Dreimal dreizehn schönste Geschichten aus der Welt der Sagen nacherzählt von Otfried Preußler. Geschichten von Schätzen und ihren Hütern, von Hexen und Zaubermeistern, von armen Seelen und Geisterspuk – sie alle versprechen ein herrlich schauriges Lesevergnügen.
Otfried Preußler arbeitete zunächst als Lehrer. Seit Anfang der 1950er-Jahre veröffentlichte er Bücher für Kinder. Umfassende Bekanntheit brachte ihm sein 1956 erschienenes Kinderbuch Der kleine Wassermann, für das er 1957 den Sonderpreis für Text und Illustration des Deutschen Jugendbuchpreises erhielt. Viele seiner folgenden Werke hatten großen Erfolg, etwa Die kleine Hexe (1957), Der Räuber Hotzenplotz (1962) und der Jugendroman Krabat. Otfried Preußler ist zahlreich ausgezeichnet worden, etwa 1973 mit dem Europäischen Jugendbuchreis oder 1988 mit dem Großen Preis der deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur.
„Die Welt ist voller Geheimnisse, voller Rätsel und Überraschungen. Immer wieder geschah und geschieht es, dass sich im Leben des Menschen Dinge ereignen, die über seinen Verstand, über sein Verständnis hinausgehen.“ Mit diesen Worten beginnt das außergewöhnliche Buch Zwölfe hat’s geschlagen von Otfried Preußler. Das 1988 im Thienemann Verlag erschienene Buch hat inzwischen mehrere Auflagen erfahren. 2018 wurde es unter dem Titel Odbila dvanáctá hodina von Eva Pátková mit Bravour ins Tschechische übertragen. Die Übersetzung erschien im Argo-Verlag und wurde vom Goethe-Institut finanziell unterstützt.
Den mit vielen Preisen ausgezeichneten Autor von Die kleine Hexe (1957), Der Räuber Hotzenplotz (1962) und Krabat (1971) – um nur die allbekanntesten Titel zu nennen – muss man dem interessierten Publikum wahrscheinlich nicht vorstellen. Wer das schmale Buch Zwölfe hat’s geschlagen zur Hand nimmt, wird bestimmt nicht enttäuscht sein. Denn es handelt sich hierbei nicht nur um eine Sammlung von Volkssagen (mit stellenweise stark märchenhafter Prägung), um „dreimal dreizehn Geschichten aus der Welt der Sagen“, wie der Umschlag bekundet. Nein, der geborene Erzähler Preußler nimmt uns in eine unglaublich belebte Welt mit, in alte Zeiten, wo das Wünschen noch geholfen hat. Die Sagen von Schatzgräbern und verwunschenen Schätzen, von Menschen, die sich (aus Leichtsinn, Wissbegier oder Habgier) der Urkräfte unbesonnen bedienen wollen, und von unerlösten, verdammten Seelen frevelhafter Menschen, die nach dem Tod ihr Unwesen zur Strafe als Geister treiben, werden mit einem für den Autor typischen schalkhaften Ton erzählt und zugleich kommentiert. Somit erhält das Ethnographische und Dokumentarische dieser Gattung ein passendes literarisches Kleid. Wie immer bedient Preußlers Erzähler sich eines feinen, menschenfreundlichen Humors, ja man spürt geradezu seine Lust am Menschlichen. Ohne jeden moralinsauren Beigeschmack führt er uns die Essenz des Humanen vor Augen: Glücksuche, Armut, Sehnsucht, Hab- sowie Raffgier, Neid, Leichtsinn, Blödheit, Stumpfsinn, Unachtsamkeit, Aberglaube, Leichtgläubigkeit u.v.m. Die meisten Leute sind seiner Meinung nach jedoch „zum Glück weder durch und durch gut noch ganz und gar böse: eine Tatsache, die das Zusammenleben erträglich macht.“ Der Leser sollte die Augen daher sperrangelweit offen haben, es menschelt in diesem Buch ja gewaltig.
Somit geht es dem Autor – genauso wie in vielen anderen Büchern – keineswegs um ‚bloße‘ Erbauungs- bzw. Unterhaltungsliteratur für Nicht-Erwachsene. Es ist vielmehr ein Buch für alle, die sich noch daran erinnern können, auch mal ein Kind gewesen zu sein.
