Sudan Retold

Ein Kunstbuch über die Vergangenheit und Zukunft des Sudan

Kunst ist untrennbar mit Geschichte verwoben. Historische Ereignisse bilden oft den Hintergrund der Werke von Künstler*innen und Schriftsteller*innen, die unter Einsatz ihrer künstlerischen und literarischen Fantasie Vergangenheit und Gegenwart miteinander verbinden und dabei einen Blick in die Zukunft werfen. Dennoch sollte man solche Kunstwerke nicht aus einer rein historischen Warte beurteilen, sondern vielmehr versuchen, ihre Botschaft an das Publikum möglichst genau zu verstehen.

Aus ebendieser Perspektive beschreibt der Cartoonist Khalid Albaih Sudan Retold als eine ‚Imagination‘ des Sudan durch Comiczeichner*innen, Autor*innen, Grafiker*innen, einem Koch, Filmemacher*innen und Maler*innen. Sie alle bedienen sich der Geschichte des Sudan und reproduzieren einige ihrer bedeutenden Aspekte in Bildergeschichten, Erzählungen, abstrakten Zeichnungen und sinnlichen und expressiven Bildern.
 

Vorwort


von Khalid Wad Albaih

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Malaz Sami: Die Schöpfungsgeschichte der Nuer

Die Geschichte in diesem Kapitel beschreibt die Moral der Menschheit, basierend auf einem Entstehungsmythos der Nuer im Südsudan. Sie zeigt, wie die Menschen auf der Erde durch ihr unmoralisches Verhalten ihre Verbindung zum Himmel verlieren. Die Götter ziehen das Seil, welches Himmel und Erde verbindet, nach oben und trennen somit die beiden Welten.

Hazim Alhassan: Der neue Pharao

In der Kollektion „Neue Pharaonen“ illustriert Hazim Alhassan sein Verständnis der Einflüsse zweier verschiedener Formen von Kolonialismus in seinem Land: Einerseits den Einfluss der ägyptisch-britischen Kolonialgeschichte, andererseits den der Globalisierung, die der Autor als eine moderne Art von Kolonialismus versteht. „Der neue Pharaoh“ beschreibt die kulturellen, sozialen und ökonomischen Auswirkungen dieser Hegemonien.

Migdad Aldikhari: Die Steinzeit

In diesem Kapitel liegt der Fokus auf der Steinzeit – Migdad Aldikhari erforscht, welchen Stil Elemente dieser Epoche inspirieren. Er ließ dabei seiner Fantasie bei der Erarbeitung des Kapitels freien Lauf, inspiriert von seinen Reisen durch Afrika und besonders durch den Sudan.

Sara M. Alamin Badawi: Die Superheldin Candik

Candik ist ein fiktionaler nubischer Charakter, eine Comicbuch-Heldin. Der Name Candik kommt von „Kandake“, den mächtigen Königinnen, die einst Meroë regierten. Ausgebildet in der Kunst des Krieges ist Candik eine geschickte Nahkämpferin und wurde von den Göttern auserwählt, ihr Dorf vor dem Bösen zu beschützen. Sie ist die Tochter einer weisen Frau mit dem Namen Tiriz, die von Slaj getötet wurde. Slaj ist ein verrückter alter Mann, der glaubt, er sei der rechtmäßige Herrscher Nubiens. Slajs Vater ist der Gott des Bösen. Er wusste, dass Tiriz die Frau ist, welche ein heroisches Kind auf die Welt bringen wird, das Nubien vor Gefahren beschützen soll. Ihm war bewusst, dass es seinen Tod bedeutet, wenn er einen heroischen Menschen tötet. Und so opferte er sich auf, um seinem Sohn das Erbe der Herrschaft Nubiers zu überlassen. Triz starb, um Candiks Leben zu retten.

Dar Al Naim: Die Stadt Faras während der christlichen Ära

Die Rekonstruktion der Stadt Faras erzählt uns etwas über die christliche Ära des Sudans. Alle Arbeiten in dieser Serie sind Originale und entstanden in einer Mixed-Media-Technik mit handgemachten Stempeln, Tinte, Kollagen und Zeichnungen.

instagram.com/daralnaimart

Khalid Abdalraman: Gesichter von Sannar

Sechs Persönlichkeiten lebten in den ersten 40 Jahren des ‚Blauen Sultanats‘ oder Sultanats von Sannar, das von 1503 bis 1821 bestand. Es war das erste Sultanat, das die meisten der heute existierenden Gesellschaften im Sudan unter eine Herrschaft stellte – wie es im „Buch der Klassen“ von Wed Deifallah heißt, dem ersten bekannten Buch über die Geschichte des Sudans in arabischer Sprache.

