Interview
Exklusiv – Linda Sällström
Linda Sällström hat 115 mal für die finnische Nationalmannschaft gespielt und dabei 50 Tore geschossen (Stand: 21.04.2022). Sie hat damit Laura Kalmari Österberg und Jari Litmanen überholt. Niemand hat mehr für Finnland getroffen.
Für das BKD-Dossier ”Frauenfußball” und das PASCH-Fußballcamp in St.Pauli hat Linda exklusiv mit uns gesprochen.
Von Rainer H. Fußgänger
Geboren wurde Linda Charlotta Sällström am 13. Juli 1988 in Helsinki.
Wie viele Sprachen hast du eigentlich gelernt?
Linda Sällström: „Meine Muttersprache ist Schwedisch. Ich spreche aber auch Finnisch und Englisch. In der Schule habe ich Deutsch und Spanisch gelernt. Und als ich in Paris gespielt habe, musste ich natürlich auch Französisch lernen. Norwegisch und Dänisch kann ich verstehen und lesen. Also insgesamt spreche ich sechs Sprachen.“
Wie ist dein Finnisch?
Linda Sällström: „Mit meinen Eltern spreche ich Schwedisch, aber mit Nachbar*innen, Freund*innen und so weiter habe ich eigentlich immer Finnisch gesprochen. Spanisch kann ich bestimmt nicht mehr so gut. Vor kurzem wollte ich Deutsch sprechen, aber dann kamen auf einmal immer französische Wörter aus meinem Mund. Das sind so komische Momente mit Sprachen.“
Als wir sie fragen, wie sie sich bei der Nationalhymne fühlt, wenn sie für Finnland auf dem Platz steht, kommt eine interessante Antwort.
Linda Sällström: „Ich singe die Hymne immer auf Schwedisch. Das sieht man vielleicht auch im Fernsehen, wenn man meine Mundbewegungen mit den anderen vergleicht. Die Originalversion wurde übrigens auch auf Schwedisch geschrieben.“
Hast du so etwas wie ein deutsches Lieblingswort, frage ich sie. Die Antwort kommt sofort ohne Nachdenken und bringt mich zum Lachen.
Linda Sällström: „Ganz klar ‚Plumpsklo‘,“ lacht Linda. Das klingt lustig und ist auch lustig. Viele Finn*innen kennen Plumpsklos aus ihren Sommerhäusern.
Mit 19 Jahren kam Linda Sällström nach Schweden und spielte für die Stockholmer Topmannschaft Djurgården. Nach einigen Jahren in der schwedischen Hauptstadt ging es weiter nach Linköping (2010-2014).
Hier gab es die schwierigste Zeit ihrer Karriere. Dreimal hintereinander zog sie sich einen Kreuzbandriss zu. Danach muss man am Knie operiert werden und braucht ungefähr ein Jahr, um wieder spielen zu können. Linda wurde operiert, trainierte hart, kam zurück – und wieder riss ihr das Kreuzband. Und wieder.
Linda Sällström: „Ich bin halt jemand, der niemals aufgibt. So lange es eine kleine Chance gibt, werde ich es immer wieder versuchen“, sagt sie heute. „Vielleicht ist das der finnische Sisu.“
Von Linköping zog sie dann weiter nach Vittsjö. Und studierte Medizin an der Universität Lund. Auf einmal gab es die Möglichkeit, in Frankreich zu spielen. Bei Paris FC. Nach einer sehr guten ersten Saison begann die Pandemie. Und Linda bekam von Paris nicht mehr so viel mit. Heute ist sie wieder in Vittsjö. Das ist so etwas wie ihr Verein geworden. Ein kleiner Ort in der Nähe von Hässleholm, wo fast alle Einwohner alles für ihre Frauenmannschaft tun.
Linda Sällström: „Ich hatte Glück und konnte tatsächlich bisher immer vom Fußball leben,“ sagt Linda Sällström. „Aber es ist schon ein bisschen schade, dass meine Karriere jetzt langsam zu Ende geht. Denn gerade jetzt passiert so wahnsinnig viel im Frauenfußball. Und es wird noch viel mehr kommen: Volle Stadien, es wird viel mehr Stars geben und der Sport wird viel mehr respektiert werden.“
Ein paar Mal hat Linda den finnischen Staatspräsidenten Sauli Niinistö getroffen.
Linda Sällström: „Ich war völlig aufgeregt beim ersten Treffen“ hat sie mir früher erzählt. „Bei den Feiern zum finnischen Nationalfeiertag im Präsidentenpalast wurde ich ihm vorgestellt und er wusste sogar, wer ich war. Und fragte nach meinem Knie. Ich war so nervös, dass ich kein Wort sagen konnte.“
Und in Helsinki passiert es schon immer wieder mal, dass man sie auf der Strasse erkennt. Diese Erlebnisse sind immer nur positiv.
Was hat sie denn den Teilnehmer*innen eines Fußballcamps zu sagen? Was muss man mitbringen, wenn man selber ein Star werden will?
Linda Sällström: „Natürlich musst du gut Fußball spielen können. Du brauchst sehr viel Disziplin und Engagement. Und du musst sehr viel trainieren.“
An die Zeit nach dem Fußball denkt sie manchmal. Und freut sich, dass sie dann spontaner reagieren kann. Wenn Freund*innen anrufen und sie fragen, ob sie dies oder das machen will. Dann wird sie endlich mal „ja“ sagen können, wo man als Fußballprofi „Nein, ich habe morgen ein Spiel“ sagen muss.
Und irgendwann wird sie Ärztin sein. Eine Ärztin, die sechs Sprachen spricht und viel von einer fantastischen Karriere erzählen kann. Eine Ärztin, die niemals aufgibt, wenn es noch eine kleine Chance gibt. Und die auch sehr gerne mal laut und herzlich lacht. Ein Vorbild und Star. Und ein ganz normaler Mensch ohne Allüren.