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Band des Monats
Faun

Zwei Frauen und vier Männer in schwarzer Kleidung
© Faun

„Faun ist ein Lebensgefühl.“

„Die ersten drei Jahre sind wir über die Mittelaltermärkte gezogen, haben in der Nähe von öffentlichen Bädern gespielt oder auch am Lagerfeuer. Das war eine gute Zeit, weil wir organisch gewachsen sind und schon eine gute Liveband waren, bevor es richtig losging.“ 

Lasst uns auf die Spuren dieser deutschen Neofolk-Gruppe gehen, um zu sehen, welchen Weg sie seit ihrer Gründung vor mehr als zwanzig Jahren gegangen ist…

Von Camille Volle

Eine vielfältige Gruppe, die sich seit nunmehr fast 27 Jahren immer wieder neu erfindet

Die Band Faun, die aus Gräfelfing in Bayern stammt, wurde 1998 von Oliver Pade, Birgit Muggenthaler und Werner Schwab gegründet. 2000 schlossen sich Fiona Rüggeberg und 2001 Elisabeth Pawelke (Lisa) der Band an. Von den ursprünglichen Mitgliedern ist heute nur noch Oliver geblieben, der für die organisatorische Leitung der Gruppe zuständig ist. Im Laufe der Jahre waren verschiedene Künstler*innen Teil der Band. Diejenigen, die am längsten geblieben sind, sind unter anderem Fiona Rüggeberg (1998 - 2020), Lisa Pawelke (1998 - 2008) und Katja Moslehner (2013 - 2017). Die Band besteht heute aus sechs Mitgliedern: Oliver (Sänger, Dichter und Manager), Stephan (insbesondere an der Drehleier), Laura (Sängerin und Multiinstrumentalistin), Alex (er ist vor allem Perkussionist), Niel (elektronische Musik) e und das neueste Mitglied, Adaya (Sängerin, Saiteninstrumente, Harfenistin).

Alle haben vielfältige Talente, deswegen würde es zu lang dauern, hier all ihre Fähigkeiten aufzulisten. Ihre Musik zeichnet sich durch die Verwendung von alten Instrumenten und eine starke Präsenz des Gesangs aus, manchmal mit einem Hauch von elektronischer Musik. Zu den Instrumenten, die sie verwenden, gehören u. a. eine keltische Harfe, eine schwedische Schlüsselfiedel (Nyckelharpa), eine Drehleier, eine Bouzouki, ein paar Dudelsäcke, eine Zither, verschiedene Flöten und vieles mehr.

Seit ihren Anfängen vor fast 27 Jahren haben sich Faun zu einer der weltweit bekanntesten Bands entwickelt, die alte Klänge mit moderner Musik verschmelzen. Die Band hat mittlerweile 11 Studio-CDs und 2 DVDs veröffentlicht, wobei ihre CDs regelmäßig Spitzenplätze in den Charts belegen. Zu nennen sind hier vor allem die Alben Luna, das 2014 erschien (Platz 3), Midgard, das 2016 erschien (Platz 3) und natürlich Pagan aus dem Jahr 2022 (Platz 4). Außerdem waren sie bereits drei Mal für den Echo, den größten deutschen Musikpreis, nominiert und erreichten mit ihrer CD Von den Elben den Platin- und mit ihrer CD Luna den Goldstatus. Faun haben weltweit mehr als 950 Konzerte gespielt und sind momentan mit verschiedenen Konzertprogrammen auf Tour, u.a. mit einem bestuhlten, ruhigeren Programm für Theater, Kirchen und Konzertsäle (FAUN ACOUSTIC), mit einem kulturellen Programm für bestuhlte, klassische Konzertsäle und romantische Sommerkonzerte und einer mitreißenden und unbestuhlten Festival-Show.

