Deutsche Filmwoche 2025
Filmfestival | Film
- Preis Tickets sind an den Kassen der Kinos erhältlich.
© Material des Veranstalters
In 9 polnischen Städten beginnt am 24. Januar 2025 die Deutsche Filmwoche. Präsentiert werden neueste Filme, die jenseits unserer westlichen Grenze entstanden. Diese größte Übersicht der deutschen Filme, die in Zusammenarbeit des Nürnberger Hauses in Krakau, des Goethe-Instituts und des deutschen Generalkonsulats in Wrocław entsteht, wird in Krakau, Warschau, Wrocław, Katowice, Opole, Poznań, Gdańsk, Rzeszów und Łódź vorgestellt und dauert bis zum 9. Februar 2025. Die Filme werden ausschließlich in Kinos gezeigt.
Unspoken
Deutschland, 2024, 95 min
Regie: Piotr J. Lewandowski
Kamera: Nino Michel
Drehbuch: Agnieszka Piwowarska, Piotr J. Lewandowski
Besetzung: Henning Flüsloh, Henriette Confurius, Florian Stetter, Noah Tinwa
Produktion: COP Film UG / Unspoken Productions GbR
Festivalvorführungen: WFF, Warszawa 2024
Seweryn ist ein junger Musiker und Songwriter. Er tritt gelegentlich in Clubs und Bars auf, seinen Lebensunterhalt bestreitet er mit dem Renovieren von Wohnungen. Nach einem seiner Konzerte bietet ihm ein Plattenlabel einen Vertrag an, was für ihn die Chance auf eine musikalische Karriere und auf Veränderung seines bisherigen Lebens bedeutet. Diese gute Nachricht muss gefeiert werden, erst in der Bar, in der das Konzert stattgefunden hat, dann in der Privatwohnung eines Zuhörers, eines wohlhabenden Geschäftsmannes, der von Seweryns Talent fasziniert zu sein schein. Alkohol und Drogen begünstigen den Exzess nicht nur, sondern führen auch dazu, dass die Situation außer Kontrolle gerät. Seweryn wird Opfer einer Vergewaltigung und obwohl er sich nicht an alles erinnern kann, was an dem Abend passiert ist, hat sich sein Körper die Geschehnisse eingeprägt.
Piotr Lewandowski zeigt in seinem Film, wie leicht sich in zwischenmenschlichen Beziehungen die Grenze zwischen Einverständnis und fehlendem Einverständnis zu einem sexuellen Akt überschreiten lässt. Sein Film ist ein intimes Porträt eines Mannes, der auch mit einem Kindheitstrauma zu kämpfen hat, dem eine verdrängte sexuelle Gewalterfahrung zugrunde liegt. Die jahrelang verborgenen Gefühle übertragen sich auf die Beziehungen zu seinen Nächsten und beeinflussen das gesamte Erwachsenenleben des Protagonisten.
Piotr J. Lewandowski wurde 1975 in Warschau geboren und lebt in Deutschland. Er ist Drehbuchautor, Regisseur und Maler. In den Jahren 1994–2007 studierte er unter anderem an der Akademie der Schönen Künste in Offenbach und an der Filmakademie in Ludwigsburg. Er ist Autor von Kunstfilmen, Experimentalfilmen und macht seit 2009 auch Spielfilme. Die Premiere seines Debütfilms, des abendfüllenden Films Jonathan, fand 2016 auf der Berlinale statt. Unspoken ist wieder ein Spielfilm und der erste Film, bei dem Lewandowski auch Produzent war. Die Weltpremiere fand im Rahmen des Internationalen Filmfestivals Warschau statt.
Die Mittagsfrau
Deutschland, Schweiz, Luxemburg, 136 min
Regie: Barbara Albert
Kamera: Filip Zumbrunn
Drehbuch: Meike Hauck
Besetzung: Mala Emde, Max von der Groeben, Thomas Prenn, Esmée Liliane Amuat
Produktion: Lucky Bird Pictures GmbH, C-Films AG, Iris-Productions S. A.
Festivalvorführungen: LuxFilmFest, Luxemburg, 2023; Tallinn 2023; Tokio, 2023
Das Berlin der zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts war mit seiner besonderen Atmosphäre, seiner Wucht und seinem zweifelhaften Ruf, aber auch seinen Möglichkeiten, die es seinen Einwohnern bot, überaus anziehend. Die im provinziellen Bautzen lebende Helene will in der deutschen Hautstadt ebenfalls ihr Glück finden. Ihre Tante und ihre ältere Schwester leben bereits seit einigen Jahren hier. Beide genießen in vollen Zügen die pulsierende Weltstadt und die Freiheit, derer sich Frauen in den Zeiten der Weimarer Republik erfreuen konnten. Helene konzentriert sich im Gegensatz zu Martha und Fanny nicht aufs Feiern und das Nachtleben, sondern will eine Ausbildung absolvieren und einen Beruf erlernen, der ihr Unabhängigkeit ermöglicht. Sie nimmt eine Arbeit in einer Apotheke auf und träumt von einem Medizinstudium. Die politischen Wirren, die schwere Wirtschaftskrise und die stärker werdende nationalsozialistische Partei verändern Helenes Leben und das ihrer nächsten. Unter dramatischen Umständen verliert sie ihren Liebsten, und ihre jüdische Herkunft wird für sie zur Lebensgefahr. Die Ehe und eine neue Identität, die ihr ein SS-Offizier anbietet, scheinen die Rettung zu sein.
Die Mittagsfrau von Barbara Albert ist die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Julia Frank, der 2007 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde und auch in Polen erschienen ist. Der Titel knüpft an die alte slawische Legende der Mittagsfrau an, die die Seelen von während einer Heirat oder einer Hochzeit verstorbenen Frauen symbolisiert. Dieser Moment des Übergangs von Freude zur Trauer ist die Metapher für sowohl das Schicksal der Protagonistin als auch für die politische Veränderung, die 1933 in Deutschland stattfand, nachdem Hitler an die Macht gekommen war.
