In der Galerie Grafički kolektiv wurde am Donnerstag, den 16. November 2022 um 19 Uhr eine einzigartige Ausstellung des Berliner Festivals A MAZE. eröffnet, an der zehn Autoren von „Arthouse“-Videospielen aus den Niederlanden, Deutschland, Südafrika, Frankreich, Dänemark, Kanada und den USA teilgenommen haben. Diese Ausstellung war Teil des Programms Playing Narratives.
Playful Media und Arthouse-Videospiele bei der Pop-up-Ausstellung A MAZE. x Playing Narratives
A MAZE. / Berlinist ein internationales Festival, dessen Schwerpunkt Arthouse-Games, Games-Kultur und „verspielte“ (Playful) Media sind. Die Besucher dieses Berliner Festivals nehmen jedes Jahr an inspirierenden Gesprächen und Workshops teil, und zum Programm gehören auch Live-Musik und -Auftritte sowie eine interaktive Ausstellung zeitgenössischer Medien. Dem Festival verfügt seit Kurzem über einen eigenen virtuellen Raum, und jedes Jahr werden die A MAZE-Awards vergeben. Die nächste 12. Ausgabe des Festivals wird vom 10. bis zum 13. Mai 2023 in Berlin stattfinden. A MAZE. / Berlin repräsentiert und feiert eine neue Welle der Arthouse-Videospiele und der Virtual Reality, ebenso wie jegliche Kultur der Playful Media abseits des Mainstreams.
Als offizieller Partner des diesjährigen Programms Playing Narratives, das bereits das zweite Jahr in Folge gemeinsam vom Institut français in Serbien, dem Goethe-Institut und der SGA (Serbian Gaming Association) organisiert wird, kommt A MAZE. dank der Unterstützung führender einheimischer Gaming-Unternehmen, zu denen 3Lateral/Epic Games, Ubisoft Belgrade und Webelinx Games aus Niš zählen, mit der Pop-up-Ausstellung Playing Narratives x A MAZE.! nach Belgrad.
Für junge Autor*innen von Videospielen und für das breite Publikum bietet sich dadurch eine einzigartige Gelegenheit, eine neue Dimension der Videospiele kennenzulernen, die nicht auf kommerziellen Erfolg ausgerichtet ist, sondern auf Erkundung der Grenzen der Kreativität und des Mediums selbst. Zu den Künstler*innen, die in Belgrad ihre interaktiven Arbeiten ausstellen werden, gehören Goblin Rage, Fantasia Malware, Arte Interactif (Florian Veltman & Baptiste Portefaix), Albert Birney & Gabriel Koenig, The Bone Brothers, Faezeh Khomeyrani, Robin Baumgarten, Flat Head Studio, Tatiana Vilela Dos Santos und Flan Falacci.
Wir haben diese Gelegenheit genutzt, um ein Gespräch mit Thorsten S. Wiedermann, dem Künstlerischen Leiter von A MAZE. und Kurator dieser Ausstellung, zu führen. Thorsten hat im Jahr 2012 A MAZE. gegründet und produziert unter diesem Label Ausstellungen und Festivals, die Europa, Afrika und den Rest der Welt zusammenführen. Er ist auch der erste „VR-Naut“, da er während seiner ersten Performance Disconnected ganze 48 Stunden in der virtuellen Realität verbracht hat!
Wie wird die Domäne der „Playful Media“ von A MAZE. definiert oder aufgefasst?
Für uns gehört zu den „Playful Media“ im Grunde alles, was in der Technologie, die uns umgibt, spielbar ist. Natürlich ist dies ein ziemlich flexibler Begriff. Wir haben diesen Begriff in derEntstehungszeit der VR- und AR-Technologien geschaffen, da er neue Qualitäten in der Kunst, im Spiel und im Storytelling mit sich bringt.
In welchen Zusammenhang steht dies zu deiner persönlichen Geschichte? Hast du dich als Kurator und Kulturteilnehmer von Anfang an mit Videospielen beschäftigt?
