Filmvorführung
Peter Nestler: Unrecht und Widerstand

junge menschen mit gedenkbanner
Rainer Komers | © strandfilm

Romani Rose und die Bürgerrechtsbewegung

Der jahrhundertealte Rassismus gegen Sinti und Roma eskalierte unter dem NS-Regime in systematische Verfolgung und Völkermord. Schätzungen zufolge wurden zwischen 220.000 und 500.000 Sinti und Roma Opfer der Nazis und ihrer Kollaborateure; darunter waren über 25.000 Sinti und Roma aus Österreich und Deutschland. Auch das Ende des Dritten Reiches bedeutete nicht das Ende von Rassismus und Diskriminierung für die Überlebenden. Symptomatisch dafür ist die Tatsache, dass der der rassistisch motivierte Völkermord an den Sinti und Roma erst im März 1982 offiziell anerkannt wurde.

Anhand von Archivmaterial und ausführlichen Interviews zeichnet Peter Nestler im ersten Teil seines dokumentarischen Diptychons die andauernde Demütigung und Ungerechtigkeit nach, die Sinti und Roma in Deutschland und Österreich seit dem Zweiten Weltkrieg erfahren haben, sowie ihren kontinuierlichen Widerstand und Kampf um Anerkennung.

Im Zentrum seines Films stehen die Aussagen und Kommentare des langjährigen Bürgerrechtlers Romani Rose, der seit 1982 Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma ist. Rose verlor 13 nahe Angehörige in den NS-Lagern. Aus dem, was er über seinen Vater und seinen Onkel erzählt, erfahren wir vom Versagen der katholischen Kirche beim Schutz der Sinti und Roma und von den medizinischen Experimenten, denen sie im KZ Neckarelz unterzogen wurden. Seit den 1970er Jahren engagiert sich Rose intensiv im Bürgerrechtskampf für Gerechtigkeit und Gleichberechtigung der Sinti und Roma in Deutschland. Der Film behandelt beispielsweise einen Hungerstreik in der KZ-Gedenkstätte Dachau im Jahr 1980, an dem Rose teilnahm – ein Protest gegen die Entscheidung der bayerischen Behörden, der Sinti- und Roma-Gemeinschaft den Zugang zu wichtigen Dokumenten über ihre Unterdrückung zu verweigern. Dieser international viel beachtete Streik wurde zu einem wichtigen Katalysator im Kampf um die Anerkennung der Bürgerrechte von Sinti und Roma.


Deutschland, Österreich 2022, Farbe & s/w, 115 Min. Mit englischen Untertiteln.
Regie: Peter Nestler, Kamera: Rainer Komers, Schnitt: Dieter Reifarth, Ton: Michael Busch, Produktionsfirmen: Strandfilm GmbH (Frankfurt am Main) in Koproduktion mit Navigator Film Produktion (Wien) in Zusammenarbeit mit Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF) / 3sat (Mainz) Produzent: Dieter Reifarth, Ausführende Produzentin: Monika Lendl.


Eine Kooperation zwischen dem Essay Film Festival / Birkbeck Institute for the Moving Image und dem Goethe-Institut London.
 


Über Peter Nestler

Der deutsche Filmemacher Peter Nestler gehört zu den ganz großen Dokumentaristen unserer Zeit. Sein einflussreiches Werk, das zunehmend auch außerhalb des deutschsprachigen Raums gewürdigt wird, umfasst mittlerweile mehr als 60 Filme – über sechs Jahrzehnte hinweg entstanden, stehen Nestlers Filme exemplarisch für ein dokumentarisches Arbeiten, das sich durch politischen und künstlerischen Eigensinn auszeichnet.
Nestler, 1937 in Freiburg geboren, beginnt 1962 seine Arbeit als Dokumentarfilmregisseur, zunächst noch in der BRD, ab 1966 in Schweden, wo er bis heute lebt. Bis in die 1990er Jahre ist er für das schwedische Fernsehen tätig und realisiert nahezu jedes Jahr einen Film, oft in Zusammenarbeit mit seiner Frau Zsóka Nestler (1944–2016). Bis heute führt der nun 85-jährige Nestler seine herausragende Arbeit fort, die sich in den unterschiedlichsten filmischen Formen manifestiert und in deren Zentrum eine hellsichtige Analyse der Zusammenhänge von Politik und Ökonomie steht. "Im Grunde", so ein Wegbegleiter Nestlers, "dreht er einen langen, großen Film, wie ein Erzähler, der seine Geschichte ewig fortspinnt. Die einzelnen Filme sind deshalb lediglich Kapitel oder Abschnitte dieser Lebensarbeit."
Dies gilt mit Sicherheit für seinen aktuellen, aus zwei Teilen bestehenden deutsch-österreichischen Film Unrecht und Widerstand und Der offene Blick, mit dem Nestler in beeindruckender Weise seine jahrzehntelange Auseinandersetzung mit dem Schicksal der Sinti und Roma in Deutschland und Österreich fortführt: ein großes intensives Epos über ein immenses Unrecht, erzählt als Geschichte zwischen Trauma und Selbstbehauptung. (Constantin Wulff; mit Dank an das Österreichische Filmmuseum )

Details



Preis: Kein Eintritt, aber eine Reservierung ist erforderlich

+44 20 75964000 info-london@goethe.de
Diese Veranstaltung ist Teil der Veranstaltungsreihe Peter Nestler: Unrecht und Widerstand & Der Offene Blick.