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Medienkompetenz
Kulturen der Medienkompetenzen und der Digitalkompetenzen: der Fall der jungen Menschen

Medienkompetenz
©Goethe-Institut e.V.

Der öffentliche Diskurs

Ein schneller Bick sowohl auf den Großteil der Medien als auch auf die vorhandenen akademischen Forschungsergebnisse wie auch auf politisch-strategische Maßnahmen gibt zu erkennen, dass die Begriffe Medienkompetenz und Digitalkompetenz sich ausschließlich auf die technischen Mittel beziehen, die den Bürgern zur Verfügung stehen sollten, oder auf Fertigkeiten, die Kinder entwickeln sollten, um sich vor dem, was Erwachsene im Internet für gefährlich halten, zu schützen. Hier einige charakteristische Titel:
„Erziehung: Das sind die 5 Schlüsselkompetenzen, die Kinder in der Zukunft brauchen werden“ (31.08.2023) – hier stehen an zweiter Stelle nach der Kreativität die digitalen Kompetenzen, d.h. „die Fähigkeit, neue Formen der digitalen Technologie zu beherrschen, insbesondere Algorithmen und den Umgang mit Daten.

„Recherche: Was Eltern in Griechenland von der Schule erwarten“ (02.11.2023) – hierbei wird digitale Bildung, eng auf die digitale Technologie bezogen, von Eltern als eines der wichtigsten Lernziele angesehen.

„Akademie Digitaler Fertigkeitenˈ von DIPAE (Internationale Universität Griechenlands) und Bekämpfung der Cyberkriminalität“ (12.09.2023) – daraus ergibt sich, dass die Rolle des Ausbilders bei der digitalen Erziehung der Kinder von den Sicherheitsbehörden übernommen zu sein scheint, mit dem Ziel, ihnen beizubringen, wie sie sich vor den „Gefahren des Internets“ schützen können.

„Schutzmaßnahmen für Kinder im Internet“ (07.11.2023) – EU-Abgeordnete schlagen „die Aufnahme von Kursen zu digitalen Kompetenzen in die obligatorischen Lehrpläne der Schulen in der gesamten Europäischen Union?“ vor.

Medien- und Digitalkompetenz umfassen alle Praktiken des Erwerbs, der Interpretation, des Umgangs mit und des Lesens von Medieninhalten (Medienkompetenz) und digitalen/Onlinemedien (digitale Kompetenz). Zum Beispiel, wie Kinder und Jugendliche auf Spoiler von Serien reagieren und sich über die Machart und die Technik von Streaming-Diensten (Netflix) austauschen. Auch ihre Kenntnisse über die Optimierungsmöglichkeiten ihrer Handy-Einstellungen, um eine höhere Auflösung für ihr Lieblingsspiel zu bekommen, oder allgemeines Wissen über neue Plattformen für Kommunikation und Unterhaltung. Schließlich auch die Fähigkeit, soziale Beziehungen über die sozialen Netzwerke zu interpretieren (z. B. wie ist man online höflich oder cool? Was ist Cancel Culture (Absagekultur)? Was macht ein gelungenes Selfie aus? Wie kann man die Glaubwürdigkeit einer Information bewerten?).

Die genannten Fertigkeiten und Kenntnisse junger Menschen werden in der wissenschaftlichen Forschung größtenteils ignoriert, da sich letztere entweder auf die Frage konzentriert, wie die durch die fehlende Infrastruktur bedingte technologische Kluft geschlossen werden kann, oder die Sorge zum Gegenstand hat, Kinder könnten in den „Horrorwelten“ des Internets gefangen werden.