Oh, meine persönliche Geschichte hat eher etwas mit dem Nachtleben, mit Partys zu tun, aber mir ist bereits 2007 klar geworden, dass sich etwas viel Größeres und Interessanteres hinzugesellen wird. Auf diese Weise sind Spiele und mediale Kunst zu meinem Schwerpunkt geworden. Auch finde ich es wichtig, dass alternative, kulturbezogene und sinnvolle Aspekte der Spielewelt beibehalten und gefördert werden.
Ihr arbeitet vorwiegend mit unabhängigen Spiele-Autor*innen, denen weniger am kommerziellen Erfolg ihrer Spiele liegt, sondern viel mehr an ihrem kreativen oder gar politischen Potenzial. Wer sind diese Kreativen und wo begegnet ihr euch?
Seit 2012 bauen wir die A MAZE.-Community für unabhängige und Arthouse-Games und Autor*innen von Playful Media auf. Wir haben das Glück, mit Menschen aus der ganzen Welt zusammenzuarbeiten und Pop-up-Events, wie dieses hier in Belgrad, zu schaffen. Wichtig sind auch Reisen in verschiedene Länder, Erkundung vielfältiger Kulturen und aktueller Narrative, die das Image der Spiele verändern. Man könnte dies auch als natürlichen Anstieg der Anzahl von Followern betrachten, die dieselben Gefühle und Interessen teilen. Alle sind willkommen, der Faszination zu erliegen und ihre Arbeit und Ideen zu teilen. Erfolg ist nicht gleichbedeutend mit Gled - Erfolg ist, wenn man etwas findet, woran man glaubt. Leidenschaft! Politik in den Spielen ist lediglich die Folge dessen, dass man mit offenen Augen durch die Welt geht.
Glaubst du, dass es in der Welt ausreichend neugierige Menschen und Gamer gibt, die solche spiele entdecken werden und sie außerhalb der bekannten kommerziellen Titel betrachten werden?
Die Neugier ist da, aber wir sind noch nicht dort angekommen, wo wir gerne wären. Aber Arthouse-Spiele finden langsam ihren Weg zum Angebot der Verlage und das Publik wird stetig größer. A MAZE. bemüht sich nach Kräften, unter Beweis zu stellen, wie vielseitig dieses Medium ist. Wir müssen natürlich auf allen Plattformen aktiv sein, noch mehr Verlage auf unserer Seite haben und letztendlich einen neuen Markt zum Leben erwecken – die Gamer können nicht genug von Arthouse bekommen... Selbstverständlich wird dies niemals zum Mainstream werden. Und das ist auch gut so!
Du bist bereits seit langem Teil einer Community in Berlin, zu der auch das Club Transmediale Festival und viele andere Events gehören. Glaubst du, dass Videospiele als etwas Kreatives und künstlerisch Wertvolles in der Welt der zeitgenössischen Kunst akzeptiert sind, sowohl in eurem lokalen Umfeld als auch global?
Das Festival haben wir bereits 2010 gemeinsam mit CTM begründet. Dies war der Anfang unseres Weges – ein eigenes Event zu schaffen und die Games-Community nach Berlin oder Johannesburg zu bringen. Nun sind wir im kulturellen Bereich angekommen, wofür es Zeit und vielerlei Zurückweisung bedurfte. Doch mit der Zeit und gemeinsam mit Institutionen wie dem Goethe-Institut, dem Institut français, dem Theater, der Oper sowie zeitgenössischen Künstler*innen und Musiker*innen sind wir nun fast zur „gehobenen“ Kultur geworden. Die besten Zeiten stehen uns erst bevor, und dies ist erst der Anfang.
Ihr habt bei diesem Festival auch die A MAZE.-Awards begründet, die nun durchaus renommiert sind. Warum habt ihr dies für wichtig gehalten und wie sieht die Preisverleihung aus? Bedanken sich die Preisträger bei Mutti und Vati, wenn sie ihren Award entgegennehmen?
