Reisen verboten
„Ich weiß nicht, was ich den ganzen Tag machen soll“
Der 18-jährige Azibo [Name von der Redaktion geändert] ist vor vier Jahren aus Westafrika geflohen und lebt seitdem in Berlin. Als Asylbewerber steht er unter Residenzpflicht, er darf die Stadt also nicht verlassen.
Ich war fünfzehn Jahre alt, als ich meine Familie verlor. Mein Vater war schon zwei Jahre zuvor gestorben, weil er mit der Politik in unserem Land nicht einverstanden war. Eines Tages kamen dann Unbekannte in unser Haus, um alles zu zerstören. Ich blieb allein zurück und wurde nach drei Tagen von einem Soldaten abgeholt, der mich mit zu sich nach Hause nahm. Nach einiger Zeit kam ein befreundeter Händler und der Soldat erzählte ihm von meinem Problem, dass ich keine Familie und überhaupt keinen mehr hatte. Er schlug vor, dass er mich nach Europa bringen könnte und bereitete alles vor.
Keine Ausbildung, keine ArbeitNach zwei Wochen bin ich mit ihm nach Berlin geflogen. Am Flughafen hat er mir gesagt, ich solle auf ihn warten. Aber er ist verschwunden und nicht wieder gekommen. Ich habe eine schwarze Frau auf Französisch angesprochen und sie hat mich in ein Heim für minderjährige Flüchtlinge gebracht. Von dort aus bin ich in ein anderes Heim gekommen und ich konnte die Schule bis zum Hauptschulabschluss machen. Jetzt würde ich gerne eine Ausbildung zum Krankenpfleger machen, aber die Ausländerbehörde sagt, dass das nicht erlaubt ist. Ich darf auch kein Praktikum machen und ich darf nicht arbeiten, weil ich keine Arbeitserlaubnis habe. Ich würde auch gerne einen Freiwilligendienst machen, aber auch das erlaubt die Ausländerbehörde nicht. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Ich bin den ganzen Tag Zuhause.
Das Problem der Residenzpflicht
In Brandenburg gibt es einen Bauernhof, wo man hingehen kann, um mit Deutschen zu reden und so die Sprache besser zu lernen. Das würde ich gerne machen, aber ich darf das nicht, denn ich muss in Berlin bleiben. Ich darf überhaupt nicht reisen, nicht in Deutschland und nicht in Europa. Auch in den Ferien bin ich immer Zuhause. Das ist eine große Schwierigkeit für mich. Ein Anwalt hat meinen Asylantrag an die Ausländerbehörde geschickt, aber ich habe noch keine Antwort bekommen. Ich bin immer zur Schule gegangen und hatte nie Probleme mit der Polizei. Ich wünsche mir, dass ich einen Pass bekomme und eine Ausbildung machen kann. Ich möchte arbeiten, damit ich mein Geld nicht mehr vom Sozialamt bekommen muss.