Band des Monats
Dilla

Hände an Gitarre
© Colourbox.com, ldutko

„Klingt billig und auch einfach nicht so gut“. Diese Selbstbeschreibung von Dilla steht wohl für sich. Amadea Ackermann, wie sie mit bürgerlichem Namen heißt, wollte ihre Songtexte zunächst nicht auf Deutsch schreiben. Zu groß war die Angst vor der Intimität, die ihre Erstsprache ihr bedeutet. Mit der Kreation ihrer Kunstfigur Dilla hat sie es dann aber doch gewagt. Dilla ist ironisch und nimmt sich nicht allzu ernst, wie ihr Zitat schon zeigt. Seit 2021 veröffentlicht sie Songs im Stil von Elektropop über Punk und Rock bis zu „Underground-Schlager“.

Von Milena Leisenheimer

Wolfgang Dilla Mozart

Dilla wurde 2001 in Schwerin geboren und die Musik wurde ihr dabei in die Wiege gelegt. Buchstäblich natürlich eher in den Geburtsnamen Amadea. Ihre Eltern benannten sie tatsächlich nach Wolfgang Amadeus Mozart. Dazu kommt, dass ihr Vater Opernsänger ist und sie bereits früh anfing, zu singen und Instrumente zu spielen. An der Musikhochschule München absolvierte sie während ihres Abiturs ein Jungstudium des Jazzgesangs mit dem Nebenfach Klavier. Daran anschließend folgte ein Studium für Musikproduktion in Freiburg. Ein Dozent riet ihr, nach Berlin zu gehen, wenn sie wirklich hauptberuflich Musikerin werden möchte. Und das wollte sie.

So machte Dilla sich auf die Suche nach einer Wohnung in Berlin und hatte Glück. Bei der Ausschau nach einer Person, mit der sie gemeinsam in die Wohnung einziehen konnte, stieß sie auf die Anzeige von Emi. Sie haben zweimal telefoniert und sind schon 10 Tage später zusammengezogen. Mit Emi, die man besser unter ihrem Künstlerinnennamen als emi x kennt, macht Dilla nun auch Musik. Einer ihrer bekanntesten gemeinsamen Songs ist „unter ihrem dress“. Als dieser am ersten Tag des Release 20.000 Aufrufe erreichte, waren sie sprachlos. Mittlerweile zählt der Song auf Spotify über acht Millionen Aufrufe und Dilla und Emi veröffentlichten weitere Songs zusammen.

Von Partys, Sommersehnsucht und Exzess

Amadea wurde zu Dilla, weil sie auf der Suche nach einem Alias für ihre deutschsprachige Musik war. Freund*innen schufen diesen Spitznamen für sie. Auf Social Media nannte sie sich Armadillo, wie das Gürteltier und daraus wurde Dilla. Ihre ersten Produktionen als Dilla machte sie gemeinsam mit emi x und TimmyT. Schon länger als Dilla macht Amadea mit ihrem englischsprachigen Soloprojekt „Amadea“ Musik. Momentan konzentriert sie sich mehr auf Dilla, die weniger tiefgründig und ernst ist. Bei ihr dreht sich viel um exzessive Partys, die Musik war zunächst eher schneller und technoid und die Figur ist unverblümter als Amadea.
 

Der wohl bekannteste und in jedem Fall meistgehörte Song von Dilla ist aktuell „photosynthese“, der auf Spotify über 15 Millionen Mal gehört wurde. Dilla und emi x haben das Lied gemeinsam im Winter in ihrer WG geschrieben und aufgenommen, weil sie sich nach dem Sommer gesehnt haben. Das Lied hat laut Dilla selbst kein richtiges Thema. Es ging ihnen eher um ein Gefühl, das sich in der kalten, dunklen Jahreszeit einstellt und die Begierde nach Licht, Wärme und langen Sommernächten.