Seit 2012 erleben die Arbeiten durch die A MAZE.-Awards ihre Premiere. Begonnen haben wir mit nur einem Award. Unser Motto war „The winner takes it all!“. Danach haben wir jedoch, Schritt für Schritt, immer mehr Kategorien begründet und mehrere Auszeichnungen festgelegt, da sie nicht mehr dem unserem WTF?! Award entsprachen. Die jetzigen Kategorien sind Most Amazing, Human Human Machine, Digital Moment, Long Feature, Explorer und Audience Award. Im Jahr 2022 haben wir auch den WINGS Diversity Award hinzugefügt. Die Zeremonien sind ein positives Chaos, eine Mischung zwischen Performance, Musik und Lobpreisung. Für uns ist es wichtig, die nominierten Spiele, ihre Autor*innen und die Gaming-Kunst in den Vordergrund zu stellen. Die einzelnen Akteure sind meist sehr dankbar für ihre Auszeichnung, da sie ebenfalls von einer unabhängigen Jury vergeben wird, deren Mitglieder zu unterschiedlichen digitalen Kunstformen gehören.
Eure Projekte werden ebenfalls global. Wo wart ihr bisher tätig und präsent, und welche würdest du als eine deiner Lieblingserfahrungen von euren Tourneen bezeichnen?
Wie bereits erwähnt, wir arbeiten sehr viel mit Kultureinrichtungen zusammen. Diese möchten ihrer lokalen Autor*innen-Community beitreten und Teil des Spiel werden. Wir sind weit gereist (u.a. nach Johannesburg, Sao Paolo, Ramallah, Cluj-Napoca, Klaipėda, Belgrad, Hongkong, Priština, Havanna, Moskau, Rijeka, Abu Dhabi, Charkiw, Nairobi, Soweto, Alexandria, Kapstadt...) und immer mit frischem Wind und verschiedenen Ausstellungs- und Spielekonzepten im Gepäck. Wir haben den Blick erweitert in Bezug auf dass, was Spiele außerhalb der Industrie und dem reinen Produktdenken sein können... Kapstadt war definitiv unsere verrückteste und beste Erfahrung. Dort haben wir bei Null angefangen und stellen nun Verbindungen zwischen afrikanischen Developern und der europäischen Szene her.
Wenn ihr Ausstellungen und Festivals konzipiert, wie sieht dabei die Präsentation von Videospielen im physischen Raum aus? Versucht ihr dabei, euch vom Format Tastatur + Bildschirm zu entfernen?
Wir feiern die Spiele im Kontext der Kunst, und die Autor*innen dieser Spiele sind Künstler*innen. Eine Möglichkeit ist, sie im „White Cube“-Format zu präsentieren. Unser Ziel ist es, anders zu sein. In diesem Raum gibt es keine Banner und Roll-Ups. Und selbstverständlich zeigen wir Playful Installationen: Spiele mit alternativen Controllern, Kooperative Spiele, lokale Spiele für mehrere Spieler, die Unterhaltung und soziale Interaktion mit sich bringen. Festival-Spiele sollten experimentell und verblüffend sein. A MAZE. ist pure Inspiration – vom Gespräch bis hin zur Ausstellung und Preisvergabe. Ein inklusiver, freundschaftlicher und sicherer Raum.
Neben der Ausstellungseröffnung am Mittwoch, dem 16. November wird der Künstler Robin Baumgarten um 19 Uhr in der Galerie Grafički kolektiv (Dragoslava Jovanovića 11) zwei Workshops für Schüler ab der 9. Klasse leiten (in Zusammenarbeit mit der Nordeus Foundation). Am Freitag, dem 25.11. um 18 Uhr wird Baptiste Portefaix aus Frankreich einen Kurzvortrag halten, und acht Playing Narratives-Teams werden ihre Projekte vor einer internationalen Jury pitchen. Die Öffnungszeit der Galerie ist jeden Tag außer sonntags, von 12 bis 20 Uhr.