Barbara Albert wurde 1970 in Wien geboren. Sie begann 1991, an der Wiener Filmakademie Regie zu studieren. Mit ihrem Spielfilm Nordrand debütierte sie 1999. Im gleichen Jahr gründete sie gemeinsam mit Jessica Hausner, Antonin Svoboda und Martin Gschlacht die Produktionsfirma coop 99. Ihr Film Die Lebenden feierte seine Weltpremiere im Wettbewerb des Filmfestivals von San Sebastián im September 2012. Ein Jahr später wurde Albert Professorin an der Filmhochschule Babelsberg. Ihr nächster Film Licht wurde 2017 auf den Internationalen Filmfestivals in Toronto und in San Sebastián gezeigt. Die Mittagsfrau ist ihr neustes Werk.
Es brennt
Deutschland, 2023, 89 min
Regie: Erol Afşin
Kamera: Emrah Celik
Drehbuch: Erol Afşin
Besetzung: Halima Ilter, Kida Khodr Ramadan, Emir Kadir Taşkın, Nicolas Garin
Produktion: Stereo Films Medienproduktion
Festivalvorführungen: München 2024, Braunschweig 2024
Amal, Omar und ihr kleiner Sohn Ahmad sind eine glückliche Familie, die Nachwuchs erwartet. Alle leben seit ihrer Geburt in Deutschland und empfinden das Land als ihre Heimat. Wie jede Familie haben sie ihre Rituale, zu denen Ausflüge auf den nahegelegenen Spielplatz gehören. Einmal bittet Amal einen Mann, der die Schaukel belagert, sie für ihr Kind freizumachen. Sie erhält eine aggressive Antwort, die sich auf ihre Herkunft, ihre Religion und ihre Kleidung bezieht. Zufällige Personen und Augenzeuginnen rufen die Polizei. Bald darauf erhält Amal eine Gerichtsvorladung. Es beginnt ein Prozess mit allen Prozeduren, die ein demokratischer Staat vorsieht. Die Sache betrifft nicht mehr allein die Geschädigte, sondern es nimmt die ganze Familie daran teil, und der unangenehme Vorfall beginnt, ihre Existenz zu bedrohen. Der Versuch, die eigene Würde zu verteidigen und die Forderung nach Achtung des Gesetzes an einem Ort, der dafür vorgesehen ist, nämlich im Gericht, führt zu einem unvorhergesehenen Ende.
Die Geschichte, die Erol Afşin in seinem Debütfilm erzählt, beruht auf einer wahren Begebenheit. Neben den unschuldigen Menschen, die Opfer eines rassistischen Angriffes werden, wird hier ein Justiz-System gezeigt, das den Herausforderungen, vor die es durch die stärker werdende gesellschaftliche Polarisierung, durch Aggression und Intoleranz gestellt wird, nicht gewachsen ist. Die Rekonstruktion des Prozesses zeigt, wie das demokratische Recht auf Verteidigung dazu ausgenutzt werden kann, Hass zu verbreiten und die bereits geschädigten Personen mehrfach zu viktimisieren.
Erol Afşin wurde 1989 in der Türkei geboren und lebt seit seinem 19. Lebensjahr in Deutschland. Er studierte Schauspiel, Theaterproduktion und Filmregie an der Essener Folkwang Universität der Künste. Afşin ist Autor der Kurzfilme The Way und Time. Als Schauspieler trat er in vielen deutschen und internationalen Produktionen auf, unter anderem in dem auch in Polen bekannten Film Mustang. Der Film Es brennt ist sein Spielfilmdebüt.
Sterben
Deutschland, 2024, 182 min
Regie: Matthias Glasner
Kamera: Jakub Bejnarowicz
Drehbuch: Matthias Glasner
Besetzung: Lars Eidinger, Corinna Harfouch, Lilith Stangenberg, Ronald Zehrfeld, Robert Gwisdek, Hans Uwe Bauer
Produktion: Port-Au-Prince Pictures GmbH, Schwarzweiss Filmproduktion, Senator Film Produktion
Vorführungen auf Festivals: Berlinale 2024; Den norske Filmfestivalen; Nowe Horyzonty, Wrocław 2024; Sydney 2024
Preise und Auszeichnungen: Silberner Bär für das beste Drehbuch (Matthias Glasner), Berlinale 2024; Bambi 2024 als Bester Schauspieler (Lars Eidinger); Deutscher Filmpreis 2024 für den Besten Film, die Beste weibliche Hauptrolle (Corinna Harfouch), die Beste männliche Nebenrolle (Hans-Uwe Bauer), für die Beste Filmmusik (Lorenz Dangel).
Sterben ist ein Gruppenporträt von Menschen, deren formale oder nichtformale Beziehungen eine Familie im weitesten Sinne bilden, die auf ihre ganz eigene Weise unglücklich ist. Die Mutter hat einen Tumor und zahlreiche andere Krankheiten, aber im Kopf ist sie vollkommen klar. Der Vater, Gerd, hat Demenz und muss durchgängig gepflegt werden. Ihr Sohn Tom ist ein erfolgreicher Dirigent und kümmert sich viel um das Kind seiner ehemaligen Partnerin. Er unterstützt auch seinen engen Freund, Bernard, einen Komponisten, der unter schweren Depressionen leidet und Selbstmordgedanken hat. Toms Schwester Ellen ist alkoholkrank und süchtig nach kurzen Affären mit den falschen Männern. „Nicht jeder Mensch hat das Talent zum Glücklichsein“, sagt Tom, der Mittelpunkt des bunten und emotionalen Mosaiks ist.