Malaz AbdAllah Osman & Mawadda Kamil: Der Chinesische Gordon

Charles George Gordon (1833–1885), auch Chinese Gordon war ein britischer Armeeoffizier und Verwalter. Er leistete seinen Militärdienst erst in China ab und wurde dann als Gouverneur in den Sudan versetzt. Da die Einzelheiten seines Todes nicht bekannt sind, spinnen sich viele Geschichten um seine Ermordung. Eine romantisierte Darstellung namens „General Gordon’s Last Stand“ findet sich in einer Malerei von George William Joy. In dieser wortlosen Illustration porträtieren wir die Momente kurz vor seinem Tod aus seiner Perspektive und führen die Geschichte fort, auch nachdem er erstochen wurde.

Aala Sharfi, Abeer Saleh, Qutouf Yahia & Safwa Mohammad: Auszüge vom Zug – Locale

Dieses Kapitel informiert über das Eisenbahnsystem im Sudan, seine kulturelle Bedeutung und seine Einflüsse auf die sudanesische Gesellschaft. „Sikka“ ist ein fiktionaler Austausch zwischen Adil und Widad, einem Paar in den 1980er Jahren, während des Baus des Eisenbahnsystems. Dieser Austausch soll das Leben im Sudan in den 1980er-Jahren veranschaulichen.

Alaa Satir: Hallo

Im Sudan gibt es mehr als 500 Sprachen und Dialekte, die aus vier verschiedenen Sprachfamilien stammen. In Anbetracht der Tatsache, dass es in der Welt nur 17 Sprachfamilien gibt, ist der Sudan eines der linguistisch vielfältigsten Länder der Welt. Diese Arbeit zeigt eine Szene aus dem modernen Alltag in Khartum. Sie fängt die Diversität von Menschen der verschiedenen Gemeinschaften ein – und wie sie in ihren jeweiligen Sprachen das Wort „Hallo“ zueinander sagen.

Wael Ali Al Sanosi: Mujahid Al-Faqih Abdullah Al-Suheini

Fellatah ist der Name einer Gemeinschaft im Westen des Sudans. Die Geschichte beschreibt die Revolution eines einzelnen Fellatah während der britischen Kolonialherrschaft im Jahre 1921. 

Wael Al Sanosi:
facebook.com/wellyce

Yasir Faiz & Sadig Gasim Mukhayer: Die Weiße-Flaggen-Liga

1956 erlangte der Sudan seine Unabhängigkeit, 2011 teilte sich das Land in zwei. Aber was wäre passiert, wenn die 1924 initiierte Revolution gegen die britischen Kolonisatoren erfolgreich gewesen wäre und zur Unabhängigkeit geführt hätte? Das Militär und die zivilgesellschaftlichen Eliten, die für die Aufstände verantwortlich waren, kamen zum Großteil aus dem Südsudan. Diese Geschichte erkundet eine alternative Realität.

Sahar Abdel Karim Abdalla: Der Zweite Weltkrieg

Den Arbeiten in diesem Kapitel liegen die Kindheitserinnerungen von Ibrahim Abdal-la Mohamed, dem Großvaters des Zeichners, zugrunde. Ibrahim wurde 1926 in Port Sudan geboren, als Sohn einer muslimisch-indischen Mutter und eines christlich-indischen Vaters, der kurz nach 1900 in den Sudan migriert und zum Islam konvertiert war. Schon als Kind rang Ibrahim mit seinem Verständnis von Identität im Sudan unter britischer Kolonialherrschaft. Dies wurde noch erschwert durch den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und die Angriffe, die das Land im Kampf zwischen den italienischen und britischen Kolonialmächten erdulden musste. 

Sahar Abdalla:
behance.net/XtraSee

Salma Eghail & Amna Elhassan: Ein Telefongespräch mit Haboba

Ein Telefongespräch mit Haboba, die aus ihrem Leben auf Aba Island während Numairis Aufstand in den frühen 1970-ern erzählt. Haboba beschreibt ihre Sicht auf die Dinge auf eine spontane und lustige Art und Weise. 

Amna Elhassan:
facebook.com/AmnaArtwork/

Ibrahim ElSalahi: Khartumer Schule

Kunst ist seit hunderten von Jahren ein integraler Teil der sudanesischen Gesellschaft. In der Geschichte des Sudan ist dies beispielsweise sichtbar, wenn man sich die nubischen Tempel und christlichen Königreiche anschaut. Über die Jahrhunderte hat sich die Kunst im Sudan immer weiterentwickelt, um die Gesellschaft und ihre Umgebung widerzuspiegeln.

