Johanna Oskarsson (SE)


Johanna Oskarsson © © Johanna Oskarsson Johanna Oskarsson © Johanna Oskarsson
Johanna Oskarsson (geb. 1989 in Umeå) ist eine schwedische Künstlerin. Sie hat einen MFA in Bildender Kunst und einen BFA in Textilkunst von HDK-Valand in Göteborg, wo sie auch lebt und arbeitet.

Johannas künstlerische Praxis basiert auf einer visuellen Ästhetik, die man als düsteres Echo der Subkulturen des Post-Punk und der Industrial-Szene der 80er Jahre verstehen kann. Sie arbeitet mit Techniken wie Zeichnung, Film und mit digitaler Jacquard-Weberei. Die Methode des Webens, ein ständiges Hinschauen und ein Hin- und Herbewegen des Materials, ist in ihren Arbeiten allgegenwärtig und für den Prozess wesentlich. Der Gedanke ist wie ein Kettfaden und das darauf abgestimmte Material ist der Schussfaden. Zusammen bilden sie den Stoff oder das Werk, das entsteht.
  • Johanna Oskarsson: “Fuck your armageddon!” © Johanna Oskarsson

    Johanna Oskarsson: “Fuck your armageddon!” Handgewebtes digitales Jacquard-Gewebe aus Viskose, Baumwolle und Wolle, Quasten, 2022.

  • Johanna Oskarsson: Grief without end © Johanna Oskarsson

    Johanna Oskarsson: "Grief without end". Handgewebtes digitales Jacquardgewebe-Triptychon aus Viskose, Baumwolle und Wolle, 2022.

In einer transdisziplinären Herangehensweise verbindet sie die handwerkliche Praxis mit einem künstlerischen Forschungsansatz zum historischen Materialismus. Bei ihrer Erforschung von Themen wie der Ausbeutung und Erotisierung der Natur und des menschlichen Körpers durch den Kapitalismus  ist die Art und Weise, wie die natürliche Welt als etwas zu Konsumierendes betrachtet wird, immer präsent. In jüngster Zeit beschäftigt sie sich mit den Entwicklungen und Konvergenzen zwischen Neoliberalismus und Neofaschismus, die derzeit in den europäischen Ländern zu beobachten sind.
Inspiriert wird sie von Deleuze & Guatarris Gedanken über den fehlenden Widerstand gegen das Jetzt und den Überfluss der Kommunikation sowie Mark Fishers Überlegungen zur Hauntologie und der Sehnsucht nach einer Vergangenheit, die es vielleicht nie gab, weil wir die Gegenwart nicht ertragen können. Auch Arbeiten von Künstler*innen wie Pier Paolo Pasolini, Caspar David Friedrich, Andrei Tarkowski, Hannah Ryggen und die Band Einstürzende Neubauten findet sie spannend.

Während ihres Aufenthalts in Leipzig wird sie an einem Projekt über die proletarisch-sozialistischen Kraftsportvereine arbeiten, die es in den 1920er bis 1930er Jahren in Deutschland gab, bevor die Nazis die Macht ergriffen und sie verboten. Die Vereine waren stark politisiert und betrachteten den Sport als Teil der Gesellschaft und der Politik. Sie glaubten, dass die bürgerliche Gesellschaft den Sport als Mittel nutzte, um die Arbeiter von den Klassenkämpfen wegzulocken und ihnen die Werte des Kapitalismus beizubringen: Wettbewerb, Individualismus und das Brechen von Rekorden. Bei dem Projekt geht es auch darum, wie sich das Gewichtheben von einer Sache der Arbeiterklasse zu einer individualistischen Formung des neoliberalen modellierten Körpers entwickelt hat, aus der eine milliardenschwere Industrie hervorging.

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