Agnieszka Pilacińska schrieb auf der Internetseite „Pełna sala“ [Voller Saal] in ihrer Rezension, dass „wir alle, unabhängig von geografischen Breitengraden, von Herkunft und Status, mit familiärer Nicht-Liebe, mit Kommunikationsbarrieren und mit affektiver Kälte umgehen müssen. Blutsbande garantieren einem nicht Wärme und Verbundenheit, statten einen nicht mit der Fähigkeit aus, im späteren Leben zurechtzukommen. Das ist zwar nichts neues, aber es macht uns zu schaffen.“ Matthias Glasner dekonstruiert in seinem Film den Mythos von der glücklichen und hilfreichen Familie, ohne dabei auf Humor und Empathie für seine Protagonisten zu verzichten. Dafür wurde er von der Jury der Berlinale mit dem Silbernen Bären für das Beste Drehbuch ausgezeichnet.
Matthias Glasner wurde 1965 geboren. Er ist Regisseur und Drehbuchautor, war früher Musiker in der Band „homesweethome“ und gründete 1993 die Produktionsfirma Jack Film & Musikproduktion. 1996 inszenierte Glasner Sexy Sadie, wobei er erstmals mit seinem Freund Jürgen Vogel zusammenarbeitete, mit dem er die Firma Schwarzweiss Filmproduktion gründete. In den folgenden Jahren führte Glasner bei mehreren Krimi-Thrillern fürs Fernsehen Regie. Auf die große Leinwand kehrte er 2006 mit dem Film Der freie Wille zurück, für den er den Regiepreis der Gilde der deutschen Filmkunsttheater auf der Berlinale 2006 erhielt, und für den Jürgen Vogel mit dem Silbernen Bären für die künstlerische Gesamtleitung ausgezeichnet wurde. Ein weiterer Film, den er beim Wettbewerb der Berlinale präsentierte, war Gnade. In den folgenden zehn Jahren arbeitete Glasner ausschließlich fürs Fernsehen. Sterben erhielt den Silbernen Bären für das Beste Drehbuch und vier weitere Filmpreise: für den Besten Film, für die Beste weibliche Hauptrolle (Corinna Harfouch), für die Beste männliche Nebenrolle (Hans-Uwe Bauer) und für die Beste Filmmusik (Lorenz Dangel).
Vena
Deutschland, 116 min
Regie: Chiara Fleischhacker
Kamera: Lisa Jilg
Drehbuch: Chiara Fleischhacker
Besetzung: Emma Nova, Friederike Becht, Paul Wollin, Barbara Philipp
Produktion: Neue Bioskop Film GmbH, SWR, HR, Filmakademie Baden-Württemberg
Festivalvorführungen: Hamburg 2024
Preise und Auszeichnungen: Deutscher Nachwuchspreis FIRST STEPS (für Regie und Kamera), Preis in der Kategorie „Deutsche Kinoproduktion“ auf dem Filmfest Hamburg 2024
Der Zuschauer lernt Jenny, die Hauptfigur des Debütfilms von Chiara Fleischhacker, auf einer Geburtstagsparty kennen, wo sie neben Alkohol auch Drogen zu sich nimmt, von denen sie und ihr Partner seit langem abhängig sind. Deshalb wurde Jenny das Sorgerecht für ihren sechsjährigen Sohn entzogen, der auf Anweisung des Jugendamtes bei ihrer Mutter aufwächst. Jenny ist zum zweiten Mal schwanger, aber das Kind, das sie erwartet, weckt anfangs keine Gefühle in ihr und die Schwangerschaft fällt unglücklicherweise zusammen mit einer vorher verhängten Gefängnisstrafe, die Jenny abzubüßen hat. Die Schwangerschaft zieht die Aufmerksamkeit der Behörden auf die zukünftige Mutter, aber weder die Ärztin noch die Sozialarbeiter sehen eine Perspektive für die junge Frau. Der einzige Mensch, der ihr helfen will, ist die Hebamme Marla, die ihr das Jugendamt zur Seite stellt. Sie ist es, die Jenny davon überzeugen will, mit den Drogen aufzuhören und Verantwortung für sich und das Kind, das sie erwartet, zu übernehmen.
Vena ist Fleischhackers Diplomfilm, gedreht an der Filmakademie Baden-Württemberg. Die junge Regisseurin zeichnet ein intimes Porträt einer jungen Frau, die nicht in der Lage ist, in der Gesellschaft zu funktionieren. Dieses reife Werk zeigt das Fiktive an institutionalisierter Unterstützung, die Hilflosigkeit des Systems und die Herzlosigkeit von sozialen Institutionen in Deutschland.
Chiara Fleischhacker wurde 1993 in Kassel geboren und studierte Psychologie in Freiburg, 2015 begann sie ein Studium der Regie und des Dokumentarfilms an der Filmakademie Baden-Württemberg. Hier drehte sie zwei kurze Dokumentarfilme über den deutschen Strafvollzug. Ein weiterer Film entstand in Zusammenarbeit mit der Filmhochschule La Fémis in Paris und gewann drei Preise für den besten studentischen Film. Vena ist Fleischhackers Diplomfilm und Spielfilmdebüt.
Wochenendrebellen
Deutschland 2023, 109 min
Regie: Marc Rothemund
Drehbuch: Richard Kropf
Kamera: Philip Peschlow
Besetzung: Florian David Fitz, Cecilio Andersen, Aylin Tezel, Joachim Król
Produktion: Wiedemann & Berg Filmproduktion
Festivalvorführungen: Tallinn Film Festival, 2023
Preise und Auszeichnungen: Bayrischer Filmpreis für den besten Schauspieler (Florian David Fitz), 2022
Der zehnjährige Jason ist Autist. Sein Alltag wird von engen Regeln bestimmt. Wenn jemand sie verletzt, bekommt der Junge einen hysterischen Anfall. Das Lernen in der Schule interessiert ihn nicht sonderlich, seine Leidenschaft ist die Astrophysik. Doch wenn er seine Mitschüler beobachtet, mit denen er nur schwer Kontakt knüpfen kann, fällt ihm auf, dass sie vollkommen andere Interessen haben. Eines Tages verkündet er zu Hause, dass er Fußballfan werden will, aber erst seine Lieblingsmannschaft finden muss. Sein Vater greift diesen Plan begeistert auf, ohne sich darüber im Klaren zu sein, was da auf ihn zukommt. Denn Jason hat die Absicht, sich die Spiele von 56 Fußballclubs in drei deutschen Fußball-Ligen anzusehen und alle Stadien dieser Mannschaften zu besuchen. Die Kriterien, nach denen sich der Junge richtet, unterscheiden sich von denen, die allgemein in der Welt gelten: so dürfen die Fußballer keine bunten Schuhe tragen, ausgeschlossen sind infantile Clubmaskottchen und vor allem dürfen im Stadion keinerlei neofaschistische Sprüche vorkommen.
