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Ausstellung
Träume von Freiheit

Caspar David Friedrich, Böhmische Landschaft mit dem Milleschauer, 1808
Caspar David Friedrich, Böhmische Landschaft mit dem Milleschauer, 1808 | © Albertinum | GNM, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Elke Estel/Hans-Peter Klut

Träume von Freiheit. Romantik in Russland und Deutschland ist der Titel der Ausstellung der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und der Tretjakow-Galerie in Moskau. Die einzigartige Schau mit 140 Meisterwerken, die in Moskau im Rahmen des Deutschlandjahres 2020/21 große Beachtung fand, ist im Dresdner Albertinum zu sehen.
 

Von Lucie Pantazopoulou Drahoňovská

Die einzigartige Ausstellung versammelt erstmals an einem Ort Werke deutscher und russischer Maler der Romantik und beleuchtet deren Verhältnis zu Kunst, Religion und Politik sowie die Überschneidungen in ihren Haltungen und Werken. Die Ausstellung wird seit Herbst 2019 von einem deutsch-russischen Kuratorenteam aus Ljudmila Markina und Sergej Fofanow von der Tretjakow-Galerie und Holger Birkholz von dem Dresdner Albertinum vorbereitet. „Es war eine sehr intensive und enge Zusammenarbeit, wie ich sie in deutschen Museumseinrichtungen noch nicht erlebt habe. Auch die intensive Auseinandersetzung mit dem Begriff der Kunstgeschichte war für beide Seiten sehr gewinnbringend“, blickt Holger Birkholz zurück. Er erklärt auch, dass die Dresdner Schau nicht in unveränderter Form als "fertiges Paket" aus Moskau mitgebracht wurde, sondern von den Kuratoren im Hinblick auf den kleineren Ausstellungsraum und in Bezug auf die Auswahl der Werke und die Art der Präsentation sensibel angepasst wurde.

Labyrinth der Romantik

Im Albertinum entstand so ein doppeltes Labyrinth aus Sackgassen und Ecken, das sich auf einer symbolischen Achse zwischen Dresden und Moskau ausbreitet. Die Besucher der Ausstellung können - und müssen - sich in ihr verlieren. In der nicht-linearen Architektur aus hellen und dunklen Wänden mit roten Fronten, die von dem amerikanischen Architekten Daniel Libeskind entworfen wurde, treffen sich deutsche und russische Maler, die in Europa zwischen den Napoleonischen Kriegen und der Französischen Revolution ihre "Träume von Freiheit" träumten.

Im Mittelpunkt steht ein Quartett von Meistern wie Caspar David Friedrich, Alexei Wenezianow, Carl Gustav Carus und Alexander Iwanow. Die Gemälde der Künstler, die nächtliche und innere Landschaften oder die Sehnsucht nach Italien, der Heimat, der Religion, dem Landleben oder der künstlerischen Freiheit darstellen, weisen unerwartete Überschneidungen auf, wie beispielsweise die beiden Ölgemälde Überfahrt über die Elbe am Schreckenstein bei Aussig von Ludwig Richter und Die Insel Walaam bei Sonnenuntergang von Anton Iwanow-Goluboi.
  • Adrian Ludwig Richter, Die Überfahrt am Schreckenstein, 1837 © Albertinum | Galerie Neue Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Jürgen Karpinski
    Adrian Ludwig Richter, Die Überfahrt am Schreckenstein, 1837
  • Anton Iwanow-Goluboi, Die Insel Walaam bei Sonnenuntergang, 1845 © Staatliche Tretjakow-Galerie, Moskau
    Anton Iwanow-Goluboi, Die Insel Walaam bei Sonnenuntergang, 1845
Bei den deutsch-russischen Übertragungen geht es aber nicht "nur" um die thematische Verflechtung der Werke und ihre künstlerische Darstellung, sondern auch um die persönlichen Beziehungen und Freundschaften zwischen den russischen und deutschen Künstlern. Holger Birkholz erinnert an die zahlreichen Künstler aus Russland, die auf dem Weg zu ihrem Traumland Italien in Dresden Halt machten, um Raffaels Sixtinische Madonna zu bewundern. Umgekehrt besuchten viele Maler aus Sachsen und Dresden, darunter die Brüder Kügelgen und Carl Christian Vogel von Vogelstein, deren Werke ebenfalls in der Ausstellung vertreten sind, auf ihren Reisen St. Petersburg. Und nicht nur das. Bei einem Besuch in Rom malten Alexander Iwanow und Friedrich Overbeck gemeinsam, ebenso wie Vogel von Vogelstein und Orest Adamowitsch Kiprenski, bekannt für das Gemälde Zeitungsleser in Neapel von 1831. Der Landschaftsmaler Caspar David Friedrich, dessen Gemälde von Zar Nikolaus I. erworben wurden, war in Russland besonders beliebt. Drei Werke Friedrichs aus der ehemaligen zaristischen Sammlung – Auf einem Segler, Abendlicher Hafen - die Geschwister (beide 1820) und Mondaufgang am Meer (1821) –  die christliche Tugenden wie Glaube, Liebe und Hoffnung zum Ausdruck bringen, sind ebenfalls in der Ausstellung vertreten.