Omer Eltigani: Aisha, die Fadadia

Mit diesem Beitrag soll ein Verständnis für das Verhältnis der Sudanes*innen zu ihrem Essen und ihren Getränken vermittelt werden. Dabei kommen auch Tabuthemen zur Sprache, um einen persönlichen oder öffentlichen Diskurs darüber und den politischen Einfluss auf Tabus zu initiieren. Die Rolle der Frau in der sudanesischen Gesellschaft ist traditionell betrachtet die einer Hausfrau, allerdings tritt hier Aisha als Versorgerin mit Karriere auf – eine Rolle, die nicht oft dargestellt wird und der eine Stimme fehlt.

Sarra Ibrahim Saeed: Die Hakkama

Eine „Hakkama“ ist eine Frau, die in den meisten arabischen Gesellschaften, besonders im Westen des Sudans existiert. Sie improvisiert mit Worten, Rhythmen und einfachen Melodien. Eine Art ‚Instant-Songwriting‘. Für dieses Talent wird sie respektiert, geschätzt und gepriesen. Es ist eine Gabe, die sie gegen und für die Menschen um sich herum einsetzen kann. Auch die Autoritäten der Gesellschaft respektieren ihre Rolle. Die Gemeinschaft, in der sie lebt, hört auf sie und ordnet sich ihrer Führung unter, da sie dafür bekannt ist, ehrlich, vertrauenswürdig und verlässlich zu sein.

Sammany Hajo: Briefcase

Die Idee zu „Briefcase“ begann als eine persönliche Herausforderung. Der Autor wollte schon immer sudanesische Musik mit anderen Genres, die er gerne hört, kombinieren – etwa mit Hip-Hop, Jazz und Reggae. 2014 veröffentlichte er seinen ersten sudanesischen Remix unter dem Namen „Min Zaman“, und das Feedback war großartig. So entschloss er sich, ein „Beat Tape“ zu produzieren.

Mohamed Dardiri: Dr. John Garang de Mabior

Dieser Beitrag gewährt einen Einblick in das dynamische Leben des Dr. John Garang de Mabior – oder eine Version davon aus der Sicht Mohamed Dardiris. Der Künstler denkt begeistert über den tatkräftigen Einfluss eines seiner persönlichen Helden auf die sudanesische Gesellschaft nach. Vor Beginn des Informationszeitalters und dem Internet, im Chaos des längsten Bürgerkriegs der Welt im Sudan, bestimmte Propaganda die öffentliche Meinung und die Ansichten der Menschen in Khartum.

Ahmed Aladdin Abushakeema: Die tausend Gesichter des Sudan

Dieses Projekt zeigt eine Porträtserie mit tausend Gesichtern aus dem Sudan – ein künstlerischer Ansatz, die Geschichte dieser Nation mit ihrer Vielfalt an Ethnizitäten und individuellen Geschichten zu erzählen. 

instagram.com/abushakeema

Enas Ismail & Yasir S. Abuagla: Frauen

In diesem Beitrag erkunden Enas Ismail & Yasir S. Abuagla Schönheit auf eine alternative Art und Weise – den Leser*innen wird zugleich das Alter und die Stärke der dargestellten Frauen aus dem Süden und Westen des Sudans vermittelt. Dies geschieht auch mithilfe von Kunstobjekten und Ausschmückungen, die typisch für die jeweilige Region sind und den Frauen zur Seite gestellt werden. Alle Objekte basieren auf sudanesischer Kultur, die so auf eine moderne Art dargestellt wird. Das künstlerisches Make-up der von Yasir Abuagla fotografierten Frauen ist inspiriert durch lokale Schönheitsideale.

Enas Ismail:
instagram.com/alfanjaryaart

Enas Satir & Husam Hilali: Das Goldene Königreich

Die Geschichte von Berenice spielt in einem goldenen Königreich, in dem die antiken Pharaon*innen ihr Gold aufbewahrten. In diesem Königreich lebte einst Berenice, eine schöne junge Frau mit goldstrahlenden Augen und prachtvollem schwarzem Haar. Ein eifersüchtiger Dschinn verliebte sich in sie und machte das gesamte Königreich für alle unsichtbar, die versuchten, es zu finden. 1989 änderte sich die Situation im Sudan und der Dschinn wusste, dass er unter diesen Bedingungen nicht weiter mit seiner Prinzessin im Königreich leben konnte. So entschied er sich, Berenice aus dem Königreich in den Untergrund zu bringen. Nachdem somit sein Schutz nicht mehr bestand, ‚entdeckten‘ zwei italienische Archäologen das Königreich und nannten es Berenice.

