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Jubiläumsjahr
Erich Kästner und seine Freunde fürs Leben

Erich Kästner: „Emil und die Detektive“
Erich Kästner: „Emil und die Detektive“ | Zeichnung von Walter Trier

Gibt es Figuren aus Kinderbüchern, die euch seit eurer Kindheit begleiten? Die wie treue Freunde immer an eurer Seite sind, auch wenn ihr längst erwachsen seid? Ganz vielen geht es mit den Figuren von Erich Kästner so. Wir stellen euch den Autor und seine Rasselbande vor.

Von Verena Hütter

Im Jahr 2024 wird Erich-Kästner-Jubiläum gefeiert. Vor 125 Jahren, am 23. Februar 1899, wird der Schriftsteller in Dresden geboren. Am 29. Juli 1974, vor 50 Jahren, stirbt er in München. Erich Kästner schreibt Gedichte, Essays und Epigramme, Drehbücher, Werbetexte und Theaterkritiken. Den meisten bekannt ist er heute jedoch durch seine Kinderbücher. Eine Auswahl fällt schwer, doch eine Abfrage unter Kolleginnen und Kollegen am Goethe-Institut hat ein Best-of aus vier Büchern ergeben: Emil und die Detektive, Pünktchen und Anton, Das fliegende Klassenzimmer und Das doppelte Lottchen. Die werden in diesem Artikel präsentiert. Ganz eng verbunden mit den Geschichten von Erich Kästner ist der Illustrator Walter Trier. Julia Jerosch von der Internationalen Jugendbibliothek in München stellt ihn euch vor. Doch zunächst zum Autor selbst.

Wer war Erich Kästner?

Erich Kästner wächst in Dresden auf. Sein Vater ist Sattler und fertigt Lederkoffer an. Seine Mutter arbeitet als Frisörin. Zu ihr hat Erich Kästner eine besonders enge Bindung. 1917, während des Ersten Weltkriegs, wird Erich Kästner zum Militär einberufen. Dort wird er herzkrank, und seine „Wut aufs Militär, auf die Rüstung, auf die Schwerindustrie“, die er 1969 im Deutschlandfunk formuliert, begleitet ihn sein Leben lang. Nach seiner Entlassung vom Militärdienst 1919 studiert er Germanistik, Geschichte, Philosophie, Zeitungskunde und Theaterwissenschaften in Leipzig und promoviert. Er arbeitet als Journalist und Autor. 1927 zieht er nach Berlin. In der NS-Zeit werden seine Bücher verboten. Die Nationalsozialisten belegen ihn mit einem Schreibverbot, 1933 sind seine Bücher unter den Werken, die bei der Bücherverbrennung durch die Nazis in Flammen aufgehen. Mehrmals wird Erich Kästner von der Gestapo verhaftet und verhört. Doch anders als viele seiner Schriftsteller- und Künstlerkollegen flieht er nicht aus Nazi-Deutschland ins Ausland. Er publiziert weiterhin im Stillen und unter Pseudonym. Nach dem Krieg arbeitet er als Redakteur, Herausgeber und freier Schriftsteller. 1945 zieht er nach München, wo er 1974 stirbt.

Erich Kästner 1962 in München Archiv des Münchner Stadtmuseums, Barbara Niggl Radloff

Emil und die Detektive

Worum geht’s? Der kleine Emil reist mit der Bahn nach Berlin zu seiner Großmutter. Da wird ihm auf der Fahrt das Geld, das er seiner Oma überbringen soll, von einem miesen Ganoven namens Grundeis geklaut. Emil heftet sich an seine Fersen. Er möchte das Geld zurückbekommen. Hilfe erhält er von Gustav mit der Hupe und einer ganzen Bande Berliner Großstadt-Jungs. Emil und Detektive erscheint 1929 und ist Erich Kästners erstes Kinderbuch.

