Welche Trends werden gerade vom deutschen Filmnachwuchs gesetzt? Davon erzählen die in der Berlinale-Sektion „Perspektive Deutsches Kino“ versammelten Filme. Philipp Bühler blickt auf das einfallsreiche Schaffen junger Regietalente.
Von Philipp Bühler
Von der Sektion „Perspektive Deutsches Kino“ heißt es gern, sie sei „umstritten“. Gemeint ist der Umstand, dass diese Bühne des jungen deutschen Films von internationalen Gästen kaum wahrgenommen wird. Das ist schade, aber wer diese wunderbare kleine Nische einmal für sich entdeckt hat, will sie nicht mehr missen. Hat die Perspektive doch das, was den etablierten Sektionen bisweilen abgeht: ein ganz eigenes Profil.
Mit Einfallsreichtum und unergründlichem Charme
Vor allzu sperriger Experimentalkunst, aber auch vor glattem Mainstream ist man hier weitgehend sicher. Perspektive-Filme sind jung, frech und verspielt, manchmal auch etwas naiv – wie man das von Neulingen erwarten sollte. Das beste Beispiel dafür ist der Eröffnungsfilm
Rückenwind von vorn. Der Film ist wie seine Hauptfigur, die junge Lehrerin Charlie, die sich nicht zwischen dem Ernst des Lebens und ständigem Neuanfang entscheiden kann. Ihr Freund will ein Kind, sie nicht. Warum? Der Regisseur Philipp Eichholz spricht von einem Gefühl, das sich „klein, mickrig und banal“ anfühle – aber einfach nicht zu leugnen sei. Das Gefühl, dass etwas nicht passt. Perspektive-Filme, um etwas zu verallgemeinern, umspielen genau diese spezifische Seelenlage – ohne große Ambitionen, aber mit viel Einfallsreichtum, spontanen Dialogen und unergründlichem Charme.
Whatever Happens Next (Regie: Julian Pörksen) über einen Mann, der eines Tages aussteigt und sich als begnadeter Schnorrer auf Partys und Trauerfeiern einschleicht, entstand im selben Geist.
Unverstellte Neugier
Sicher, auch in diesem Jahr gibt es ernsthafte Themenfilme wie das süddeutsche Missbrauchsdrama
Verlorene (Regie: Felix Hassenfratz) oder Susan Gordanshekans Integrationsparabel
Die defekte Katze. Aber diese unverstellte Neugier, wie sie wohl nur junge Filmemacher und -macherinnen aufbringen, zeichnet auch sie aus. Verlorenheit und die Suche nach dem Platz im Leben erweisen sich einmal mehr als übergreifende Themen und finden ihren vielfältigsten Ausdruck. Die Perspektive bietet solch einen Platz, und das darf gerne so bleiben.