Enas Satir:
facebook.com/satirdesigns

Enas Ismail: Die Griechen

Während der Recherche zu diesem Thema suchte Enas Ismail nach einem Beispiel für griechischen Einfluss auf den Sudan – fündig wurde er mit „Pasgianos“, einem Softgetränk, das von George Dimitri Pasgianos erfunden wurde. Dieser versuchte, griechische Kultur in den Sudan zu bringen, indem er sudanesische Zutaten mittels einer griechischen Technik zu einem sprudeligen Getränk verarbeitete. Das Schöne daran ist, dass viele Sudanes*innen „Pasgianos“ mögen und beim Gedanken daran nostalgisch werden – vor allem diejenigen, die außerhalb des Sudans leben.

Rayan H. Nasir: 100 Jahre Schönheit

„100 Jahre Schönheit“ ist ein Projekt, das sich zum Ziel gesetzt hat, sowohl die natürliche Schönheit als auch den modischen Sinn der sudanesischen Frauen über die Jahrzehnte hinweg zu zeigen – und wie dieser von ökonomischen, kulturellen und politischen Faktoren sowie der Globalisierung betroffen und weiterhin beeinflusst wird. Sudanesische Frauen sind stark und einzigartig, und dies manifestiert sich in ihrem Aussehen – egal ob sie sich auftakeln, ob sie natürlich bleiben oder ob sie sich traditionell, aber mit einem Hauch von Moderne geben. Das Projekt basiert auf alten Familienalben sowie Fotos aus Büchern und dem Internet, und es ist inspiriert von der Kraft und Schönheit unserer Mütter, Tanten, Großmütter und Urgroßmütter.

Badri Ibrahim: Die größte Party

Am 1. Januar 1956 verkündete der Sudan seine Unabhängigkeit von der britisch-ägyptischen Besatzung, die 58 Jahre angedauert hatte. Eine besondere Zeremonie wurde abgehalten, in der die britische und die ägyptische Flagge eingeholt wurden. Der damalige Premierminister Ismail Al-Azhari hisste während der Feierlichkeiten die sudanesische Flagge. Diese Geschichte beschreibt den Morgen, an dem diese Flagge zum ersten Mal gehisst wurde, so wie Abbas sie seinem Esel erzählt. Er empfahl ihm diesen Moment für eine Zeitreise, da dies die großartigste Party in der Geschichte des Sudans gewesen sein muss.

Mohamed Yahia & Yousuf Elameen Elkhair: Die Beja-Schwertkampfkunst

Die Beja sind Gemeinschaften, die im Osten des Sudans leben. Ihr distinktives Erbe ist ihr Heldenmut, der vom Altertum bis zu den afrikanischen Unabhängigkeitskriegen des 20. Jahrhunderts bekannt ist. Dieses Kapitel gibt einen kleinen Eindruck von ihrer Tapferkeit. 

Mohamed Yahia: 
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Yousuf Elameen:
instagram.com/yakam_dudes

Mohamed Yahia & Yousuf Elameen Elkhair: The Elite Black Corps

„The Elite Black Corps“ waren eine Gruppe schwarzer Soldaten aus dem Sudan im 18. Jahrhundert – gut ausgebildet, angstfrei, immer in der Unterzahl, immer siegreich. Viele Jahre haben diese Männer in Mexiko gekämpft. 

Mohamed Yahia: 
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Yousuf Elameen:
instagram.com/yakam_dudes

Prolog


von Ahmed Ibrahim Abushouk

Prolog

Impressum

Idee: Khalid Albaih
Herausgeber*innen: Khalid Albaih, Larissa-Diana Fuhrmann
Texte, Kunstwerke, Musik: involvierte Künstler*innen 
Editorial: Larissa-Diana Fuhrmann, Khalid Albaih, Holger Konrad, Amani Lazar, Locale: Qutouf Yahia, Rund AlArabi
Übersetzungen: Larissa-Diana Fuhrmann, Isis Hakim, Najwa Sabra, Ghazi Eltayeb, Günther Orth
Design Team: Locale: Aala Sharfi  
Verlag: Hirnkost KG
Förderung: Goethe-Institut Sudan

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