Aleida und Jan Assmann
Gelehrte der Erinnerungskultur

Das Professorenduo Aleida und Jan Assmann entwickelte unter anderem das Konzept des kulturellen Gedächtnisses.
Das Professorenduo Aleida und Jan Assmann entwickelte unter anderem das Konzept des kulturellen Gedächtnisses. | Foto (Detail): © picture alliance/Arne Dedert/dpa

Das Professorenpaar Aleida und Jan Assmann – eine Kultur- und Literaturwissenschaftlerin und ein Ägyptologe – erforscht seit gut drei Jahrzehnten Formen des kollektiven Erinnerns. Für ihre Arbeit wurden die beiden 2018 mit dem Friedenspreis des deutschen Buchhandels ausgezeichnet.

Von Romy König

Für eine humane Gesellschaft: Aleida Assmann

Aleida Assmann veröffentlichte zahlreiche Arbeiten zur englischen Literatur, bevor sie sich in den 1990er-Jahren dem Forschungsfeld der Kulturanthropologie zuwandte. Ihre letzten zwei Buchveröffentlichungen aus dem Jahr 2018 beschäftigen sich mit Menschenrechten und -pflichten – den „Schlüsselbegriffen für eine humane Gesellschaft“, so der Untertitel – und beleuchten die Erinnerungskultur und Demokratisierung Europas. Sie wolle mit dieser Arbeit, so erklärte sie, die „depressive Öffentlichkeit ermutigen“.

Spezialist für die alten Ägypter: Jan Assmann

Ihr Ehemann Jan Assmann habilitierte sich 1971 und hatte von 1976 bis 2003 einen Lehrstuhl für Ägyptologie an der Universität Heidelberg inne. Anschließend nahm er eine Honorarprofessur für allgemeine Kulturwissenschaft an der Universität Konstanz auf, die er noch heute innehat.

Das Konzept des kulturellen Gedächtnisses

Gemeinsam entwickelte das Ehepaar den Grundgedanken des kulturellen Gedächtnisses. Inspiriert durch Forschungsarbeiten über das alte Ägypten und aufbauend auf der Theorie des kollektiven Gedächtnisses des Soziologen Maurice Halbwachs schufen sie ein Ideenkonzept, wonach gesammeltes kulturelles Wissen von Generation zu Generation weitergegeben wird: ein Wissen, das das Zeit- und Geschichtsbewusstsein einer Gesellschaft sowie ihr Selbst- und Weltbild bestimmt. Geprägt wird das kulturelle Gedächtnis durch sogenannte Fixpunkte. Diese sind schicksalshafte Ereignisse in der Vergangenheit, die unter anderem durch Rituale, Denkmäler oder auch durch die stete Auseinandersetzung im Bewusstsein gehalten werden.

Im Dezember 2018 verlieh Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Aleida Assmann den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland für ihr Engagement für die Gedenk- und Erinnerungskultur.
Im Dezember 2018 verlieh Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Aleida Assmann den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland für ihr Engagement für die Gedenk- und Erinnerungskultur. | Foto: © picture alliance/Bernd von Jutrczenka/dpa

Reflektierter Umgang mit der Vergangenheit

Den Assmanns wird zugeschrieben, dass ihre Forschungsarbeiten zu Geschichtspolitik, historischen Traumata sowie Vergessen, Verarbeitung und Reflexion entscheidend zur deutschen Erinnerungskultur beigetragen hätten. Für die beiden Kulturwissenschaftler ist die Beschäftigung mit der Vergangenheit besonders wichtig, um die Gegenwart zu verstehen: „Wir können nicht mehr so tun, als ob wir keine Vergangenheit hätten und alles auf die Zukunft setzen, […] von der wir erwarten, dass alles besser wird“, so Aleida Assmann. Zukunftsperspektiven ließen sich nur über die Vergangenheit herleiten.

Friedenspreisträger 2018

Umso mehr werteten Beobachter es als Statement, als Aleida und Jan Assmann im Herbst 2018 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhielten. In Zeiten, in denen der „geistig-moralische Kern“ des Landes „von rechts außen attackiert“ werde, sei diese Preisvergabe ein „politisches Signal“, schrieb etwa die Wochenzeitung Die Zeit. In der Jurybegründung heißt es: „Angesichts einer wachsenden politischen Instrumentalisierung der jüngeren deutschen Geschichte leistet sie [Aleida Assmann] in hohem Maße Aufklärung zu Fragen eines kulturellen Gedächtnisses einer Nation. [...] Der Ägyptologe und Kulturwissenschaftler Jan Assmann hat durch sein umfangreiches wissenschaftliches Werk internationale Debatten um Grundfragen zu den kulturellen und religiösen Konflikten unserer Zeit angestoßen.“

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