Was Preußler offensichtlich reizt, ist, das Vergrabene ans Licht kommen zu lassen, mit dem lustvollen Erzählen seiner kleinen Geschichten das Zeitgemäße im Unzeitgemäßen zu entdecken. Man muss immer wieder staunen, wie aktuell, wie wirklichkeitsbezogen seine scheinbar zeitentrückten Geschichten sind. Genauso wie die Protagonisten seiner Sagen und märchenhafter Erzählungen beschwören auch wir, die Menschen des fortschrittlichen 21. Jahrhunderts, ja allzu oft dunkle Mächte herbei, handhaben gewaltige Urkräfte mit größtem Leichtsinn und rufen dann (manchmal vergebens) wie der Zauberlehrling nach dem Meister: „Herr, die Not ist groß! Die ich rief, die Geister, wird ich nun nicht los.“ Ja, die Geschichten lehren uns, dass es nicht nur gilt, durch die Lüfte zu rasen, man müsse auch landen können, und dass die Unterschrift nie „bloß eine Unterschrift“ sei. Denn der „Tod lässt sich nicht bezwingen, von keinem Sterblichen lässt sich der Tod überwinden.“
– Der kleine Wassermann. Thienemann Verlag 1956. Tschechisch: Vodníček. Übersetzt von Jelena Košnarová. Albatros 1971
– Die kleine Hexe. Thienemann Verlag 1957. Tschechisch: Malá čarodějnice. Übersetzt von Jitka Bodláková. Albatros 1993
– Das kleine Gespenst. Thienemann Verlag 1966. Tschechisch: Bubu a generál. Übersetzt von Hana Vrbová. Lidové nakladatelství 1972
– Krabat. Arena Verlag 1971. Tschechisch: Čarodějův učeň. Übersetzt von Radovan Charvát. Arcadia 1996
– Die Flucht nach Ägypten. Piper & Co Verlag 1978. Tschechisch: Útěk do Egypta přes Království české. Übersetzt von Ladislav Josef Beran, Vyšehrad 1996
– Der Engel mit der Pudelmütze. Thienemann Verlag 1985. Tschechisch: Anděl v Kulichu. Übersetzt von Jan Kvapil und Jana Kvapilová. Collegium Bohemicum 2009
– Mein Rübezahl Buch. Thienemann Verlag 1993. Tschechisch: Moje knížka o Krakonošovi. Übersetzt von Ladislav Josef Beran. Vyšehrad 1998
– Der Räuber Hotzenplotz. Thienemann Verlag 1962. Tschechisch: Loupežník Hocenploc. Übersetzt von Petra Honsová. Bambook 2013
– Zwölfe hat's geschlagen. Thienemann Verlag 1988. Tschechisch: Odbila dvanáctá hodina. Übersetzt von Eva Pátková. Argo 2018
– Bei uns in Schilda. Thienemann Verlag 1958
– Ich bin ein Geschichtenerzähler. Thienemann Verlag 2010
(geb. 09. 10. 1938 in Prag) Übersetzerin
Nach dem Abitur an der Mittelschule für Wirtschaft studierte sie Germanistik und Bohemistik an der Philosophischen Fakultät der Karlsuniversität in Prag und absolvierte einen Studienaufenthalt in Göttingen; 1970 erhielt sie den Doktortitel. Sie arbeitete als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut und Lehrstuhl für Sprachen und Literaturen der Tschechoslowakischen Akademie der Wissenschaften bzw. der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik. Sie übersetzt vor allem Prosa und Sachtexte. Im Jahr 1984 erhielt sie den Preis des Verlags Mladá fronta für die Übersetzung von Till Eulenspiegel und Kein Ort. Nirgends (im Tschechischen zusammen als Příběhy pravdivě pomyslné) von Christa und Gerhard Wolf, 1993 den Ehrenpreis des Verlags Odeon für die Übersetzung von Gustav Meyrinks Roman Walpurgisnacht, 1997 dann für Meyrinks Meister Leonhard. Sie widmet sich nach wie vor dem Übersetzen.