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Eine Facebook-Debatte
Karl Marx in Sozialen Medien

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© Goethe-Institut e.V.

„Ist Karl Marx nach 200 Jahren immer noch relevant?” Diese Frage stellte das Goethe-Institut Washington in einem Facebook-Post zum Projekt „Marx Now“, mit dem die Übertragbarkeit des deutschen Theoretikers auf aktuelle Diskurse untersucht wurde. Begibt man sich auf die Suche nach Antworten, wird man im Kommentarbereich des Facebook-Posts schnell fündig. 

Mit insgesamt 185 Kommentaren trifft man gerade auf eine Flut von User-Beiträgen, die eine Bandbreite von Meinungen, persönlichen Erfahrungen, aber auch Anschuldigungen abdecken. Damit all diese Meinungen nicht in den Weiten des sozialen Netzwerks verschwinden, sondern genauso wie die durchgeführten Befragungen von Künstlerinnen und Künstlern beziehungsweise Akademikerinnen und Akademikern ein Teil des Projekts werden können, soll an dieser Stelle der Versuch unternommen werden, einen Überblick über das Reaktionsspektrum auf den Online-Artikel zu geben.

Leidenschaft zur Diskussion

Betrachtet man allein nur die Form der Kommentare, lässt sich bereits erahnen, wie individuell die Antworten auf ein und dieselbe Frage ausfallen können. Während sich einige User auf Ein-Wort-Sätze oder ein einfaches „Ja“ oder „Nein“ beschränken, verfassen andere wiederum ein argumentatives Plädoyer mit ihrer Meinung zu Karl Marx, der historischen Auswirkung des Kommunismus oder diskutieren die politische Orientierung von heutigen Universitäten. Manchmal lösen sogar die kürzesten Kommentare die umfangreichsten Reaktionsketten aus – wenn zum Beispiel von der Behauptung, Marxismus sei natürlich noch relevant, da Menschen von Natur aus faul und neidisch seien, in 32 Folgekommentaren eine Grundsatzdiskussion über gerechte Bezahlung losgetreten wird.

Die Motivation einiger User, auf jeden Beitrag zu reagieren und mit ihrer eigenen Meinung zu widersprechen, ist hoch. Nicht immer bleibt die Diskussion dabei auf einer sachlichen Ebene - schnell passiert es, dass sich User untereinander persönlich angreifen und die Kompetenz des anderen in Frage stellen. So entsteht eine hitzige Debattenkultur, die zeigt, wie leidenschaftlich viele auf das Thema Karl Marx reagieren. Interessant ist dies auch in der Hinsicht, dass es sich bei den Usern hauptsächlich um US-Amerikaner handelt, die ihre eigene kulturelle Prägung zum Thema Kommunismus mit sich bringen. 

Social Media als Konfrontationsraum

Die Plattform, auf der die Diskussion stattfindet, – ein soziales Netzwerk wie Facebook – trägt vermutlich auch dazu bei, dass es eine geringe Hemmschwelle zur Meinungsäußerung gibt und dies nicht sehr überraschend in vielen Fällen auf eine undifferenzierte Art und Weise geschieht. Es gibt ein regelrechtes Social Media Bashing gegen Karl Marx als Person, indem er unter anderem als Massenmörder und Heuchler beschimpft wird.

Einen Gegenpol zu diesem teilweise sehr aggressiven Ton, bilden wiederum einige Beiträge, die im Raum stehende Behauptungen mit Fakten und theoretischen Details aus Marx‘ Werken argumentativ widerlegen. Entweder wird diesen Kommentaren mit gefühlsgeladenen Gegenmeinungen begegnet oder sie bilden das Ende einer Diskussion, da ein Kommentar mit mehreren Absätzen und mehrteiliger Satzstruktur eventuell doch zu komplex ist für eine Diskussion unter einem Facebook-Post. 

Warum überhaupt „Marx Now“?

Einige User gehen hingegen einen Schritt zurück und stellen das generelle Vorhaben des Goethe-Instituts, ein Großprojekt zum Thema Karl Marx durchzuführen, in Frage. Steckt das Konzept mit der Betrachtung eines zwei Jahrhunderte alten Theoretikers in der Vergangenheit fest und hat keinen Blick für das Hier und Jetzt? Fehlt so die Sensibilität für die zukünftigen Entwicklungen auf dieser Welt? Und was hätte wohl Goethe selbst von einer so eingehenden Beschäftigung mit Karl Marx und seinem intellektuellen Erbe gehalten?

Kritik am Goethe-Institut und seinem Projekt ist gesamtheitlich gesehen zwar in der Minderheit, jedoch ist es auffällig, dass viele offensichtlich zum ersten Mal mit dem Institut in Berührung kommen und es durch den Aufruf der „Marx Now“-Website inhaltlich mit dem Projekt gleichsetzen. Während das Vorhaben Johann Wolfgang von Goethes persönliche Einstellung zu Karl Marx‘ Überlegungen zu skizzieren wohl nur in hypothetischen Gedankenspielen enden würde, sollte an dieser Stelle durchaus der Anspruch des Goethe-Instituts, aktuelle kulturelle Entwicklungen sowie einflussreiche deutsche Persönlichkeiten in einem modernen Diskurs zu betrachten und kritisch zu hinterfragen, hervorgehoben werden.  

Die Suche nach Antworten geht weiter

Nicht zu vergessen sind auch die wenigen, aber doch vorhandenen, positiven Kommentare auf die Frage nach Karl Marx‘ heutiger Relevanz. Im Gegensatz zu den kritischen Äußerungen sind diese allerdings auffällig kurz gehalten und werden in der Mehrzahl unkommentiert gelassen. 

Die Themenvielfalt, die die User in die Diskussion einbringen, würde vermutlich für einen eigenständigen Sammelband von Essays zu Karl Marx und der heutigen Anwendbarkeit seiner Theorien reichen. So lässt sich auf die ursprüngliche Fragestellung nach der konkreten Relevanz von Karl Marx in der heutigen Gesellschaft nicht so schnell eine endgültige Antwort finden. Was jedoch auch ohne eine tiefgehende inhaltliche Analyse festgehalten werden kann, ist, dass Karl Marx auch heute noch polarisiert und seine Theorien die Menschen zum Nachdenken anregen. 

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