Die Geschichte, die Marc Rothemund erzählt, beruht auf einer wahren Begebenheit. Die Protagonisten sind Mirco von Juterczenka und sein Sohn Jason. Ihre Odyssee durch die Stadien, die von dem Vater in seinem mit dem Grimme Online Award ausgezeichneten Blogg beschrieben und dann als Buch herausgegeben wurde, ist die Grundlage für das Drehbuch geworden. Der Regisseur konzentriert sich darin auf die Beziehung zwischen dem Vater und dessen autistischem Sohn und zeigt, wie das ungewöhnliche und scheinbar schwer durchzuführende Vorhaben, das sie gemeinsam angehen, es dem Vater ermöglicht, die komplizierte psychische Struktur seines Sohnes zu verstehen, und dem Sohn, die Hingabe des Vaters für seinen ungewöhnlichen Wunsch anzuerkennen.
Marc Rothemund wurde 1968 geboren. Er war als Assistent bei mindestens neun Regisseuren tätig, unter anderem bei Helmuth Dietl und Dominik Graf. Mehrere Fernsehfilme hat er eigenverantwortlich gedreht, unter anderem Die Hoffnung stirbt zuletzt. Im Kino debütierte er 1998 mit dem Film Das merkwürdige Verhalten geschlechtsreifer Großstädter zur Paarungszeit. Sein Film Harte Jungs gehörte zu den Kassenschlagern der deutschen Kinos im Jahr 1999. Die Anerkennung der internationalen Kritik hat er 2005 mit seinem Film Sophie Scholl – Die letzten Tage gewonnen, der auf der Berlinale mit dem Silbernen Bären für die Beste weibliche Hauptrolle und mit dem Preis der ökumenischen Jury ausgezeichnet wurde. Das Werk war für den Oscar in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“ nominiert.
2013 drehte Rothemund den Film Heute bin ich blond, der auch in polnischen Kinos zu sehen war.
Gotteskinder
Deutschland, 2024, 117 min
Regie: Frauke Lodders
Kamera: Johannes Louis
Drehbuch: Frauke Lodders
Besetzung: Flora Li Thiemann, Serafin Mishiev, Michelangelo Fortuzzi, Mark Waschke
Produktion: Kinescope Film in Zusammenarbeit mit dem NDR und Arte
Festivalvorführungen: Filmfestival Max Ophüls Preis, 2024; Internationales Filmfestival Warschau (Warszawski Międzynarodowy Festiwal Filmowy), 2024
Preise und Auszeichnungen: im Rahmen des Filmfestivals Max Ophüls Preis den Preis der Jugendjury, auf dem 40. Internationalen Filmfestival Warschau (Warszawski Międzynarodowy Festiwal Filmowy) Sieger des Wettbewerbs 1–2
Die Geschwister Hannah und Timotheus wachsen in einem konservativen, sehr religiösen Zuhause auf. Sie leben nach den strengen Regeln der Familie. Von den Mädchen wird Gehorsamkeit verlangt und es ist ihnen der Kontakt zu Personen außerhalb der Gemeinschaft verboten. Als Hannah sich in einen Jungen aus der Nachbarschaft verliebt, der ihre religiösen Werte nicht teilt, sondern sie darüber hinaus zu Widerstand aufruft, beginnen die Schwierigkeiten. Aus Angst vor dem Zorn der Eltern verwehrt sich das Mädchen gegen die Welt, die Max ihr zeigen will. Timotheus hingegen wird bewusst, dass er Jungen anziehend findet und er will um jeden Preis seine sexuelle Identität verdrängen. Immer öfter führen die individuellen Bedürfnisse der Geschwister zu Konflikten in der Familie, was unweigerlich auf eine Katastrophe zusteuert.
Ein Jahr lang hat die Regisseurin das Umfeld der evangelischen Gemeinschaft erforscht, die Thema dieses Filmes ist. Für ihr Drehbuch erhielt sie 2019 den Hessischen Filmpreis. Anfangs scheint die Familie von Hannah und Timotheus glücklich, und die Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern harmonisch und konfliktfrei. Die strengen, von der Kirche aufgezwängten moralischen Gebote und deren fanatische Einhaltung scheinen allen genehm zu sein. Erst die Konfrontation mit der Außenwelt führt dazu, dass die Kinder den Widerspruch zwischen den eigenen Emotionen und den Erwartungen der Eltern wahrzunehmen beginnen. Und obwohl Hannah sich vor der Ehe wirklich an ihr Keuschheitsgelübde halten will, und Timotheus verzweifelt gegen seine Gefühle ankämpft, erreichen die Eltern und die Gemeindemitglieder mit ihrer radikalen Haltung genau das Gegenteil dessen, was sie beabsichtigen.