Zwei Männer in Betrachtung des Mondes

Die Ausstellung nimmt eines der Schlüsselwerke aus den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden in den Blick. Dies ist ein Öl auf Leinwand aus den Jahren 1918-20, Zwei Männer in Betrachtung des Mondes. „Darin stellte Friedrich den Mond als zentrales Motiv der Romantiker dar. Um ihn herum gruppierte er andere bildliche Elemente, wie den kahlen Baum als Symbol des Todes, dessen trockene Äste sich nach der immergrünen Fichte, dem Versprechen des ewigen Lebens und der Erlösung, ausstrecken. Die beiden Männer, die diese nächtliche Szene betrachten, tragen die sogenannte altdeutsche Tracht, mit der demokratisch gesinnte Studenten während der Befreiungskriege gegen das herrschende Regime opponierten“, erklärt Birkholz.

Wie bei Friedrich taucht die religiöse und politische Ikonographie auch bei russischen Malern wie Alexei Wenezianow auf. Als einer der Begründer des ländlichen Genres in der russischen Kunst stellt er auf seinen Gemälden das idealisierte Leben der Leibeigenen durch religiöse Figuren wie Maria und das Jesuskind oder Johannes den Täufer dar und verehrt sie damit auch. Davon zeugt unter anderem das meisterhafte Ölgemälde Die Ernte mit einer Bäuerin, die ihr Kind vor einem Hintergrund von Getreidefeldern stillt.
  • Caspar David Friedrich, Zwei Männer in Betrachtung des Mondes, 1819/20 Collage © Albertinum | Galerie Neue Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Elke Estel/Hans-Peter Klut
    Caspar David Friedrich, Zwei Männer in Betrachtung des Mondes, 1819/20
  • Alexej Wenezianow, Bei der Ernte. Sommer, Mitte 1820er Jahre Collage © Staatliche Tretjakow-Galerie, Moskau
    Alexej Wenezianow, Bei der Ernte. Sommer, Mitte 1820er Jahre
  • Orest Kiprenski, Zeitungsleser in Neapel, 1831 Collage © Staatliche Tretjakow-Galerie, Moskau
    Orest Kiprenski, Zeitungsleser in Neapel, 1831
  • Maxim Worobjow, Vom Blitz gespaltene Eiche (Unwetter), 1842 Collage © Staatliche Tretjakow-Galerie, Moskau
    Maxim Worobjow, Vom Blitz gespaltene Eiche (Unwetter), 1842
  • Silvester Schtschedrin, Grotta di Matromania auf Capri, 1827 Collage © Albertinum | GNM, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Elke Estel/Hans-Peter Klut
    Silvester Schtschedrin, Grotta di Matromania auf Capri, 1827

Napoleons Reitstiefel und der Seefriedhof

Obwohl der Schwerpunkt der Ausstellung auf den künstlerischen Werken der Romantik liegt, haben die Kurator*innen auch einige historische Exponate aufgenommen, die einen näheren Einblick in diese Epoche geben. Dazu gehören vor allem die Reitstiefel von Napoleon Bonaparte, die er während seines Russlandfeldzugs von 1812 getragen haben soll, das Tagebuch des Malers Ludwig Richter über seine Frankreichreise 1820 und der Dirigentenstab von Carl Maria von Weber.

Einen aktuellen Aspekt erhält die Ausstellung durch das Zusammenspiel von zeitgenössischen Künstler*innen, die sich ästhetisch oder inhaltlich mit der Epoche der Romantik auseinandersetzen. Am Anfang der Ausstellung steht eine Klanginstallation von Susan Philipsz, die aus Tonaufnahmen von in Kriegen beschädigten Blasinstrumenten geschaffen wurde. Ein großformatiges Foto einer stürmischen See weckt starke Gefühle. Der Fotograf Wolfgang Tilmanns hat so die Migrationswelle 2015 symbolisch abgebildet, bei der die weiten Ozeane für viele zu einer Todesfalle geworden sind. Die Videoperformance von Andrei Kuzkin zeigt den aussichtslosen Kampf des menschlichen Individuums.

Die Ausstellung Träume von Freiheit. Die Romantik in Russland und Deutschland läuft bis zum 6. Februar 2022 im Dresdner Albertinum, mehr unter www.skdmuseum.de.

Die Ausstellung wurde durch die Unterstützung des Goethe-Instituts in Moskau ermöglicht.


Ausstellungsansichten "Träume von Freiheit. Romantik in Russland und Deutschland" Ausstellungsansichten "Träume von Freiheit. Romantik in Russland und Deutschland" | Collage © SKD, Foto: David Pinzer

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