Wussten Sie, dass die erste Postkarte der Welt aus Wien stammt? Diese war allerdings noch nicht illustriert. Dass Menschen irgendwann auch Ansichtskarten mit Bildern ihrer Urlaubsorte verschicken konnten – das verdanken wir Erfindungen aus Frankreich und Deutschland.
Die Geburtsstunde der Postkarte lässt sich ziemlich genau zurückdatieren, nämlich auf das Jahr 1869: Damals brachte ein Ökonom in Wien das erste Exemplar in Umlauf. Danach dauerte es ungefähr zwanzig weitere Jahre, bis sich die illustrierten Postkarten verbreiteten, die wir noch heute kennen.
Unter anderem Franzosen und Deutsche haben dieses wunderbare Kommunikationsmittels weiterentwickelt – und irgendwann verbreiteten sich Postkarten in der ganzen Welt. Ihre Blütezeit erlebten Postkarten zwischen 1900 und 1914.
Christian Deflandre, Gründer und Leiter des Postkartenmuseums in Antibes, erzählt uns die Geschichte dieses europäischen Kulturguts, das unsere schönsten Urlaubserlebnisse auf Reisen schickt. Die Postkarten, die in dieser Bildergalerie präsentiert werden, sind Teil der Ausstellung des Postkartenmuseums in Antibes.
Am 1. Oktober 1869 wurde die erste Postkarte nach zweijährigem Zaudern in Wien (damals Österreich-Ungarn) in Umlauf gebracht. Ministerialrat Emanuel Herrmann unterschrieb den Auftrag – und autorisierte „damit die offene Beförderung einer preisreduzierten Korrespondenz gleichwertig einem konventionellen Brief“. In den folgenden Jahren übernahmen andere Postmeister das Postkarten-Prinzip, zunächst in den Nachbarländern Österreich-Ungarns, später auf der ganzen Welt – wobei diese Postkarten noch nicht illustriert waren.
Gegen 1890 tauchten die ersten Postkarten auf, die mit Zeichnungen oder Fotografien illustriert waren – zu sehen in diesem Bild, das die Technik des Lichtdrucks veranschaulicht (gedruckt in öligen Farben auf einer Gelatineschicht). Illustrierte Ansichtskarten verbreiteten sich auch dank großer Luxushotels, die Karten ihres Etablissements anboten – für sie war das kostenlose Werbung. Kurz darauf erlebten Postkarten weltweit einen riesigen Erfolg. Sie waren auch deshalb sehr beliebt, weil man in Zeitungen und anderen Druckerzeugnissen damals nur sehr wenige Fotos fand – das Fotografieren war professionellen Fotografen vorbehalten.
Zwei wesentliche Entwicklungen auf dem Weg zur heutigen Ansichtskarte erlebte die Postkarte dann in Deutschland und Frankreich: Deutsche Drucker optimierten den Gebrauch der Chromolithografie, einer Technik des Farbdrucks. In Frankreich war es der Prozess des Lichtdrucks (auf dem nächsten Bild zu sehen), der es ermöglichte, exzellente Qualität in Masse zu produzieren.
Viele Länder, die dem „Weltpostverein“ beigetreten waren, konnten nun für wenig Geld Bilder aus der ganzen Welt senden und empfangen. Natürlich zeigte sich dabei jedes Land von seiner Sonnenseite – um Touristen und Reisende aller Art anzulocken.
Daneben wurden Postkarten auch zu religiösen, politischen und Werbezwecken eingesetzt. In diesem Bild sehen wir zum Beispiel eine kleine Annonce, verfasst von einem Postkartensammler.
An Postkarten lassen sich nicht nur die wichtigsten historischen Entwicklungen ihrer Zeit ablesen – sie stellen auch einen echten ikonographischen Schatz dar, um das Alltagsleben vor 1914 zu studieren. Mit all diesen Momentaufnahmen können wir anhand der Postkarten ein ganzes Universum entdecken: Feldarbeiten, Handarbeiten – Tätigkeiten, die heute teilweise fast verschwunden sind –, aber auch religiöse und Bürgerfeste, Sportveranstaltungen und vieles mehr.
Zugleich zeigen die Illustrationen von Postkarten sowohl die Mentalität der Künstler als auch den Zeitgeist der jeweiligen Epoche. Wie haben die Menschen gelebt? Was hat sie beunruhigt? Was wollten sie? Was waren ihre Träume? Viele Künstler der Belle Époque nutzten Postkarten außerdem, um sich einem breiteren Publikum bekannt zu machen – in diesem Bild ist ein Ausschnitt einer Karte modernen Stils zu sehen.