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Literaturblogs
Von Bücherregalhoppern und literarischen Weltenbummlern

Immer mehr Literaturfreunde vertrauen auf das Urteil von Bloggern
Immer mehr Literaturfreunde vertrauen auf das Urteil von Bloggern | Foto (Ausschnitt): © Julie/Fotolia

Bei der Wahl ihrer Lektüre lassen sich Literaturliebhaber gerne beraten – und folgen immer häufiger Empfehlungen von Literaturblogs, zum Beispiel den hier porträtierten.

Von Christoph Schröder

Literaturblogger und Feuilletonisten führen keine ganz einfache Beziehung. Und die Debatte wird immer wieder neu angefacht. Literaturblogger haben oft den Eindruck, Feuilletons im Printjournalismus erhöben sich über sie und ihre Arbeit und versuchen, sie mit ihren Machtinstrumenten klein zu halten. Manch ein Blogger verachtet dagegen die Feuilletons als verschnarchte Horte mit angestaubter Weltbetrachtung und hält sich selbst für die Zukunft des Journalismus. Die Frage, wer recht hat, lässt sich kaum beantworten. Sicher aber ist eines: Literaturblogger werden in Deutschland immer beliebter – und ihr Urteil immer wichtiger.
 
Eine Literaturbloggerin mit Einfluss ist Katharina Herrmann, Gründerin des Blogs Kulturgeschwätz, der im August 2013 online ging. Laut Selbstauskunft verfolgt Katharina Herrmann zwei Ziele: Ordnung in das Bücherregal in ihrem Kopf zu bringen und möglichst viele Länder der Welt lesend zu bereisen. Ihre Fortschritte hat sie auf einer Lese-Weltkarte dokumentiert. Zudem findet sich auf ihrer Website eine Liste ihrer Rezensionen, die sich stilistisch vielseitig und meinungsstark präsentieren.
 
Im Frühjahr 2017 ist Katharina Herrmanns Kulturgeschwätz in Tilman Winterlings Blog 54 Books integriert worden. Winterling ist hauptberuflich als Anwalt im Bereich des Verlags-, Urheber- und Medienrechts in einer Hamburger Kanzlei tätig und berät dort sowohl Verlage als auch Autoren. So verwundert es nicht, dass 54 Books keine reine Rezensionswebsite ist, sondern dass dort auch viele informative Texte zum Thema Buchkultur und Urheberrecht auftauchen. Verlinkt ist 54 Books mit der Plattform 54 Stories, einer Textsammlung für Prosa und Lyrik.

Langstreckenläufer und Literaturexperte

Ebenfalls genreübergreifend arbeitet Gérard Otremba auf seinem Blog Sounds & Books. Der in Hamburg lebende gelernte Buchhändler Otremba begleitete 2016 als einer von sechs vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels ausgewählten Bloggern schreibend die Long- und Shortlist des Deutschen Buchpreises. Otremba ist nicht nur enthusiastischer Langstreckenläufer (auch darüber berichtet er auf Sounds & Books), sondern zudem ausgewiesener Musik- und Literaturexperte. Deshalb finden sich bei ihm neben Literaturempfehlungen auch zahlreiche Musikalben- und Konzertbesprechungen, und auf Facebook beglückt er seine Freunde jeden Tag mit einem sorgfältig ausgewählten Song des Tages. Seine Literaturrubrik umfasst ausgesprochen kenntnisreich und gut geschriebene Rezensionen zu belletristischen Neuerscheinungen und Krimis, eine Reihe namens „Geheimtipps“ sowie eine Sammlung von Interviews, die Otremba mit Musikern und Schriftstellern geführt hat.
 
Einen hohen Bekanntheitsgrad in der Bloggerszene konnte sich Sophie Weigand erarbeiten. Die 28 Jahre alte Bloggerin hat ebenfalls eine Ausbildung zur Buchhändlerin absolviert und studiert nun Kulturwissenschaften mit dem Schwerpunkt Literaturwissenschaft. Sie ist eine gefragte Gesprächspartnerin in Diskussionen rund um die Buchkultur in neuen Medien. In ihren Besprechungen auf dem Blog Literaturen widmet sich Sophie Weigand sämtlichen Genres der Literatur: Romane, Erzählungen, Lyrik. Auch Graphic Novels und Sachbüchern schenkt sie ihre Aufmerksamkeit. In der Rubrik „Buchkultur“ stehen Kommentare und Berichte von literarischen Veranstaltungen.

Buchempfehlungen im Plauderton

Crossmedial arbeitet Herbert Grieshop auf seinem Blog Herbert liest. Grieshop ist promovierter Literaturwissenschaftler, hat in London Germanistik gelehrt, den literarischen Salon Geschlossene Gesellschaft im Roten Salon der Berliner Volksbühne gegründet und betreibt nun, wie er es ausdrückt, „Bücherregalhopping“ in den Wohnungen seiner Freunde. In regelmäßigen Abständen empfiehlt Grieshop, jeweils in einer anderen Wohnung, vor laufender Kameras Bücher. Diese Empfehlungen kommen in einem Ton daher, als würde man seinen Freunden beim Essen davon erzählen, sie sind dabei in der Sache ungemein präzise, klug gedacht und technisch professionell aufbereitet.
 
Klar jedenfalls ist eines: In der Vielfalt ihrer Betrachtungsweise können es deutsche Literaturblogger durchaus mit gestandenen Feuilletonisten aufnehmen. 

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