Fauns Stil, "ein Lebensgefühl"

Faun ist eine deutsche Neofolk-Band, die von mittelalterlicher, keltischer und Dark-Wave-Musik inspiriert ist. Um sich selbst zu bezeichnen, hat sie sogar einen maßgeschneiderten Begriff geschaffen: „Pagan Folk“. Aus Olivers Sicht ließe sich ihre Musik eigentlich nicht in ein anderes Genre einordnen. So wie ihre Mitglieder, ist auch die Band in mehrerer Hinsicht sehr vielfältig. Dies gilt zunächst für Fauns Repertoire, das von melancholischen Balladen bis hin zu Volkstänzen reicht, in denen eine starke Naturthematik spürbar ist. Die Band bearbeitet vor allem historische Lieder aus verschiedenen Epochen und Regionen der Welt neu. Auch die Sprachen, in denen sie singen, sind sehr vielfältig. Die Texte werden meist in verschiedenen germanischen Dialekten wie Hochdeutsch, West- und Ostmitteldeutsch, aber auch in Altnordisch geschrieben. Auch Lateinisch, Ungarisch, Finnisch, Judäospanisch, Altfranzösisch und Englisch sind zu finden. Der Gesang wird meist zweistimmig vorgetragen.

Fauns „Folklore“ ist keine bloße Ästhetik, sondern „ein Lebensgefühl“, wie Oliver sagt. Der studierte Mediävist sitzt gern in der Bibliothek und liest viele Sachbücher über diese Zeit. Die neue CD Pagan kommt zum Beispiel mit einem 100-seitigen Begleitbuch heraus, das Liedtexte, aber auch Illustrationen und Hintergrundinformationen beinhaltet. Und das Publikum, das mittelalterliche Musik mag, würde sich auch nicht mit einer bloß mittelalterähnlichen Ästhetik zufriedengeben. Oliver sagt, dass es sehr viel Spiritualität in der Szene gebe. Menschen, die sich vom modernen Leben abwenden, um dabei aus älteren Inspirationsquellen zu schöpfen. Genau daher komme der Geschmack für eine Lebensweise, die in einer Welt herrschte, in der traditionelle Glaubensvorstellungen und Riten, Mythen und Legenden tief verwurzelt waren. Auf jeden Fall glaubt Faun an die Verbindung zwischen Tradition und Modernität: „Ich persönlich glaube an moderne Virologie und an die Heilkraft der Natur. Und sehe darin auch keinen Widerspruch.“

Wiederaufgreifen der germanischen Folklore: „Walpurgisnacht ist ein fröhliches Lied, das uns dazu einlädt, diese alten Festtage zu feiern.“

Selbst wenn Faun auf vielfältige Sprachen zurückgreift und Mythen und Legenden der Welt wiederaufgreift, so lässt sich immerhin eine gewisse Verankerung in der germanischen Folklore feststellen. Einer ihrer Titel, der davon zeugt, ist Walpurgisnacht, eine Tradition, die auch durch ihre Erwähnung in Goethes Faust bekannt ist. Nach der sächsischen Heiligen Walburga (710-779) benannt, ist sie ein ursprünglich heidnisches Fest, das in der Nacht vom 30. April zum 1. Mai stattfindet. Früher konnte sie in ganz Europa wegen der christlichen Religion nur heimlich gefeiert werden (in Deutschland, auf dem Blocksberg, im Harz). Sie steht vor allem für das Ende des Winters und wurde manchmal mit dem Aufstellen des Maibaums oder dem Entzünden großer Feuer verbunden.

Dazu erklärte Niel, dass es die Absicht hinter dem Song und dem Video sei, „dieses Fest zu verbildlichen und ein Bild zu zeigen, das nicht dieses faustische Dunkle der Walpurgisnacht zeigt. Es sind keine bösen Menschen, sondern Menschen, die zu einem Zweck feiern.“ Oliver wies darauf hin, dass es sich nicht um ein völlig vergangenes Ritual handele, sondern dass es in unserer modernen Welt noch immer durch bestimmte Traditionen präsent sei: „Walpurgisnacht ist ein altes Fruchtbarkeitsritual, was es irgendwie immer noch gibt. Selbst im erzkatholischen Bayern wird der Maibaum aufgestellt am 1. Mai.“

Faun greift nicht nur Folklore und Texte aus alten Zeiten auf, sondern liefert auch seine eigene Interpretation und versucht, Botschaften zu vermitteln, die den Band-Mitgliedern am Herzen liegen. „Wir leben in einer ziemlich materiellen Welt, die auch ziemlich männlich geprägt ist – das Patriarchat hat uns also ein bisschen in den Klauen und das war nicht immer so. Es gab eine Zeit, da wurden viele Göttinnen verehrt, der Bezug zur Erde, zur Mütterlichkeit war da, und auch die Intuition, die Gefühle, die Träume“, so Oliver.
 
