New York
Tompkins Square Park
Der über 4.000 Quadratmeter große Tompkins Square Park im East Village von New York wird für verschiedene Zwecke genutzt: Er ist sowohl ein kultureller Treffpunkt als auch eine kleine grüne Oase in der Stadt. Anders als andere Parks dieser Größe, etwa der Washington Square Park, Bryant Park oder Fort Green Park, besitzt Tompkins Square keinen Kultstatus. Es gibt keinen Torbogen oder Springbrunnen als Wahrzeichen, und er ist auch nicht besonders ausgedehnt. Für viele Anwohner und Besucher, Touristen und Angestellte, die hier ihre Mittagspause verbringen, ist der Tompkins Square Park jedoch eine wichtige Insel der Erholung, die sogar historisch bedeutend ist.
Der Park bietet von der East 7th Street bis zur East 10th Street zwischen den Avenues A und B für jeden etwas. Eine große Mehrzweckfläche im Nordwesten lockt Skateboarder, Fußballer und Hockeyspieler. Auf Familien mit Kindern warten an den Eingängen der East und West Avenue renovierte eingezäunte Spielplätze. In der nordöstlichen Ecke befinden sich Basketball- und Handballfelder, und der kleine oberirdische Pool sorgt an warmen Tagen für Erfrischung. Auf der gegenüberliegenden Seite im Südwesten an der East 7th Street und Avenue B laden 16 Granittische zum Freiluft-Schachspiel ein.
Direkt im Anschluss daran liegt in Richtung Avenue B und 9th Street die wohl größte Attraktion des Parks: ein dreieckig angelegter Hundeauslaufplatz, der erste seiner Art in New York.
An einem sonnigen Tag Ende November treffe ich dort Officer Carl Winslow – einen Pitbull, sowie seinen Besitzer David, die hier täglich vorbeikommen. „Es gibt keinen anderen Grund hierherzukommen“, erklärt mir David, „seit dem letzten Jahr hat sich nämlich hier einiges getan.“ Es heißt, dass die WC-Anlagen des Parks beiderseits eines kleinen Innenhofs mit Picknickfläche bis vor kurzem noch sehr heruntergekommen waren und vor allem Drogensüchtige anzogen. Noch 2012 wurden sie vom Complex Magazine als zweitschlechteste öffentliche Toiletten in ganz New York City gekürt. Nach 311 Nennungen hat die Stadt jedoch eine Sondereinheit damit beauftragt, das Örtchen einer Generalüberholung zu unterziehen.
Die 1990 eröffnete Hundewiese im Tompkins Square Park wird nicht von der Stadt finanziert und gepflegt, sondern von Freiwilligen vor Ort. Im Jahr 2008 wurden 450.000 Dollar investiert, um Bänke und Tische aufzustellen, einen unterirdischen Wasserablauf und Wasserbecken zu installieren sowie getrennte Bereiche für große und kleine Hunde einzurichten. Offenbar haben diese Bemühungen dem Gemeinschaftsgefühl und dem Engagement vieler Bürger, den Park sicher und sauber zu halten, gutgetan. Das Organisationsteam Friends Of First Run finanziert die Fläche durch Spenden. Das berühmteste Beispiel ist die jährlich stattfindende Tompkins Square Park Halloween Dog Parade, die weltweit größte Parade mit kostümierten Hunden. In diesem Jahr lockte das eine Woche vor Halloween durchgeführte Spektakel mehr als 500 verkleidete Hunde in den Park. Zum ersten Mal dabei war auch Grace Chiu, eine Erziehungsberaterin aus der Upper East Side mit ihrem als Amelia Dogheart verkleideten Yorkshire Terrier Pip Puddlegum.
„Diese Parade bringt wirklich alle zusammen“, so Chiu. „Ich dachte schon, ich wäre die einzige verrückte Hundebesitzerin in der Stadt, aber hier treffe ich viele Gleichgesinnte. Wir New Yorker sind schon echte Hundenarren!“ Pip, der extra darauf trainiert wurde, während der gesamten Parade in einem einmotorigen Mini-Flugzeug zu sitzen, ist bei diesem Event besonders gewürdigt worden und konnte dank einer Erwähnung in der New York Times die Zahl der Instagram-Follower auf mehr als 6000 erhöhen (wer mehr wissen möchte: @yorkieinnewyorkie).
Wie jede zur öffentlichen Nutzung gedachte Fläche muss auch der Tompkins Square Park damit zurechtkommen, dass es hier nicht immer nur um Spiel und Spaß ging. Das ehemalige Sumpfgebiet wurde 1837 von Peter Stuyvesant der Stadt übergeben und 1850 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. In nur wenigen Jahren hat sich der Park als inoffizielle Bühne für allerlei Proteste etabliert. Laut des New York City Parks Department werden im Tompkins Square Park nunmehr seit 160 Jahren regelmäßig Proteste abgehalten, seit im Jahr 1857 hier erstmals eine Kundgebung gegen mangelnde Arbeitsplätze stattgefunden hatte.
Das berühmteste Beispiel ist die jährlich stattfindende Tompkins Square Park Halloween Dog Parade, die weltweit größte Parade mit kostümierten Hunden.
In den 1980er Jahren wurde der Park zum Schauplatz von Protestveranstaltungen gegen die zunehmende Gentrifizierung. Als der Park die Einlasszeiten änderte und einen gusseisernen Zaun errichtete, war für die Demonstranten klar, dass der Park die oft hier übernachtenden Obdachlosen von hier vertreiben wollte. Als die Spannungen im Jahr 1988 wuchsen, schloss der Park und unterzog sich diversen Renovierungen. 1990 wurde er dann wieder geöffnet.
Gigi Sam, ein türkischer Einwanderer, der hier seit 30 Jahren lebt, vermisst die Zeiten, in denen im Stadtteil jeder jeden kannte und die Hausbesitzer noch keine anonymen Managementfirmen waren. „In diesem Gebiet hier, von hier bis zum Fluss, war früher noch nichts“, erklärt er und zieht an seiner Zigarette. „Jetzt zieht es die Neureichen hierher. Das Leben hier hat sich sehr verändert.“ Er gibt aber auch zu, dass der Park inzwischen viel sauberer ist.
An der gegenüberliegenden Seite des Parks treffe ich zwei Frauen, die an einer der Betonplatten im Park unter den Augen ihres Cavalier King Charles Spaniel Tischtennis spielen. Die beiden, die ihren Namen lieber nicht sagen wollen, sind aus Polen eingewandert und leben hier seit 14 bzw. sieben Jahren. Anders als Mr. Sam haben sie gegen die Gentrifizierung in und um den Park nichts einzuwenden. „Es ist doch wunderschön hier“, sagt eine der beiden „Ich mache hier sehr gerne Sport. Vor allem ist der Park aber ein Ort der Liebe.“