitgefächerten Clublandschaft ist auch ein beliebtes Ziel bei Party-Tourist*innen, welche laut der Studie rund ein Drittel der Berlin-Besucher*innen ausmachten. Somit ergeben sich auch Umsatzeffekte auf andere Branchen, wie beispielsweise Gastronomie und Gastgewerbe, wodurch die Studie dem Club-Tourismus einen jährlichen Umsatz von 1,48 Milliarden Euro zuschreibt. Nicht nur Berlins allgemeine Clublandschaft ist ein beliebtes Ziel bei Party-Tourist*innen, auch viele der Clubs selbst sind namentlich weit über die Grenzen der Stadt bekannt. Bekannt, für ihre Kreativität, Diversität und letztendlich für die kulturelle Arbeit, die sie leisten und erschaffen.
  • Wilde Renate Foto: Friederike Elbers
    Wilde Renate
  • Sisyphos Foto: Friederike Elbers
    Sisyphos
  • Rummelsbucht Foto: Friederike Elbers
    Rummelsbucht
  • ://about blank Foto: Friederike Elbers
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Dadurch bieten sie auch Schutzräume, welche durch die zunehmende Verdichtung der Stadt und Gentrifizierungsprozessen in verschiedenen Bezirken der Verdrängung ausgesetzt sind. Bereits seit längerem setzt sich die Berliner Clubcomission dafür ein, Clubs als Anlage kultureller anzuerkennen. In ihrer bisherigen Definition als Vergnügungsstätte fallen sie zusammen mit Spielcasinos und Sexkinos in eine Kategorie. Im Sommer dieses Jahres wurde nun der offizielle Antrag von verschiedenen Fraktionen im Abgeordnetenhaus Berlin gestellt. Demnach soll die Anerkennung als Kulturstätte für Clubs gelten, die ein kuratiertes Programm mit anerkannten Künstler*innen aufweisen, und somit dem Clubsterben in der Stadt entgegengewirkt werden. Mit der Einbringung dieses Antrags möchten die Parteien ein Signal der Hilfsbereitschaft an die Clubszene senden.

Zur gleichen Zeit ringen viele Betriebe aufgrund der aktuellen Lage um finanzielle Hilfen. Sie stehen vor besonders erheblichen Herausforderungen, seitdem sie im Rahmen der Hygienemaßnahmen zur Eindämmung der Pandemie im März dieses Jahrs den regulären Betrieb einstellen mussten. Einigen Clubs wurde zwar der Zugang zu Beantragung von Soforthilfen ermöglicht, allerdings bemängeln Clubbetreiber das System als uneinheitlich und nicht nachhaltig. Da sich Fixkosten der Betriebe schnell auf mehrere 10.000 Euro belaufen können, seien sie nicht zwangsweise ausreichend, um die Bedarfe zu decken. Mit der Spendenkampagne United We Stream, sowie Crowdfunding-Kampagnen starteten die Clubs früh Eigeninitiativen, um für ihr Überleben zu kämpfen.

Bei dem Versuch in einen offenen Dialog mit der Politik über finanzielle Unterstützung auch kleinerer und nicht-staatlicher Betriebe zu treten, kam es im Rahmen einer Demonstration auf dem Wasserweg zu Kritik an den Veranstalter*innen. Diese bezog sich auf die Nichteinhaltung der Hygienemaßnahmen der Teilnehmer*innen, aber auch den unpassend ausgewählten Ort der Endkundgebung vor einem Krankenhaus und dem zeitgleichen Stattfinden einer Demonstration der Black Live Matters-Bewegung.

Der Unterschied zu Clubs zeichnet sich dadurch aus, dass gerade die eng gedrängten Menschen das Erlebnis prägen.

Die alternativen Strategien der Programmgestaltung vieler Clubs der vergangenen Monate sind vielseitig. Über die Sommermonate und im Rahmen von Lockerungen der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie konnten viele Betriebe ihre Außenbereiche unter strengen Auflagen öffnen. In Form von Biergärten boten sie den Besucher*innen gastronomischen Service, der oftmals von musikalischem Programm begleitet wurde. Auch Kunstaustellungen und -installationen fanden Platz in den ungenutzten Innenräumen mancher Betriebe. Die geschaffenen Alternativen zeigen nicht zuletzt, die enorme Kreativität, die in solchen Freiräumen möglich ist. Auch der kulturelle Wert spiegelt sich einmal mehr im kuratierten Programm wider. Hierdurch wird nochmals die Notwendigkeit des Erhaltens und Schützens dieser besonderen Kulturräume und deren soziokultureller Wert deutlich. Die Vergangenen Monate haben nicht nur gezeigt, dass die Clubszene anpassungsfähig in der Gestaltung kreativer Alternativen ist. Viel mehr hat sie klar gezeigt, dass sie ebenfalls in der Lage ist verantwortungsvoll auch in der aktuellen Situation sowohl Kultur als auch gesellschaftliches Zusammenkommen zu ermöglichen, ohne eine Gefährdung für die Ausbreitung des COVID19-Viruses dazustellen.

Aktuell plant die Clubcommission Berlin Ende Oktober Testdurchläufe mit Corona-Schnelltest vor Clubs durchzuführen. Hierdurch soll einerseits geprüft werden, ob dies, neben weiteren Hygienemaßnahmen, ein mögliches Konzept zur eingeschränkten Öffnung der Clubs darstellen könnte. Andererseits würde dadurch eine große Menge an Tests innerhalb einer jüngeren Personengruppe durchgeführt werden. Diese infizieren sich aktuell besonders häufig, zeigen aber weniger oft Symptome. So könnten innerhalb dieser Gruppe infizierte Personen identifiziert werden. Die Clubcommission sieht darin eine Entlastung der Gesundheitsämter und hält dieses Vorgehen für kontrollierbar, im Gegensatz zu privat stattfindenden Zusammentreffen, die durch die neu eingeführte Sperrstunde in Risikoregionen nur noch verstärkt würden.

Seit Beginn der Pandemie hat sich vieles verändert. Mittlerweile scheint eindeutig, dass viele Bereiche des alltäglichen Lebens nicht nur kurzweilig von Einschränkungen betroffen sind, sondern dies für noch unbestimmbare Zeit der Fall sein wird. Mehr als das die Clubs nach Möglichkeiten suchen sich dem lediglich anzupassen, kämpfen sie für eine Debatte um den kulturellen Wert und Unterstützung für ihren Erhalt. Ob die sich Gehör verschaffen können und was der Winter bringt bleibt abzuwarten.

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