17.06.2019 | Agnes Heller (Antwort)
„Es gibt keine Demokratie ohne kulturelle Elite“

Ágnes Heller beantwortet Jonas Lüschers und Michel Zichys Frage: "Welche Rolle spielt die kulturelle Elite bei der Förderung der Demokratie?", aus dem Eröffnungstext Ein erster Gedanke...


Es gibt keine Demokratie ohne eine kulturelle Elite, die sich essentiell von der politischen und ökonomischen Elite unterscheidet. Damit meine ich Menschen, die respektiert werden und als Vorbild dienen, sowohl aufgrund ihrer geistigen Leistungen als auch ihres sozialen Verantwortungsbewusstseins. Eine Gesellschaft, in der die angesehensten Mitglieder die Erfolgreichen und Wohlhabenden sind, seien es Politiker, Geschäftsleute oder Filmstars, verkommt zu einer reinen Massengesellschaft ohne Substanz.

Nicht durch die Anzahl der Universitätsabschlüsse oder Massenpublikationen wird jemand Teil der kulturellen Elite, sondern durch geistiges Niveau, den Einsatz für die Menschenwürde und Verständnis.

Notwendige Eliten
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Nicht durch die Anzahl der Universitätsabschlüsse oder Massenpublikationen wird jemand Teil der kulturellen Elite, sondern durch geistiges Niveau, den Einsatz für die Menschenwürde und Verständnis. Es gibt Menschen, für die Erfolg und Reichtum zweitrangig sind und für die Anerkennung an erster Stelle steht – die Anerkennung ihrer Persönlichkeit, nicht einer äußerlichen Errungenschaft.

Eine stabile Demokratie braucht eine kulturelle Elite mehr als das politische Establishment, denn Letzteres neigt häufig dazu, Quantität den Vorrang vor Qualität zu geben. Wenn Ideale und Rollenmodelle jedoch nur anhand der Quantität bemessen werden, degeneriert die Gesellschaft, und Demagogen und Tyrannen übernehmen die Kontrolle.

Ágnes Heller

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