Wir ernähren uns von Licht, wir machen Photosynthese
Der Himmel immer rot wie bei guter Bolognese
Sündenhafter Absturz, Gott, bitte vergebe
Wir brauchen Licht für die Photosynthese

Eine vielfältige Musikerin

Bei einem Studium der Musikproduktion ist es beinahe selbsterklärend, dass Dilla ihre Musik zunächst selbst produzierte. Erste Musikproduktionserfahrungen hat sie mit einem Freund gemacht, der ihre Stimme für ein Projekt verwenden wollte. Danach machte sie allein weiter und nahm die ersten Songs für Dilla in ihrem WG-Zimmer auf. Weit weg vom Leistungsdruck eines professionellen Studios produzierte sie zunächst Lieder, deren instrumentale Begleitungen eher simpel sind. Inspiriert von Harmonien und Kirchenchören verwirklichte sie sich dafür umso mehr in den Vocals. In ihrem Zimmer-Studio hieß das manchmal auch, unter der Bettdecke zu singen, um einen besseren Sound zu bekommen.

Nach ihren Anfängen mit technoiden Elektropop-Songs wollte sich Dilla aber weiter verändern und am liebsten jeden Stil einmal ausprobieren. So beschreibt sie ihren Song „Mit Dir“ beispielsweise als konventionellen Pop und geht in „Girls“ eher in Richtung Rock. „Star“ wird auch zu der Neuen Neuen Deutschen Welle gezählt. Und hier ist kein neu zu viel. Die Neue Neue Deutsche Welle greift auf den Stil der Neuen Deutschen Welle der 1980er Jahr zurück (siehe unser Artikel über Östro 430).
In ihrem ersten eigenen Album „Also bin ich“, das im Oktober 2023 erschien, zeigt Dilla sich auf elf Tracks etwas gefühlvoller mit weniger Techno-Elementen. Für das Album hat Dilla außerdem das erste Mal mit einem Produzenten zusammengearbeitet.

Alles dabei - Von Kraftklub zu Grönemeyer

Konzerte hat Dilla schon so einige gegeben. Im Herbst 2022 war sie mit Kraftklub auf Tour, im Frühjahr 2023 hatte sie ihre erste eigene Tour und im Sommer 2023 ist sie auf ungefähr 40 Festivals aufgetreten. Von Februar bis März diesen Jahres war sie mit ihrem neuen Album auf Tour.
Im April 2024 hat Dilla zum 40-jährigen Jubiläum von Herbert Grönemeyers Album „4630 Bochum“ seinen Song „Männer“ mit ihm gemeinsam neu interpretiert. Sie singt den originalen Text und wird dabei begleitet von Elektrobeats.
 

Männer baggern wie blöde
Männer lügen am Telefon
Oh, Männer sind allzeit bereit
Männer bestechen durch ihr Geld und ihre Lässigkeit


Um Dilla herum tut sich viel. Jedes Release kann eine Überraschung sein und einen neuen Stil mitbringen. Genauso verändern sich auch ihre Texte und ihre Einstellung zu sich selbst und ihrer Kunstfigur. Wo sie am Anfang noch über exzessive Partys schrieb, ließ sie in ihrem Album tiefer blicken. Wie ihre Interpretation von „Männer“ zeigt, behält sie sich aber eine gewisse Ironie bei. Wer sich fragt, ob sie wirklich so billig und nicht so gut klingt, wie sie schreibt, sollte in jedem Fall einmal in ihre größten Hits und das neue Album rein hören.

 

Diskografie:

Album
2023: Also bin ich

EP
2021: Vier Tage in Berlin (mit TimmyT)
2024: Also was jetzt?

Singles
2021: Mixed Signals (mit emi x)
2021: Horoskop (mit emi x und Grether3)
2021: unter ihrem dress (mit emi x)
2021: photosynthese (mit emi x)
2022: Partymaus (mit TimmyT)
2022: Mario Kart
2022: Erstmal Essen
2022: Avenue
2022: Mit dir
2022: Junge
2023: Girls
2023: Funkroboter (mit TimmyT und Friedrich Liechtenstein) 
2023: Star
2023: Teen
2023: Egal (was passiert)
2024: Führerschein
2024: Willst du (mit emi x)
2024: Männer (mit Herbert Grönemeyer) 

Band des Monats auf Spotify

Jeden Monat stellen wir euch eine Band oder eine*n Sänger*in aus einem deutschsprachigen Land vor – den Musikstilen sind keine Grenzen gesetzt. Mit dieser Playlist könnt ihr in die Musik der vorgestellten Künstler*innen hineinschnuppern.

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