Frauke Lodders wurde 1984 geboren. Sie studierte Visuelle Kommunikation mit dem Schwerpunkt Filmregie und Drehbuch an der Kunsthochschule Kassel. Sie arbeitet als freie Regisseurin, Drehbuchautorin und Produzentin. Ihr Diplomfilm Morpheus hatte seine Premiere auf dem Filmfestival in Shanghai 2015 und wurde auf zahlreichen Festivals gezeigt. Ihr Dokumentarfilm-Debüt Unzertrennlich war 2018 für den Hessischen Filmpreis nominiert. Lodders neuster Film Gotteskinder (2024) ist ihr Spielfilmdebüt, für das sie bereits 2019 den Hessischen Filmpreis für das Beste Drehbuch erhalten hat und 2024 auf dem Internationalen Filmfestival Warschau (Warszawski Międzynarodowy Festiwal Filmowy) mit dem Hauptpreis im Wettbewerb 1–2 ausgezeichnet wurde.
Führer und Verführer
Deutschland, Slowakei 2024, 135 min
Regie: Joachim A. Lang
Kamera: Klaus Fuxjäger
Drehbuch: Joachim A. Lang
Besetzung: Robert Stadlober, Fritz Karl, Franziska Weisz, Dominik Maringer
Produktion: Zeitsprung Pictures, SWR, Maya, Act HeadQuarter Media
Festivalvorführungen: Filmfest München 2024
Preise und Auszeichnungen: Publikumspreis in München 2024
Der Regisseur Joachim A. Lang zeigt in seinem Film die Beziehung zwischen Adolf Hitler (dem „Führer“) und dessen fanatischen Propagandaminister, Joseph Goebbels (dem „Verführer“). Letzterem unterstanden alle damaligen Medien: die Presse, das Radio und die Wochenschauen, die in zahlreichen Kinos gezeigt wurden. Er war es, der entdeckte, was für eine wichtige Waffe im ideologischen Kampf der Film ist. Sowohl die historischen Produktionen wie die Unterhaltungssendungen enthielten eine entsprechende Botschaft und riefen die gewollten Emotionen hervor. So war es im Falle des antisemitischen Bildes, das der Film Jud Süß von 1939 vermittelte, und auch in dem Film Kolberg von 1945, der letzten nationalsozialistischen Großproduktion, die angesichts der Niederlage den Durchhaltewillen der Deutschen stärken sollte. Auch die Großveranstaltungen mit Hitlers Auftritten waren perfekt geplante Inszenierungen, bis in jede Einzelheit ausgearbeitet, wo keine Geste dem Zufall überlassen blieb. Goebbels ist nicht nur ein geschickter Manipulator, er ist vor allem ein Visionär, der es versteht, das unwahrscheinlichste Szenario in die Tat umzusetzen, und der seine Arbeit als Kunst bezeichnet, mit der er einen „Führer-Mythos“ erschaffen will.
Für das Drehbuch dienten als Vorlage die Tagebücher von Joseph Goebbels, Zeugenberichte, Briefe und andere erhaltene Dokumente. Es rekonstruiert die letzten sieben Jahre des NS-Staates, ab dem „Anschluss“ Österreichs im März 1938 bis zum Untergang des Dritten Reiches mit Mord und Selbstmord im Führerbunker in Berlin im Mai 1945. In die Handlung wurden alte Wochenschauen und archiviertes Filmmaterial eingebaut, auch Szenen aus den oben genannten Produktionen, was einen Blick hinter die Kulissen der nationalsozialistischen Propaganda ermöglicht und die seit Jahren unveränderten Mechanismen der Arbeit von Medien sichtbar macht, die von Regierungen abhängig sind. Der Regisseur zeigt auch, wie gefährlich die Interaktion zwischen geschickten Demagogen und Menschen ist, die zur Radikalisierung ihrer Ansichten neigen, und wie aktuell dieses Problem heute immer noch ist.
Joachim A. Lang ist 1959 geboren. Er studierte Germanistik und Geschichte in Heidelberg und Stuttgart. Ab 1986 arbeitete er für den SWR als Redakteur, Regisseur und Autor. 2001 schrieb er das Drehbuch zu dem Dokudrama Jud Süß – Ein Film als Verbrechen?. Als Regisseur und Autor drehte er weitere Dokumentarfilme, unter anderem Da wo ich bin ist Panama. Die Lebensreise des Herrn Janosch (2011, TV) sowie George (2013) über das Leben des Schauspielers Heinrich George. Eine wichtige Figur in Langs Arbeit ist Bertold Brecht. Im Jahr 1998 produzierte Lang anlässlich von Bertold Brechts 100. Geburtstag im Auftrag der ARD und Arte die fünfteilige Dokumentation Denken heißt verändern. Zu Brechts 50. Todestag machte er 2006 den Film Brecht – Die Kunst zu leben (2006, TV). Sein erster Langspielfilm war Mackie Messer – Brechts Dreigroschenfilm (2018). Auf dem Filmfest München präsentierte er 2024 seinen neuen Film Führer und Verführer, für den er mit dem Publikumspreis ausgezeichnet wurde.
Programm
- Die Mittagsfrau, Regie: Barbara Albert. 136 Min.
- Es brennt, Regie: Erol Afşin, 89 Min.
- Unspoken, Regie: Piotr Lewandowski, 95 Min.
- Vena, Regie: Chiara Fleischhacker, 115 Min.
- Wochenendrebellen, Regie: Marc Rothemund, 109 Min.
- Sterben, Regie: Matthias Glasner, 180 Min.
- Gotteskinder, Regie: Frauke Lodders, 117 Min.
- Führer und Verführer, Regie: Joachim A. Lang, 135 Min.
- Toni Erdmann, Regie: Maren Ade, 162 Min.
