Als Professor für Philosophie und Sozialwissenschaften hat Franklin Trein als eine seiner Spezialitäten die internationalen Beziehungen, sein besonderes Interesse gilt dabei wiederum Europa und Deutschland. Trein liest Zeitungen und verwendet Literatur auf Deutsch, bringt Studentinnen und Studenten die deutsche Kultur nah. Das Goethe-Institut Rio de Janeiro hat er, angefangen von einer freundschaftlichen Zusammenarbeit bis hin zu einer Mitgliedschaft im Beirat, wohlwollend unterstützt.
Herr Trein, wie ist der Kontakt zum Goethe-Institut Rio de Janeiro zustande gekommen, erinnern Sie sich noch?
Meine Eindrücke und Erlebnisse aus Deutschland waren noch ganz frisch und ich wollte gerne weiter mit Deutschland in Verbindung bleiben, mit der Sprache, der Kultur. Der damalige Direktor Herr Dr. Merkel war äußerst sympathisch, wir haben uns kulturell und wissenschaftlich ausgetauscht, es hat sich eine freundschaftliche Zusammenarbeit entwickelt. Theresa Graupner, die Mitarbeiterin von Herrn Dr. Merkel war, hat sich sehr stark für die deutsche Sprache und die deutsche Kultur eingesetzt und mich Dr. Merkel vorgestellt.
Worin bestand Ihre Zusammenarbeit?
Ich habe das Geschehen am Institut sehr intensiv verfolgt und dort unterstützt, wo es in meiner Macht stand, etwa beim Umzug des Instituts, das sich nicht in einer Lage befunden hat, die man von einem Goethe-Institut erwartet. Bei der Zentrale in München habe ich die Meinung vertreten, dass der Wunsch besteht, das Institut an einen anderen Ort umzusiedeln.
Haben Sie selbst am Programm mitgewirkt?
Ich habe mehrere Veranstaltungen am Institut für Philosophie und Sozialwissenschaft der Universidade Federal do Rio de Janeiro (UFRJ) und an der UNIVERTA, einer akademischen Nichtregierungsorganisation, Vorträge von eingeladenen Gästen zu Themen der deutschen Kultur, Literatur, Philosophie und Politik gemacht. Ich bin mit Studentinnen und Studenten ins Theater gegangen, um Stücke von zeitgenössischen deutschen Autorinnen und Autoren anzuschauen, die ins Portugiesische übersetzt waren und von Studentinnen und Studenten, einige Male an der UNIRIO, inszeniert wurden, habe mit ihnen die Bibliothek des Goethe-Instituts besucht und sie animiert, die deutsche Sprache zu lernen. Einige Jahre später hatte ich auch einen Lektor für deutsche Sprache an meinem Institut, Professor Gerhard Dressel von der Universität Konstanz, der als Übersetzer und Regieassistent zu einigen Stücken beigetragen hat.
Es heisst, Hans-Ulrich Merkel habe auch andere europäische Länder, die Vertretungen in Rio haben, eingeladen, die deutschen Veranstaltungen kennenzulernen.
Herr Dr. Merkel hatte sehr gute Kontakte, er war ein sehr gebildeter Mann und verstand etwas von Kultur, Philosophie, Kunst und Malerei. Zu anderen Direktoren hatte ich dann wieder nicht so engen Kontakt, manchmal bin ich zu beschäftigt gewesen an der Uni. Inzwischen habe ich mich von meinem Institut verabschiedet, aber nicht von der Universität und bin jetzt im Rahmen des Postgraduierten-Programms in Internationaler Wirtschaftspolitik aktiv.
Woher kommt bei Ihnen der Einsatz für die Verbreitung der deutschen Sprache und Kultur?
Zunächst habe ich großes Interesse an Deutschland. Die Literatur, die ich als Dozent an der Universität benutze, ist oft auf Deutsch. Sie ist konsistent, glaubwürdig, aktuell. Ich lese jeden Tag die deutschen und europäischen Zeitungen in allen Sprachen, die ich lesen kann. Zum Fernsehen habe ich keine enge Beziehung. Aber deutsche Talkshows schaue ich mir an. Und ich habe noch Freunde in Deutschland, die kein Portugiesisch sprechen, da spare ich kein Geld am Telefon. Wenn jemand eine Sprache spricht, weil er sie gern hat, dann vergisst er sie nicht so schnell. Ich habe mich sogar bei dem Büro der FU Berlin in São Paulo beschwert, weil ich auf Englisch angeschrieben worden bin. Das müsste auf Deutsch oder Portugiesisch sein.
Wenn Sie Bilanz ziehen – was ist Ihr Ausblick für die kommenden 60 Jahre deutsch-brasilianischer Zusammenarbeit und worin liegen die Herausforderungen?
Ich sehe Potential in allen Bereichen, besonders in der Wissenschaft, in der Technologie, in der Philosophie. Man könnte sehr viel mehr machen und müsste nicht viel ändern. Ich habe Erfahrung mit Studentinnen und Studenten, die über den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) oder die Stiftungen der politischen Parteien hier nach Rio gekommen oder nach Deutschland gegangen sind. Aber ich kenne auch Beispiele, die weh tun, weil es verpasste Gelegenheiten sind, um Studentinnen und Studenten auszutauschen. Dabei gibt es mehr Brasilianerinnen und Brasilianer in Deutschland als in allen anderen Ländern Europas.