Österreich mit scharf!
Das Stadtmagazin biber ist ein junges Magazin von Österreichern mit Migrationshintergrund für alle, die das vielfältige und multikulturelle Wien kennen lernen wollen.
Wien ist anders, Wien ist vielfältig wie ein bunter Fleckerlteppich, Wien ist multikulturell. Diesen Eindruck bekommt man in vielen österreichischen Medien nicht. Von schwarzen Drogendealern, stehlenden Osteuropäern und Sozialschmarotzern aus der Türkei ist zu lesen. Und nur wenige Menschen mit Migrationshintergrund arbeiteten in österreichischen Redaktionen, stellte Simon Kravagna fest. Die kulturelle Vielfalt Wiens wird in den Medien nicht abgebildet. Deshalb hat Simon Kravagna biber gegründet, seit 2007 erscheint es regelmäßig, bis heute ist er Chefredakteur.
biber ist das erste transkulturelle Magazin für neue Österreicher (Menschen mit Migrationshintergrund), gemacht von jungen Journalisten „mit türkischen, bosnischen, serbischen, kroatischen, kurdischen, brasilianischen, kärntnerischen, oberösterreichischen, slowenischen, und so weiter -ischen“ Wurzeln, wie es auf der Homepage heißt. Sie können das, woran viele andere scheitern: Sie schreiben authentische Berichte aus ihrer multiethnischen Community, nennen die Probleme direkt beim Namen und zeigen dadurch die spannenden, vielseitigen und unbekannten Seiten von Österreichs Hauptstadt.
Biber ist scharfFür Deutschsprachige ist ein Biber ein Tier, auf Türkisch oder Kroatisch heißt biber Paprika und Pfeffer und wird mit etwas Würzig-Scharfem verbunden. „Mit scharf“ wird in Österreich bei Bedarf auch ein Kebap bestellt. Und so ist der Name biber Programm. Das Magazin „mit scharf“ nimmt kein Blatt vor den Mund, kommentiert, kritisiert, ist selbstironisch und lobt. Es wird aber niemand verspottet oder geringgeschätzt. Soziale Brennpunkte werden jedoch thematisiert, Missstände und Tabu-Themen angesprochen. Von aufgezwungenen Integrationsbeiträgen fehlt jede Spur. „biber ist keine Integrationszeitung, wir versuchen das Wort Integration so gut es geht zu vermeiden“, sagt Marina Delcheva, biber -Redakteurin, gebürtige Bulgarin, die seit ihrem siebenten Lebensjahr in Österreich lebt. Integration sei ein Begriff, der politisch oft missbraucht werde und Menschen mit Migrationshintergrund in die Opferrolle dränge, begründet die 26-Jährige. Vielmehr soll biber einen Einblick in verschiedenen Kulturen geben und gegenseitiges Verständnis fördern.
Politisch inkorrektDa kommt es dann schon vor, dass ein Türke zu „Kanake“ oder ein Bosnier zu einem „Tschusch“ wird. Genau dieser politisch inkorrekte Stil, der mit den Sprachklischees von Migranten spielt, zeichnet biber aus. „Wichtig ist, dass man auch über sich selbst lachen kann. Die eigene Kultur ist nicht immer die beste“, sagt Marina. Manche Leser sehen das aber auch kritisch: „Das war vielleicht am Anfang witzig – auf Dauer nervt es aber gewaltig“ schreibt ein User auf der biber-Website.
Mit diesem Sprachstil sollen auch jene Leute zum Lesen der Ausgaben gebracht werden, die sonst nicht sehr medienaffin sind. „Es ist wichtig, dass uns die Menschen lesen, über die geschrieben wird“, so Marina.
Vertrauen durch die MutterspracheZudem hat biber den Anspruch, Geschichten aus den internationalen Communitys zu präsentieren, die man sonst nirgends lesen kann, oder andere Redaktionen aufgrund von Sprachbarrieren überhaupt nicht recherchieren können. Marina Delcheva nennt als Beispiel eine Geschichte über türkische Frauen, die sich in Wien ihr Jungfernhäutchen rekonstruieren ließen. Dadurch sollte ihre Jungfräulichkeit wieder hergestellt werden, damit sie heiraten können. „Bei solchen Themen ist es wichtig, Vertrauen zu den betroffenen Personen aufzubauen und auch ihre Muttersprache zu sprechen.“
Zehn Mal pro Jahr erscheint das Stadtmagazin mittlerweile, und es liegt dort aus, wo sich die Zielgruppe aufhält – in der Schule, beim Bäcker, in Restaurants und Beiseln, in U-Bahnstationen, auf der Uni, am Naschmarkt und bei verschiedenen Clubbings. biber ist dort, wo man auf Menschen trifft, die sich für ein Multi-Kulti Wien interessieren oder die manche dieser Themen aufregen. Denn, Wien ist anders und biber zeigt es.