Die Ausstellung TECHNO WORLDS in Montreal
„Authentisch, lebendig und wandelbar“
Mit der Ausstellung TECHNO WORLDS präsentieren internationale Künstler*innen und Musiker*innen ihre Auseinandersetzung mit Technomusik und -kultur. Die Ausstellung des Goethe-Instituts geht auf weltweite Tournee und ist ab 13. Mai in Montreal an drei Locations zu sehen: Im Centre PHI, in der Societé des arts technologiques (SAT) und im Goethe-Institut.
Von Mathilde Weh, Justin Hoffmann, Creamcake
An den Bruchlinien von Musik, Kunst, Pop, Medien und Technologien verfolgt die Ausstellung TECHNO WORLDS einen interdisziplinären und offenen Ansatz. Der Titel bezieht sich auf die vielfältigen Techno-Szenen, Genres und subkulturell-politischen Projekte von den 1980er-Jahren bis heute, zu unterschiedlichen Zeiten, an unterschiedlichen Orten und spürt kulturellen und ökonomischen Aneignungsprozessen nach.
Der Club war ein Zufluchtspunkt
Techno und Clubkultur haben verschiedene Epochen, Stile und Varianten hervorgebracht und erfinden sich immer wieder neu. Clubkultur baut eigene Welten auf. Sie bietet flüchtige, halböffentliche soziale Räume, in denen auf der Suche nach Selbstbestimmung und alternativen Realitäten das Anderssein zelebriert wird. So prägte das Clubleben ein neues Konzept von Jugend- und Musikkultur, das sich durch eine dynamische, gemeinsame Erfahrung auszeichnet, die schon immer eine Anziehungskraft auf Menschen aus vielen Bereichen der Gesellschaft ausübte.Seine Inspiration bezog Techno aus vielen verschiedenen Genres und aus unterschiedlichen Regionen dieser Welt. Seine Geburtsstätte allerdings war die einstige Autostadt Detroit, wo Mitte der 1980er-Jahre afroamerikanische Musiker*innen maßgeblich an der Entstehung der Techno-Musik beteiligt waren. Sie ließen sich von einer Vielzahl von Quellen inspirieren, von Electro und Funk bis hin zum europäischen Elektronik-Pop von Kraftwerk und Georgio Moroder. In Detroit waren die Auswirkungen der Technologisierung wie Prekarisierung und der Verlust von Sicherheit für die Arbeiter*innenklasse unmittelbar spürbar. Der Club war ein Zufluchtspunkt, wo sich Gleichgesinnte fanden und sich eine Gemeinschaft bildete, in der man akzeptiert und toleriert wurde.
Wenn der dunkle, verborgene Club - der eine Pol der Raumerfahrung von Techno ist, dann ist der andere eine exponentielle Bewegung nach außen. Zahlreiche unbesetzte Räume wie leere Industriehallen, Wiesen am Stadtrand, aber auch Straßen in der Innenstadt, in denen Demonstrationen beziehungsweise Paraden abgehalten wurden, wurden für Techno-Partys temporär besetzt. Analog zur Reclaim-the-Streets-Bewegung bemächtigte sich die Techno-Szene tanzend, sich austobend und nach Glücksmomenten suchend Orte, die sonst dem Autoverkehr dienten. Mit dieser Aneignung von Räumen wird auch eine Kritik an den von ökonomischen Interessen geprägten urbanen Verhältnissen deutlich. Der politische Charakter zu Beginn der Techno-Paraden war offensichtlich, auch wenn im Laufe der Zeit der kommerzielle Aspekt immer zentraler wurde.
Freiräume, in denen man sich ausprobieren kann
Im Laufe der 1990er-Jahre wurde Techno immer populärer und die Bewegung entwickelte sich zu einem Massenphänomen. Heute stehen Techno und Clubkultur meist für Individualismus, Spaß und Selbstverwirklichung. Medienkonzerne erkannten das dem Phänomen innewohnende ökonomische Potenzial.Die weltweit tourende Ausstellung TECHNO WORLDS möchte nicht in Nostalgie verharren, sondern bildet die zukunftsgerichteten Visionen einer Lebenskultur ab, deren Wandlungsfähigkeit und Sperrigkeit einzigartig geblieben ist. Nur durch ihre immerwährende Ausübung und den Erhalt von Freiräumen, in denen man sich ausprobieren kann, bleibt die Techno- und Rave-Kultur mit ihren unzähligen Eingängen vital, authentisch, lebendig und wandelbar. Für die Ausstellung wurden über 20 internationale Künstler*innen, Musiker*innen und Filmemacher*innen ausgewählt, die in ihren Werken die Grenzen zwischen Kunst und Musik verschwimmen lassen.
Einladung in Techno- und Clubkultur
In Montreal dabei sind Arbeiten von Chicks On Speed, Tony Cokes, Zuzanna Czebatul, DeForrest Brown, Jr. & AbuQadim Haqq, Aleksandra Domanović, Rangoato Hlasane, Ryōji Ikeda, Maryam Jafri, Robert Lippok, Mamba Negra, Henrike Naumann & Bastian Hagedorn, The Otolith Group, Carsten Nicolai, Vinca Petersen, Daniel Pflumm, Sarah Schönfeld, Jeremy Shaw, Tobias Zielony, Kerstin Greiner und Lőrinc Borsos.Die Positionen in TECHNO WORLDS thematisieren den Club, aber auch die Rave-Kultur, als Gemeinschaft und Ort für politische Aktionen und Widerstand. Andere Beiträge setzen sich mit der utopischen Wichtigkeit der Techno-Kultur, Clubkultur als Ort des queeren Widerstandes oder auch ästhetischen Prinzipien der Intertextualität im Techno auseinander. Neben Videoinstallationen, Songs, Skulpturen und Bildern, werden auch dokumentarische Beiträge gezeigt, ein gleichnamiger Katalog wird mit Text- und Bildbeiträgen in die Welten des Technos und der Clubkultur einladen.
Kommentare
Kommentieren