Stephan Hoffmann ist in der lusophonen Welt zu Hause. Salvador (Bahia) und Rio de Janeiro, wo er als Leiter der Sprachabteilung wirkte, waren Stationen in Brasilien, heute ist er in dieser Funktion am Goethe-Institut Lissabon tätig. Er lernte in Rio damals den neuen, heutigen Sitz in seiner Anfangszeit kennen. Und ging auch sowohl innerhalb des Instituts mit neuen Formen als auch außerhalb des Instituts mit neuen Partnern neue Wege bei der Verbreitung der deutschen Sprache.
Herr Hoffmann, wie ist bei Ihnen der Kontakt zum Goethe-Institut Rio de Janeiro entstanden?
Ich hatte schon in der Zentrale in München gearbeitet und dort den ersten Kontakt mit dem Goethe-Institut Rio gehabt. Die Kollegen in Rio habe ich kennengelernt, als ich in Salvador/Bahia tätig und zu einer Konferenz in Rio war. Da war das Goethe-Institut noch in dem vorherigen Gebäude an der Av. Rio Branco untergebracht. Aber ein Kollege, mein Vorgänger Hagen Schulz, hat mir gezeigt, wohin es umziehen wird. Das ist der heutige Sitz.
Der Umzug in ein anderes Gebäude, möglichst in ein eigenes Haus, war ein großes Thema für den damaligen Direktor Anton Regenberg.
Es war mir in München aufgefallen, dass er einen Parkplatz anmieten wollte. Als ich dann in Rio war, habe ich auch verstanden, aus welchem Grund. Ich hatte in München in der Rechtsabteilung gearbeitet und dann in Rio die Nachfolge von Hagen Schulz als Leiter der Sprachabteilung angetreten. Wir haben dann eine neue Kantine mit Café innen und außen auf dem Dach des ehemaligen Kinos darunter eingerichtet.
Salvador, Rio, Lissabon – die lusophone Welt scheint es Ihnen angetan zu haben, oder?
Davor und dazwischen war ich noch in der Zentrale in München und in Göttingen. Der Kontakt nach Rio kam über die Personalabteilung zustande, als ich in Salvador tätig war, Alfons Hug die Biennale in São Paulo kuratiert hat und das Goethe-Institut jemanden gesucht, der Portugiesisch kann und Brasilien kennt.
Inwiefern hat Ihnen das bei Ihrer Arbeit in Rio de Janeiro geholfen?
Wir haben damals mit der Kulturabteilung zusammen einen Lesekreis in der Bibliothek begonnen. Die Idee war, ein anderes Publikum in das Goethe-Institut zu holen. Eines, das ein hohes Niveau im Deutschen hat und Interesse an der Literatur, dem man die neue deutsche Literatur nahe bringt. Ebal Bolacio als Lehrer des Goethe-Instituts Rio hat Deutsch und Kochen Unterricht verbunden, wobei wir da lange nach einem Lokal oder einer Lehrküche gesucht haben und dann in einer Hotelfachschule mit dem Unterricht begonnen haben. Das Konzept hat Herr Bolacio beim Deutschlehrertag in Bozen 2013 präsentiert.
Und nach außen?
Gegen Ende der Zeit haben wir die Arbeit mit Schulen verstärkt und ein Partnerschulprojekt in Rio und Umgebung gemacht, also mit Schulen mit Deutschunterricht wie die “Escola Alemã Corcovado”, das “Colégio Cruzeiro”, aber auch einer kirchlichen Schule in der Hafengegend, die mit einem deutschen Muttersprachler Deutschunterricht angeboten hat und die das Goethe-Institut unterstützt hat. Dann gab es noch Kontakt zur “Escola Militar”, wo es schwierig war, Deutsch zu etablieren.
Da ist das Goethe-Institut quasi in andere Bereiche vorgedrungen. Was waren dabei die Herausforderungen?
Die Aufgaben des Goethe-Instituts gehen im Sprachbereich über die Kurse hinaus, die Betreuung der Lehrer, Schulen und Universitäten ist ein wichtiger Bereich unserer Arbeit. So ist das Goethe-Institut Rio de Janeiro über die Metropolregion hinaus aktuell auch für die Begleitung und Beratung unserer Partner in den Bundesstaaten Rio de Janeiro, Espirito Santo und Minas Gerais zuständig. Als ich die Sprachabteilung leitete, galt dies zusätzlich für die Bundesstaaten im Nordosten und Norden Brasiliens. Die pädagogische Betreuung der Deutschlehrer/innen und –dozenten/innen im Bereich Bildungskooperation ist dem Goethe-Institut sehr wichtig und umfasst auch kulturelle Projekte für Schüler/innen wie didaktisch aufbereitete Ausstellungen und Konzerttourneen mit Bands aus Deutschland.
Wie sind Sie damit umgegangen, dass es heißt, Deutsch sei eine schwere Sprache, fast unmöglich zu lernen?
Das habe ich so nie wahrgenommen. Viele Brasilianer/innen haben eine deutsche Vergangenheit und dadurch eine starke Verbundenheit zu Deutsch. Das gilt besonders für die Nachfahren der Einwanderer, die aus Deutschland gekommen sind. Ich habe selten Ablehnung erfahren oder Schwierigkeiten erlebt, Deutsch zu vermitteln. Nur einmal in Espirito Santo, wo die Pomeranos pomerano lernen wollten und kein Deutsch. Der Ansatz, den das Goethe-Institut hat, ist die Verbreitung der deutschen Sprache international zu fördern und den Unterricht mit deutschen Wörtern zu beginnen, die in Brasilien verankert sind, wie Kindergarten oder Chopp (von Schoppen).
Wenn Sie Bilanz ziehen – was ist Ihr Ausblick für die kommenden 60 Jahre deutsch-brasilianischer Zusammenarbeit?
Für die Zukunft Brasiliens ist die Zusammenarbeit mit der Europäischen Union eine Perspektive. Die internationale Zusammenarbeit wird immer wichtiger und dazu ist die Sprache einfach der Schlüssel. Auf beiden Seiten – in Deutschland an Portugiesisch und in Brasilien an Deutsch – besteht eine große Neugier. In Göttingen habe ich auch so was wie eine Brasilianisierung Deutschlands festgestellt, was Flexibilität und Toleranz angeht. Jeder lernt von jedem.