Partizipation und Koproduktion
Von der Idee zur Materialität
Von: Dr. Ulrike Lewark
Leiterin des Goethe-Instituts Peru
Dieses Projekt hat einen langen Prozess durchlaufen. Zuerst war die Idee da, dem Jahrhundert der Frauen, einem regionalen Projekt für die Strategieperiode von 2019-22, ein entsprechendes Projekt zur Frage nach Männlichkeit und Männernarrativen in Peru zu gegenüberzustellen. Mit Cathy de Haan, Dramaturgin, Dozentin an der Universität Leipzig, Co-Direktorin des Filmemacher-Netzwerkes CINEMATCH und Partnerin des Goethe-Instituts, entstanden erste Projektideen im Coronajahr 2020. Es war auch schnell klar, das eine künstlerische Leitung in Form einer Doppelspitze (Frau aus Deutschland, Mann aus Peru) am ehesten die komplexen Rahmenbedingungen und die Begleitung der zur auswählenden Künstler:innen auf sich nehmen könnte.
Schnell konnte deshalb auch der renommierte peruanischer Filmemacher, Theaterregisseur und Produzent Héctor Gálvez gewonnen werden. Beide bildeten auf dieser Weise eine begeisterte und hochprofessionelle Diade, die in engster Zusammenarbeit das Konzept des Projektes, dessen Laborphase und am Ende die Ausstellung der Ergebnisse mit den teilnehmenden jungen Künstler:innen entwickelte und kuratorisch begleitete.Das Format sollte eine hybride Residenz enthalten, halb digital und halb präsenziell (in strenger Wahrung aller Hygiene Maßnahmen, die es durch die Corona Pandemie zu organisieren galt), in der sich peruanische Künstler*innen aller Richtungen an einem Prozess beteiligen, an dessen Ende Arbeiten entstehen, die in Lima präsentiert werden können.
Monate wurden genutzt, um ein Leitungsteam zu bilden, Teilnehmer*innen zu Identifizieren und schließlich in einen kreativen und produktiven Prozess einzusteigen. Ein essentielles Prinzip, welches das Goethe-Institut auch diesmal besonders unterstützen wollte, war Künstler:innen eine Zuflucht, einen Freiraum und einen Zeitrahmen zu ermöglichen, besonders in Zeiten der Pandemie. Die zehntägige Residenz in der Peripherie der Metropole Lima war dafür idealer Schauplatz und ermöglichte den Künstler: innen und der künstlerischen Leitungsdiade, die gesuchten Synergien zu entfalten und auf Entdeckung des nicht unbekannten, aber doch unbearbeiteten Territoriums der Maskulinität oder der Maskulinitäten zu gehen. Irgendwie ähnlich den frühen, damals meistens männlichen Entdeckern, machen sie sich auf, dieses Geographie zu erkunden und haben begonnen sie zu kartographieren, mit Freude, mit Überraschung, mit Neugier aber auch mit Schmerz und Indignation.
Was als Idee begann und als solche nie losgelassen wurde, endete November 2021 nur scheinbar in der Präsentation der künstlerischen Arbeiten im Kulturzentrum der Nationalen Universität von San Marcos. Dieses liegt inmitten der intensiv belebten Altstadt Limas und ist zudem, als Alte Aula der ersten Universität Lateinamerikas, eingeschriebenes Kulturerbe. Die künstlerische Residenz 2021 des Goethe-Instituts mag nun ein erstes Ende gefunden haben, doch das Thema ist beileibe noch gar nicht am Ende. Wir hoffen, dass es weiter in unseren Köpfen und Seelen nachklingt. Die Einladung, um auf Entdeckung und Dekonstruktion für eine Neugestaltung der eigenen oder fremden Maskulinitäten zu gehen, steht nun in Raum, für alle.