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Sind Liebe und Glück für alle da?

Lily Farhadpour als Witwe Mahin im Film „Keyke Mahboobe Man” (dt. Mein Lieblingskuchen)
Lily Farhadpour als Witwe Mahin im Film „Keyke Mahboobe Man” (dt. Mein Lieblingskuchen) | Foto (Detail): ©Hamid Janipour

Eine siebzigjährige Witwe sucht noch einmal das Glück: Maryam Moghaddam und Behtash Sanaeeha gelingt mit „My favourite cake” ein berührender Film über Freiheit und Hoffnung. Das Regime im Iran verbot ihnen die Reise zur Berlinale.

Von Ahmed Shawky

Bei der Pressekonferenz für den iranischen Film „My Favourite Cake“ im internationalen Wettbewerb der 74. Berlinale saßen die beiden Hauptdarsteller Lily Farhadpour und Esmail Mehrabi neben zwei leeren Stühlen. Davor war ein Bild der beiden Autoren und Regisseure Maryam Moghaddam und Behtash Sanaeeha aufgestellt, deren Teilnahme an der Weltprämiere ihres Films die iranischen Behörden durch Einzug ihrer Pässe verhindert hatten. Daraufhin beschlossen die Berlinale-Veranstalter, ihre Sitzplätze aus Solidarität leer zu lassen. 

Der Unmut der iranischen Behörden über den Film bezieht sich auf gleich mehrere Tabus, die im Film gebrochen werden: Wir erleben eine tanzende Frau ohne Kopfbedeckung, die Wein trinkt und die Religionspolizei angreift. Grund genug, den Film als regimekritisch einzustufen. Tatsächlich aber geht es in My Favourite Cake um ein viel universelleres Thema – nämlich um das Recht des Menschen, nach Liebe und Glück zu streben, unabhängig vom Alter. 

Aufbäumen gegen die Einsamkeit

Mahin (Lili Farhadpour) ist eine siebzigjährige Frau, die allein lebt, seit ihr Mann vor 30 Jahren gestorben ist und ihre Kinder schon länger ins Ausland ausgewandert sind. Sie fühlt sich einsam und leidet unter Langeweile und dem nur sporadischem Kontakt zu ihren Kindern und gleichaltrigen Freundinnen. Mit den Freundinnen trifft sie sich zu einer Runde Klatsch und Tratsch. Wir erfahren aber, dass sie wegen der räumlichen Entfernung und aufgrund gesundheitlicher Probleme wohl nicht mehr oft zusammenkommen werden. Gleichzeitig begreifen wir auch, wonach diese Frauen sich sehnen: nach menschlicher Wärme, nach Liebe, nach Nähe, nach dem Gefühl, dass das Leben noch viel mehr zu bieten hat, als nur das Warten auf den Tod. 
 

In den meisten Ländern der Welt bestünde Mahins Problem lediglich darin, ihr gefühltes Altsein abzulegen und einen geeigneten Mann zu finden, in den sie sich verlieben kann. Aber im Iran bzw. in jeder restriktiven Gesellschaft allgemein, in der das Leben der Frauen Einschränkungen und klaren Rollenerwartungen entsprechend ihrem Alter und sozialen Status unterliegt, gleicht es fast einem revolutionären Akt, wenn unsere Heldin sich mutig und geradezu tollkühn auf die Suche nach einem Liebhaber macht. 

Die sympathische Protagonistin schaut sich in einer Bäckerei und in einem Senioren-Restaurant um, sie zieht durch den Park, bis sie schließlich auf Faramarz (Esmaeel Mehrabi) stößt, einen alten und einsamen Taxifahrer. Ihre Beziehung entwickelt sich ganz nach Mahins Plan, den der Mann nicht direkt durchschaut. Mahin verwickelt ihn in ein liebenswertes Spiel, bei dem er von kindlichem Eifer getrieben wird. Am Ende erwartet ihn eine überaus süße Eskalation. Als Zuschauende sind wir einerseits dankbar, dass die Protagonisten nach Jahren der erstickenden Einsamkeit Glück und Liebe erfahren dürfen. Gleichzeitig stellt sich die Gewissheit ein, dass dieses Glück nicht von langer Dauer sein wird. 

Kampf um privates Glück

Denn in einem Land, in dem sich die Nachbarn gegenseitig beobachten und sich bei der ersten Gelegenheit in die Angelegenheiten anderer einmischen, in dem jeder über die Identität der Besucher in den Wohnungen ringsherum nachdenkt und in dem die Polizei durch die Parks geht, um Mädchen zu verhaften, die eine Haarlocke öffentlich zeigen, wird die Liebe zu einem Privileg, das nur wenigen vergönnt ist. Der Film wirft die Frage auf, ob Mahin und Faramarz die Voraussetzungen dafür erfüllen. 

Mit einer Mischung aus Humor, Romantik und der Vorahnung einer Katastrophe ist My Favourite Cake einer der rührendsten Filme der 74. Berlinale. Das Thema des Filmes ist universell und umso berührender, wenn man aus einem jener Länder kommt, in denen Liebende mehr zu kämpfen haben als anderswo. 

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