© Material des Veranstalters
Programm
der Deutschen Filmwoche 2024
Unspoken
Deutschland, 2024, 95 min
Regie: Piotr J. Lewandowski
Kamera: Nino Michel
Drehbuch: Agnieszka Piwowarska, Piotr J. Lewandowski
Besetzung: Henning Flüsloh, Henriette Confurius, Florian Stetter, Noah Tinwa
Produktion: COP Film UG / Unspoken Productions GbR
Festivalvorführungen: WFF, Warszawa 2024
Piotr Lewandowski zeigt in seinem Film, wie leicht sich in zwischenmenschlichen Beziehungen die Grenze zwischen Einverständnis und fehlendem Einverständnis zu einem sexuellen Akt überschreiten lässt. Sein Film ist ein intimes Porträt eines Mannes, der auch mit einem Kindheitstrauma zu kämpfen hat, dem eine verdrängte sexuelle Gewalterfahrung zugrunde liegt. Die jahrelang verborgenen Gefühle übertragen sich auf die Beziehungen zu seinen Nächsten und beeinflussen das gesamte Erwachsenenleben des Protagonisten.
Piotr J. Lewandowski wurde 1975 in Warschau geboren und lebt in Deutschland. Er ist Drehbuchautor, Regisseur und Maler. In den Jahren 1994–2007 studierte er unter anderem an der Akademie der Schönen Künste in Offenbach und an der Filmakademie in Ludwigsburg. Er ist Autor von Kunstfilmen, Experimentalfilmen und macht seit 2009 auch Spielfilme. Die Premiere seines Debütfilms, des abendfüllenden Films Jonathan, fand 2016 auf der Berlinale statt. Unspoken ist wieder ein Spielfilm und der erste Film, bei dem Lewandowski auch Produzent war. Die Weltpremiere fand im Rahmen des Internationalen Filmfestivals Warschau statt.
Die Mittagsfrau
Deutschland, Schweiz, Luxemburg, 136 min
Regie: Barbara Albert
Kamera: Filip Zumbrunn
Drehbuch: Meike Hauck
Besetzung: Mala Emde, Max von der Groeben, Thomas Prenn, Esmée Liliane Amuat
Produktion: Lucky Bird Pictures GmbH, C-Films AG, Iris-Productions S. A.
Festivalvorführungen: LuxFilmFest, Luxemburg, 2023; Tallinn 2023; Tokio, 2023
Die Mittagsfrau von Barbara Albert ist die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Julia Frank, der 2007 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde und auch in Polen erschienen ist. Der Titel knüpft an die alte slawische Legende der Mittagsfrau an, die die Seelen von während einer Heirat oder einer Hochzeit verstorbenen Frauen symbolisiert. Dieser Moment des Übergangs von Freude zur Trauer ist die Metapher für sowohl das Schicksal der Protagonistin als auch für die politische Veränderung, die 1933 in Deutschland stattfand, nachdem Hitler an die Macht gekommen war.
Barbara Albert wurde 1970 in Wien geboren. Sie begann 1991, an der Wiener Filmakademie Regie zu studieren. Mit ihrem Spielfilm Nordrand debütierte sie 1999. Im gleichen Jahr gründete sie gemeinsam mit Jessica Hausner, Antonin Svoboda und Martin Gschlacht die Produktionsfirma coop 99. Ihr Film Die Lebenden feierte seine Weltpremiere im Wettbewerb des Filmfestivals von San Sebastián im September 2012. Ein Jahr später wurde Albert Professorin an der Filmhochschule Babelsberg. Ihr nächster Film Licht wurde 2017 auf den Internationalen Filmfestivals in Toronto und in San Sebastián gezeigt. Die Mittagsfrau ist ihr neustes Werk.
Es brennt
Deutschland, 2023, 89 min
Regie: Erol Afşin
Kamera: Emrah Celik
Drehbuch: Erol Afşin
Besetzung: Halima Ilter, Kida Khodr Ramadan, Emir Kadir Taşkın, Nicolas Garin
Produktion: Stereo Films Medienproduktion
Festivalvorführungen: München 2024, Braunschweig 2024
Die Geschichte, die Erol Afşin in seinem Debütfilm erzählt, beruht auf einer wahren Begebenheit. Neben den unschuldigen Menschen, die Opfer eines rassistischen Angriffes werden, wird hier ein Justiz-System gezeigt, das den Herausforderungen, vor die es durch die stärker werdende gesellschaftliche Polarisierung, durch Aggression und Intoleranz gestellt wird, nicht gewachsen ist. Die Rekonstruktion des Prozesses zeigt, wie das demokratische Recht auf Verteidigung dazu ausgenutzt werden kann, Hass zu verbreiten und die bereits geschädigten Personen mehrfach zu viktimisieren.
Erol Afşin wurde 1989 in der Türkei geboren und lebt seit seinem 19. Lebensjahr in Deutschland. Er studierte Schauspiel, Theaterproduktion und Filmregie an der Essener Folkwang Universität der Künste. Afşin ist Autor der Kurzfilme The Way und Time. Als Schauspieler trat er in vielen deutschen und internationalen Produktionen auf, unter anderem in dem auch in Polen bekannten Film Mustang. Der Film Es brennt ist sein Spielfilmdebüt.
Sterben
Deutschland, 2024, 182 min
Regie: Matthias Glasner
Kamera: Jakub Bejnarowicz
Drehbuch: Matthias Glasner
Besetzung: Lars Eidinger, Corinna Harfouch, Lilith Stangenberg, Ronald Zehrfeld, Robert Gwisdek, Hans Uwe Bauer
Produktion: Port-Au-Prince Pictures GmbH, Schwarzweiss Filmproduktion, Senator Film Produktion
Vorführungen auf Festivals: Berlinale 2024; Den norske Filmfestivalen; Nowe Horyzonty, Wrocław 2024; Sydney 2024
Preise und Auszeichnungen: Silberner Bär für das beste Drehbuch (Matthias Glasner), Berlinale 2024; Bambi 2024 als Bester Schauspieler (Lars Eidinger); Deutscher Filmpreis 2024 für den Besten Film, die Beste weibliche Hauptrolle (Corinna Harfouch), die Beste männliche Nebenrolle (Hans-Uwe Bauer), für die Beste Filmmusik (Lorenz Dangel).
