Installation Erinnerungsversuche: Es gibt keine Angst & Endarchiv

Es gibt keine Angst Berlinale Forum Expanded

Fr, 10.11.2023 –
Do, 16.11.2023

Goethe-Institut, Eingangsbereich

Erinnerungsversuche - Filme aus dem Berlinale Forum Expanded

Es gibt keine Angst

Anna Zett
Deutschland / 2023
31 Min. / OmEU

Ein zu Ende gehender deutscher Polizeistaat ist das Setting für den pulsierenden Kurzthriller Es gibt keine Angst. Auf der Grundlage eigener Kindheitserlebnisse hat die Künstlerin Anna Zett Video- und Tonmaterial aus dem Berliner Archiv der DDR-Opposition zu einem intensiven, poetischen Archivdrama montiert.

Zwischen Bild und Ton eröffnet der Film einen assoziativen Raum, um sich in heute schwer zugängliche Grenzerfahrung aufs Neue einzufühlen, und dokumentiert gleichzeitig einen für die deutsche Geschichte außergewöhnlich wirksamen Akt des politischen Widerstands. Vokal hochverdichtete Stimmen von einer Ostberliner Lyrikkassette von 1986 unterstützen die selbst stimmlose Erzählfigur – „ein erwachsenes Kind“ – bei der Reparatur ihrer eigenen Gefühlswelt, vielspurig untermalt von Untergrundmusik aus der späten DDR. Von Aufnahmen der Umweltbibliothek über Privatvideos und TV-Material führt der Film in unaufhörlicher Zuspitzung zur zweiten Besetzung der Berliner Stasi-Zentrale mit Hungerstreik im September 1990 und findet dort in eine ganz andere Stimmung.

Auch das Video Endarchiv geht auf eine Recherche im Berliner Archiv der DDR-Opposition zurück. Das Endarchiv erscheint dabei als ein paradoxer Ort, an dem Erinnerungen und Bedeutungen zugleich aufbewahrt und zum Verschwinden gebracht werden. Ein Ausgangspunk der Arbeit ist Archivmaterial (Filmemacher: Klaus Freymuth) von einer spontanen Bemalung der der Ostseite der Mauer durch Künstler*innen im November 1989 durch und der darauffolgenden Übermalung durch die Grenzpolizei. Der historischen Kunstaktion begegnet die Künstlerin mit einer Schreibperformance auf der bröckeligen Oberfläche eines Kieshaufens, wo jeder Schritt die Steine ins Rutschen bringt. Während Zett mit den Worten „Liebe Umwelt“ das Ökosystem direkt zu adressieren versucht, geht ihr Körper über die Sprache hinaus. Unter ihren Händen und Füßen kommen und gehen die Botschaften. „Lerne die Sprache der Macht, aber lass sie im richtigen Moment wieder los“. In Endarchiv fragt Anna Zett nach der Endlichkeit von Bedeutung und zelebriert die Möglichkeit, den Prozess des Schreibens und Loslassens selbst gestalten zu können.

Anna Zett ist Künstlerin, Filmemacherin und Autorin. In ihrer zeitbasierten, emotionalen und oftmals partizipatorischen Arbeit stellt sie Herrschaftssysteme in Frage und Spiel und Dialog in den Mittelpunkt, um zwischen Kontrolle und Chaos neue, lebendige Kontakte entstehen zu lassen. Anna Zetts Suche nach feministischen Praktiken der Weltgestaltung konzentrierte sich in den letzten Jahren insbesondere auf die Reaktivierung unbewusster Hinterlassenschaften der DDR. Während ihres transdisziplinären theoretischen Studiums in Berlin begann sie mit dem Filmemachen. Seitdem werden ihre Videoarbeiten im internationalen Kunstkontext gezeigt, darunter Serpentine Gallery London, Whitney Museum New York und Berlinale Forum Expanded. Anna Zett lebt und arbeitet in Berlin.
 

Zurück