Unverkennbares Erbe

In der europäischen Kultur- und Geistesgeschichte gibt es neben der Romantik wohl keine andere Epoche, die sowohl in Polen als auch in Deutschland so häufig und bereitwillig als Bezugspunkt nicht nur in Literatur und Kunst, sondern auch im politischen, gesellschaftlichen oder religiösen Diskurs herangezogen wird. Ausdruck des regen Interesses an dieser Epoche sowohl in Deutschland als auch in Polen sind beispielsweise die Eröffnung des Museums der deutschen Romantik in Frankfurt am Main im Jahr 2021 und wenige Monate später wurde das Jahr 2022 in Polen zum Jahr der polnischen Romantik ernannt. Denn diese geistige Strömung von vor über 200 Jahren scheint ein eigentümlicher polnisch-deutscher Topos zu sein, ein Ort gemeinsamer Mentalität, auf den wir uns so oft berufen, um Phänomene und Vorgänge in der Vergangenheit und in der Gegenwart zu erklären - oft in Bereichen, die durchaus überraschend sind. Bei kritischer Betrachtung des Themas wird jedoch schnell deutlich, dass der Topos in beiden Ländern nicht nur sehr unterschiedlich verstanden wird, sondern auch die Quelle unterschiedlicher Einstellungen und Wahrnehmungen ist. So gibt es beispielsweise unterschiedliche Auffassungen vom Individuum und seiner Rolle in der Gesellschaft, unterschiedliche Perspektiven auf die politischen Folgen der Romantik und unterschiedliche Sichtweisen auf Identitätsfragen oder Emanzipationsfragen als Folge der Veränderungen des frühen 19.Jahrhunderts.

Ziel der organisierten Diskussionsreihe ist es, diesen Gemeinsamkeiten wie auch Unterschieden nachzugehen und die Reflexion über die Präsenz der Romantik und ihr nicht offensichtliches Erbe in unserer Wahrnehmung der Gegenwart zu vertiefen.

Alle Diskussionen werden von den Initiatoren der Reihe moderiert: Prof. Piotr de Bończa Bukowski und Prof. Paweł Zarychta.

Einzelne Veranstaltungen:

14.10.2024 - Imaginierte und reale Romantik: Deutsche und Polen

18.11.2024 - Politische Romantik. Was ist die politische Romantik und sollte man sie fürchten?

20.01.2025 - Die Frau und ihre romantischen Wege zur Freiheit

Termine weiterer Diskussionen folgen.