Agnieszka Pilacińska schrieb auf der Internetseite „Pełna sala“ [Voller Saal] in ihrer Rezension, dass „wir alle, unabhängig von geografischen Breitengraden, von Herkunft und Status, mit familiärer Nicht-Liebe, mit Kommunikationsbarrieren und mit affektiver Kälte umgehen müssen. Blutsbande garantieren einem nicht Wärme und Verbundenheit, statten einen nicht mit der Fähigkeit aus, im späteren Leben zurechtzukommen. Das ist zwar nichts neues, aber es macht uns zu schaffen.“ Matthias Glasner dekonstruiert in seinem Film den Mythos von der glücklichen und hilfreichen Familie, ohne dabei auf Humor und Empathie für seine Protagonisten zu verzichten. Dafür wurde er von der Jury der Berlinale mit dem Silbernen Bären für das Beste Drehbuch ausgezeichnet.
Matthias Glasner wurde 1965 geboren. Er ist Regisseur und Drehbuchautor, war früher Musiker in der Band „homesweethome“ und gründete 1993 die Produktionsfirma Jack Film & Musikproduktion. 1996 inszenierte Glasner Sexy Sadie, wobei er erstmals mit seinem Freund Jürgen Vogel zusammenarbeitete, mit dem er die Firma Schwarzweiss Filmproduktion gründete. In den folgenden Jahren führte Glasner bei mehreren Krimi-Thrillern fürs Fernsehen Regie. Auf die große Leinwand kehrte er 2006 mit dem Film Der freie Wille zurück, für den er den Regiepreis der Gilde der deutschen Filmkunsttheater auf der Berlinale 2006 erhielt, und für den Jürgen Vogel mit dem Silbernen Bären für die künstlerische Gesamtleitung ausgezeichnet wurde. Ein weiterer Film, den er beim Wettbewerb der Berlinale präsentierte, war Gnade. In den folgenden zehn Jahren arbeitete Glasner ausschließlich fürs Fernsehen. Sterben erhielt den Silbernen Bären für das Beste Drehbuch und vier weitere Filmpreise: für den Besten Film, für die Beste weibliche Hauptrolle (Corinna Harfouch), für die Beste männliche Nebenrolle (Hans-Uwe Bauer) und für die Beste Filmmusik (Lorenz Dangel).
Vena
Deutschland, 116 min
Regie: Chiara Fleischhacker
Kamera: Lisa Jilg
Drehbuch: Chiara Fleischhacker
Besetzung: Emma Nova, Friederike Becht, Paul Wollin, Barbara Philipp
Produktion: Neue Bioskop Film GmbH, SWR, HR, Filmakademie Baden-Württemberg
Festivalvorführungen: Hamburg 2024
Preise und Auszeichnungen: Deutscher Nachwuchspreis FIRST STEPS (für Regie und Kamera), Preis in der Kategorie „Deutsche Kinoproduktion“ auf dem Filmfest Hamburg 2024
Vena ist Fleischhackers Diplomfilm, gedreht an der Filmakademie Baden-Württemberg. Die junge Regisseurin zeichnet ein intimes Porträt einer jungen Frau, die nicht in der Lage ist, in der Gesellschaft zu funktionieren. Dieses reife Werk zeigt das Fiktive an institutionalisierter Unterstützung, die Hilflosigkeit des Systems und die Herzlosigkeit von sozialen Institutionen in Deutschland.
Chiara Fleischhacker wurde 1993 in Kassel geboren und studierte Psychologie in Freiburg, 2015 begann sie ein Studium der Regie und des Dokumentarfilms an der Filmakademie Baden-Württemberg. Hier drehte sie zwei kurze Dokumentarfilme über den deutschen Strafvollzug. Ein weiterer Film entstand in Zusammenarbeit mit der Filmhochschule La Fémis in Paris und gewann drei Preise für den besten studentischen Film. Vena ist Fleischhackers Diplomfilm und Spielfilmdebüt.
Wochenendrebellen
Deutschland 2023, 109 min
Regie: Marc Rothemund
Drehbuch: Richard Kropf
Kamera: Philip Peschlow
Besetzung: Florian David Fitz, Cecilio Andersen, Aylin Tezel, Joachim Król
Produktion: Wiedemann & Berg Filmproduktion
Festivalvorführungen: Tallinn Film Festival, 2023
Preise und Auszeichnungen: Bayrischer Filmpreis für den besten Schauspieler (Florian David Fitz), 2022
Die Geschichte, die Marc Rothemund erzählt, beruht auf einer wahren Begebenheit. Die Protagonisten sind Mirco von Juterczenka und sein Sohn Jason. Ihre Odyssee durch die Stadien, die von dem Vater in seinem mit dem Grimme Online Award ausgezeichneten Blogg beschrieben und dann als Buch herausgegeben wurde, ist die Grundlage für das Drehbuch geworden. Der Regisseur konzentriert sich darin auf die Beziehung zwischen dem Vater und dessen autistischem Sohn und zeigt, wie das ungewöhnliche und scheinbar schwer durchzuführende Vorhaben, das sie gemeinsam angehen, es dem Vater ermöglicht, die komplizierte psychische Struktur seines Sohnes zu verstehen, und dem Sohn, die Hingabe des Vaters für seinen ungewöhnlichen Wunsch anzuerkennen.
Marc Rothemund wurde 1968 geboren. Er war als Assistent bei mindestens neun Regisseuren tätig, unter anderem bei Helmuth Dietl und Dominik Graf. Mehrere Fernsehfilme hat er eigenverantwortlich gedreht, unter anderem Die Hoffnung stirbt zuletzt. Im Kino debütierte er 1998 mit dem Film Das merkwürdige Verhalten geschlechtsreifer Großstädter zur Paarungszeit. Sein Film Harte Jungs gehörte zu den Kassenschlagern der deutschen Kinos im Jahr 1999. Die Anerkennung der internationalen Kritik hat er 2005 mit seinem Film Sophie Scholl – Die letzten Tage gewonnen, der auf der Berlinale mit dem Silbernen Bären für die Beste weibliche Hauptrolle und mit dem Preis der ökumenischen Jury ausgezeichnet wurde. Das Werk war für den Oscar in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“ nominiert.