Die Entwicklung von Strategien

In Griechenland sind Medienkompetenz und Digitalkompetenz nicht offiziell Teil des schulischen Curriculums. Es finden meist nur einzelne, gelegentliche Aktionen statt, die von den Schulen selbst durchgeführt werden. Eine größere Reichweite haben einige subventionierte Förderprogramme unter Beteiligung von Wissenschaftlern, die in diesem Bereich forschen (z. B. Digiteens, 2018-2021, mit dem Ziel, „Schulvertreter im Lande zu Botschaftern der Informationsqualität und zu aktiven Bürgern im digitalen Zeitalter des 21. Jahrhunderts“ zu machen). Eines der wenigen systematisch durchgeführten Programme ist das Nationale Thematische Schulnetzwerk „Medienerziehung: Fernsehen, Internet, Kino“, das darauf abzielt, „die audiovisuelle Kompetenz von Schülern in allen Schulstufen zu fördern und die Medienerziehung im griechischen Bildungssystem zu etablieren".
Jugendliche ©Goethe-Institut e.V. Unsere Kenntnisse über die Digitalkompetenz in Griechenland stammen hauptsächlich aus dem Nationalen Aktionsplan für digitale Bildung (Digital Education National Action Plan, 2021-2027), der sich nach der vorgesehenen Strategie der EU richtet und den Schwerpunkt auf Maßnahmen und Reformen im Rahmen des Programms „Ein Europa für das digitale Zeitalter“ legt. Die geplanten Reformen umfassen Maßnahmen und Aktionen im primären, sekundären, postsekundären und tertiären Bildungsbereich. Zum einen jedoch fokussieren sie hauptsächlich auf die „digitale Kluft“, die auf die fehlende technologische Infrastruktur in den Schulen zurückzuführen ist, und zum anderen sind sie kaum auf Kinder und Jugendliche ausgerichtet. Sie zielen in der Regel auf Erwachsenengruppen ab, die über geringere digitale Kompetenzen verfügen und deshalb als marginalisiert gelten. So bleiben die Vernetzungskulturen junger Menschen (Kinder und Jugendlicher) weitestgehend unsichtbar, mit dem Ergebnis, dass ihre Bedürfnisse und Prioritäten in Bezug auf digitale Kompetenzen und ferner auf Demokratisierungsprozesse, Information, Lernen, Unterhaltung und Kommunikation nicht berücksichtigt werden.

Kinder und Jugendliche im Fokus

Angesichts der Tatsache, dass sich die Befürchtungen hinsichtlich der Online-Technologien ganz überwiegend auf Kinder und Jugendliche konzentrieren, erscheint es notwendig, dass die Erwachsenen in allen Bereichen (Familie, Schule, Staat und Forschung) ihr Augenmerk auf die folgenden Fragen richten:

Wie definieren junge Menschen Wissen in Bezug auf Medien und digitale Kulturen?

Was sind die wichtigsten Themen, die junge Menschen in ihren Online-Kulturen und -Communities beschäftigen und über die sie diskutieren?

Wie bestimmen sie, was unterhaltsam ist, was gefälscht oder glaubwürdig, was informativ oder was einfach nur „da draußen existiert“?

Nach welchen Kriterien entscheiden sie, bestimmte Plattformen für bestimmte Zwecke zu nutzen und nicht andere?

Welches Wissen über Medien und digitale Kulturen kursiert in den Communities junger Menschen, das von der Erwachsenenwelt nicht wahrgenommen wird?

Die genannten Fragen sind von zentraler Bedeutung für die Konsolidierung und Erweiterung der Debatte über Medien- und Digitalkompetenz, wenn es darum geht, entsprechende Curricula zu erstellen, die junge Menschen begrüßen und für sie nützlich sind.

Dr. Despina Chronaki

Dr. Despina Chronaki ©privat Dr. Despina Chronaki (PhD, Loughborough University, UK) ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kommunikation und Massenmedien (EKPA) und am Institut für Journalismus und Medien (AUTH). Ihre Forschungsschwerpunkte sind Populärkultur, Medienpublikum, Ethik und Medien im Kontext der britischen Kulturwissenschaften. Die meisten ihrer Veröffentlichungen befassen sich mit dem Medienpublikum und der Konstruktion von Populärkultur, den Erfahrungen von Kindern mit sexuellen Inhalten, Fragen der Medienkompetenz sowie Ethik und Medien. Seit 2007 ist sie als Forscherin an verschiedenen nationalen, europäischen und internationalen Forschungsnetzwerken und Projekten beteiligt (z. B. EU Kids Online, GR Kids Go Online, REVERT, ARC Discovery Projects, Gender Public Debate, Black Live Matters).

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