In den Weiden werden unsere Träume klingen
Und die Winde werden unsre Lieder singen
Lasst uns mit den Funken übers Feuer springen
In der Walpurgisnach
t

In diesem Auszug aus Walpurgisnacht zum Beispiel wird eine starke Verbindung zwischen den Naturelementen und den Menschen, die sie verehren, deutlich, was mit Dynamik und Fröhlichkeit assoziiert wird. Das Pronomen „wir“ schließt alle ein, auch die Zuhörer*innen, und lädt dazu ein, sich an den Feierlichkeiten zu beteiligen.

Olivers Wunsch, wieder an weiblichen Energien anzuknüpfen, die in der heutigen kapitalistischen Gesellschaft zu sehr vernachlässigt werden, scheint jedoch sowohl von einer gewissen Tradition als auch von der New Age-Bewegung – die u.a. das „Göttlich-Weibliche“ feiert - geleitet zu sein. Das ist einer der Gründe, die sagen lassen, die Neofolk-Musikszene sei auch auf der Suche nach einer Spiritualität, die in unserer heutigen westlichen Welt als zu abwesend angesehen wird.

Nach einer durch die Pandemie erzwungenen Pause ein neues Album für einen Neuanfang

Für ihr neuestes Album Pagan haben Faun gemeinsam mit Linda-Fay Hella von Wardruna und mit der Band Eluveitie zusammengearbeitet.  Nach Oliver solle jede künstlerische Zusammenarbeit organisch entstehen, insofern als die verschiedenen Mitglieder sich schon vorher kennen und ähnliche Vorstellungen haben. Nun ist Laura (Sängerin bei Faun) mit dem Gitarristen von Eluveitie zusammen, und Faun hat Wardruna schon mehrmals bei Festivals getroffen. Die drei Bands sind einander also nicht fremd.

Wie sein Name schon andeutet, ist das Album Pagan vom Paganismus beeinflusst und verweist auf rituelle Praktiken, die aus Traditionen geschöpft sind. Diesmal kommt jedoch noch etwas hinzu: der Wunsch, nicht nur auf die Akustik des Instrumentals zu setzen (vgl. die Verwendung diesmal nicht einer schwedischen Nyckelharpa, sondern einer schwedischen Moraharpa, mit Darmsaiten also), sondern auch auf das Visuelle. Die Absicht des Songs Neun Welten (in Anlehnung an die neun Welten, die Yggdrasil in der nordischen Mythologie trägt), eine „Reinigung und Katharsis“ darzustellen, sollte nämlich in „starken Bildern“ zum Ausdruck kommen, wie man hier feststellen kann:  

Die Länge des Liedes im Vergleich zur relativen Sparsamkeit des Textes (in Deutsch und Altnordisch) zeigt nämlich, dass der Schwerpunkt auf dem Instrumentalen und Visuellen liegen soll.

„Es ist jedes Mal was Besonderes, weil wir ja keine Schauspieler sind. Wir haben aber einfach ein sehr cooles Videoteam, die uns auch perfekt coachen“, scherzt Niel. Trotzdem scheint ihn die Erfahrung vor allem zu begeistern. Laura (Sängerin bei Faun) fügt außerdem hinzu, der Song Neun Welten zeige Bilder, die bei Faun noch nie gezeigt wurden. Für die Band sei es also ein Schritt in eine neue Richtung.

Wir sind gespannt, ob die Band in dieser Richtung weitermachen wird. In der Zwischenzeit beendete Faun das Jahr sowie ihre Europatournee am 14. Dezember 2024 in Dortmund im Rahmen des Winterlights-Festivals. Bei dieser Gelegenheit teilte Faun die Bühne mit der schwedisch-norwegischen Band Kalandra.
 

Diskografie

2022 Pagan
2019 Märchen und Mythen
2016 Midgard
2014 Luna
2012 Von den Elben
2011 Eden
2009 Buch der Balladen
2008 Faun & the Pagan Folk Festival
2007 Totem
2005 Renaissance
2003 Licht
2002 Zaubersprüche

Band des Monats auf Spotify

Hände und Gitarre © Colourbox.com, ldutko Jeden Monat stellen wir euch eine Band oder eine*n Sänger*in aus einem deutschsprachigen Land vor – den Musikstilen sind keine Grenzen gesetzt. Mit dieser Playlist könnt ihr in die Musik der vorgestellten Künstler*innen hineinschnuppern.

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