2013 drehte Rothemund den Film Heute bin ich blond, der auch in polnischen Kinos zu sehen war.
Gotteskinder
Deutschland, 2024, 117 min
Regie: Frauke Lodders
Kamera: Johannes Louis
Drehbuch: Frauke Lodders
Besetzung: Flora Li Thiemann, Serafin Mishiev, Michelangelo Fortuzzi, Mark Waschke
Produktion: Kinescope Film in Zusammenarbeit mit dem NDR und Arte
Festivalvorführungen: Filmfestival Max Ophüls Preis, 2024; Internationales Filmfestival Warschau (Warszawski Międzynarodowy Festiwal Filmowy), 2024
Preise und Auszeichnungen: im Rahmen des Filmfestivals Max Ophüls Preis den Preis der Jugendjury, auf dem 40. Internationalen Filmfestival Warschau (Warszawski Międzynarodowy Festiwal Filmowy) Sieger des Wettbewerbs 1–2
Ein Jahr lang hat die Regisseurin das Umfeld der evangelischen Gemeinschaft erforscht, die Thema dieses Filmes ist. Für ihr Drehbuch erhielt sie 2019 den Hessischen Filmpreis. Anfangs scheint die Familie von Hannah und Timotheus glücklich, und die Beziehungen zwischen den Familienmitgliedern harmonisch und konfliktfrei. Die strengen, von der Kirche aufgezwängten moralischen Gebote und deren fanatische Einhaltung scheinen allen genehm zu sein. Erst die Konfrontation mit der Außenwelt führt dazu, dass die Kinder den Widerspruch zwischen den eigenen Emotionen und den Erwartungen der Eltern wahrzunehmen beginnen. Und obwohl Hannah sich vor der Ehe wirklich an ihr Keuschheitsgelübde halten will, und Timotheus verzweifelt gegen seine Gefühle ankämpft, erreichen die Eltern und die Gemeindemitglieder mit ihrer radikalen Haltung genau das Gegenteil dessen, was sie beabsichtigen.
Frauke Lodders wurde 1984 geboren. Sie studierte Visuelle Kommunikation mit dem Schwerpunkt Filmregie und Drehbuch an der Kunsthochschule Kassel. Sie arbeitet als freie Regisseurin, Drehbuchautorin und Produzentin. Ihr Diplomfilm Morpheus hatte seine Premiere auf dem Filmfestival in Shanghai 2015 und wurde auf zahlreichen Festivals gezeigt. Ihr Dokumentarfilm-Debüt Unzertrennlich war 2018 für den Hessischen Filmpreis nominiert. Lodders neuster Film Gotteskinder (2024) ist ihr Spielfilmdebüt, für das sie bereits 2019 den Hessischen Filmpreis für das Beste Drehbuch erhalten hat und 2024 auf dem Internationalen Filmfestival Warschau (Warszawski Międzynarodowy Festiwal Filmowy) mit dem Hauptpreis im Wettbewerb 1–2 ausgezeichnet wurde.
Führer und Verführer
Deutschland, Slowakei 2024, 135 min
Regie: Joachim A. Lang
Kamera: Klaus Fuxjäger
Drehbuch: Joachim A. Lang
Besetzung: Robert Stadlober, Fritz Karl, Franziska Weisz, Dominik Maringer
Produktion: Zeitsprung Pictures, SWR, Maya, Act HeadQuarter Media
Festivalvorführungen: Filmfest München 2024
Preise und Auszeichnungen: Publikumspreis in München 2024
Für das Drehbuch dienten als Vorlage die Tagebücher von Joseph Goebbels, Zeugenberichte, Briefe und andere erhaltene Dokumente. Es rekonstruiert die letzten sieben Jahre des NS-Staates, ab dem „Anschluss“ Österreichs im März 1938 bis zum Untergang des Dritten Reiches mit Mord und Selbstmord im Führerbunker in Berlin im Mai 1945. In die Handlung wurden alte Wochenschauen und archiviertes Filmmaterial eingebaut, auch Szenen aus den oben genannten Produktionen, was einen Blick hinter die Kulissen der nationalsozialistischen Propaganda ermöglicht und die seit Jahren unveränderten Mechanismen der Arbeit von Medien sichtbar macht, die von Regierungen abhängig sind. Der Regisseur zeigt auch, wie gefährlich die Interaktion zwischen geschickten Demagogen und Menschen ist, die zur Radikalisierung ihrer Ansichten neigen, und wie aktuell dieses Problem heute immer noch ist.
Joachim A. Lang ist 1959 geboren. Er studierte Germanistik und Geschichte in Heidelberg und Stuttgart. Ab 1986 arbeitete er für den SWR als Redakteur, Regisseur und Autor. 2001 schrieb er das Drehbuch zu dem Dokudrama Jud Süß – Ein Film als Verbrechen?. Als Regisseur und Autor drehte er weitere Dokumentarfilme, unter anderem Da wo ich bin ist Panama. Die Lebensreise des Herrn Janosch (2011, TV) sowie George (2013) über das Leben des Schauspielers Heinrich George. Eine wichtige Figur in Langs Arbeit ist Bertold Brecht. Im Jahr 1998 produzierte Lang anlässlich von Bertold Brechts 100. Geburtstag im Auftrag der ARD und Arte die fünfteilige Dokumentation Denken heißt verändern. Zu Brechts 50. Todestag machte er 2006 den Film Brecht – Die Kunst zu leben (2006, TV). Sein erster Langspielfilm war Mackie Messer – Brechts Dreigroschenfilm (2018). Auf dem Filmfest München präsentierte er 2024 seinen neuen Film Führer und Verführer, für den er mit dem Publikumspreis ausgezeichnet wurde.