Pünktchen und Anton

Luise, genannt Pünktchen, ist die Tochter reicher Eltern. Und doch schleicht sie sich abends aus dem Haus und verkauft Streichhölzer, um Geld zu verdienen. Sie möchte ihrem Kindermädchen aus der Klemme helfen. Dabei lernt Pünktchen Anton kennen. Der versucht wie sie, auf den Straßen von Berlin Geld zu verdienen. Er möchte seine kranke Mutter unterstützen. Pünktchen und Anton werden dicke Freunde. Sie geraten in ein Abenteuer, dessen Turbulenzen sich am Ende zum Wohle beider Familien auflösen. Pünktchen und Anton erscheint 1931. Wie alle Kinderbücher von Erich Kästner wird es mehrfach verfilmt, zuletzt 1999 von der Oscar-gekrönten Filmemacherin Caroline Link.

„Pünktchen und Anton“ (Film von Caroline Link 1999) © Mauritius Images, United Archives

Das fliegende Klassenzimmer

Das fliegende Klassenzimmer spielt in einem Internat in Bayern, kurz vor den Weihnachtsferien. Die Gymnasiasten proben ein Theaterstück, das genau den Titel trägt: Das fliegende Klassenzimmer. Es geht um verschwundene Diktathefte, erbitterte Faustkämpfe gegen die Realschüler, den Lehrer Justus und den Nichtraucher, der so heißt, weil er in einem ausrangierten Nichtraucher-Eisenbahnabteil wohnt. Das fliegende Klassenzimmer ist eine Geschichte über Freunde, die sich gegenseitig bedingungslos den Rücken stärken, eine Geschichte von Hoffnung und gegenseitigem Respekt. Und das ist umso rührender, wenn man bedenkt, dass das Buch 1933, kurz nach der Machtübernahme der Nazis, erschienen ist, vor einer Kulisse von Menschenverachtung und Terror.

„Das fliegende Klassenzimmer“ (1973) © MFA+ FilmDistribution / Franz-Seitz-Film, Terra Filmkunst

Das doppelte Lottchen

Das doppelte Lottchen handelt von dem Zwillingspärchen Luise und Lotte. Zunächst wissen die beiden nichts voneinander. Ihre Eltern haben sich getrennt. Luise lebt in Wien beim Vater, Lotte in München bei der Mutter. Als sich die Zwillinge zufällig in einem Ferienlager kennenlernen, treffen sie einen kühnen Entschluss: Sie tauschen die Rollen. Luise kehrt nicht heim zum Vater nach Wien sondern fährt nach München. Lotte fährt nach Wien. Und los gehen die Verwicklungen, an deren Ende ein Happy-End steht. Das doppelte Lottchen erscheint 1949 nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Der Stoff – die Eltern geschieden, die Mutter alleinerziehend – kommt überraschend fürs Nachkriegsdeutschland.

Erich Kästner und sein Zeichner

Warum in keinem Artikel über Erich Kästner dessen Zeichner Walter Trier fehlen darf, erklärt Julia Jerosch von der Internationalen Jugendbibliothek in München. Unter dem Dach der Bibliothek wird eine große Sammlung von Zeichnungen von Kästners Illustrator aufbewahrt. „Walter Triers Buchcover sind heute ikonisch“, sagt Julia Jerosch. „Wer an Emil und die Detektive denkt, sieht die Zeichnung mit Litfaßsäule auf gelbem Grund vor sich, hinter der Emil hervorlugt – eine Szene übrigens, die so im Buch gar nicht vorkommt.“ Und Julia Jerosch erzählt auch, warum Kinder Erich Kästner heute genauso lieben wie vor 50 Jahren: „Erich Kästner war sehr nah an den Kindern dran. Und er hat nie belehrend geschrieben und die Missstände klar benannt. Kinder haben ein gutes Gespür, was in der Welt passiert. Sie wollen in ihren Büchern die heile Welt nicht. Sie wollen lesen, was sie bewegt.“

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